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Spendenaktion-Serie 4: Wenn Kinder ihre Eltern verlieren

„Trauerzeit e.V.“ in Prenzlauer Berg will eine neue Gruppe für Jugendliche gründen. Dafür bittet der Verein um Spenden.

Berlin - Sarah kann sich als Tochter nicht mehr an ihren Vater anlehnen. Er ist im Sommer 2009 gestorben, an einen Hirntumor. „Ich habe das zuerst gar nicht glauben können“, sagt die 16-Jährige, und rückt noch ein bisschen näher an die Heizung.

Kurz nach der Beerdigung sollte sie in der Schule ein Referat halten – über das Gehirn. Sarah, die zierlich ist und trotzdem durchsetzungsfähig wirkt, hat sich gewehrt, und sie muss sich immer wieder wehren. Auch gegen die Sprüche ihrer Klassenkameraden, wie: „Davon, dass du so komisch drauf bist, kommt dein Vater auch nicht wieder“. Die Lehrer raten ihr manchmal, sie solle „sich öffnen“.

Mit ihrer Geschichte ist die 16-Jährige nicht allein in der Ueckermünder Straße 1 in Prenzlauer Berg. Dort hat der Verein „Trauerzeit e.V – Zentrum für trauernde Kinder Berlin-Brandenburg“ eine Altbau-Wohnung gemietet, in der Raum ist für Gespräche über das Sterben, den Tod und das Zurückbleiben. Der Verein hofft nun auf Unterstützung durch die Spendenaktion, und auf einen baldigen Umzug. Denn für das große Angebot des Trauerzentrums ist die Drei-Zimmer- Wohnung längst zu klein geworden.

Die 13- bis 19-Jährigen, die sich dort regelmäßig in der Trauergruppe für Jugendliche treffen, sind froh, dass sie mit ihren Geschichten hier einer von vielen sind. „Jeder trauert anders“, sagt Simone Rönick, die vor einigen Jahren zuerst ihre Schwester verlor, und dann ihren Mann. Und mit vier Kindern plötzlich alleine dastand. „Damals musste ich feststellen, dass es für betroffene Angehörige wenig Unterstützung gibt“, sagt die 47-Jährige. Denn wie man mit dem Tod einer nahen Bezugsperson umgeht, das wird im Kinder- und Jugendhilfegesetz nicht geregelt – im Unterschied zu Krisensituationen wie Überforderung, Scheidungen oder Gewalt. Dabei leben in Berlin und Brandenburg mehr als 28 000 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die Vater, Mutter oder beide Eltern verloren haben. Hinzu kommen diejenigen, die den Tod von Bruder oder Schwester verarbeiten müssen.

Simone Rönick ließ sich vor sieben Jahren zur integrativen Trauerbegleiterin und Heilpraktikerin für Psychotherapie ausbilden. 2006 gründete sie den Verein Trauerzeit Berlin, 2009 das Trauerzentrum, eine Einrichtung mit einem einmaligen Angebot: Simone Rönick und ihre Mitstreiter bieten dort Gruppen für Kinder, Jugendliche, jung Verwitwete und Eltern an, Telefonsprechstunden und auch Einzelgespräche. Der Verein organisiert zudem Seminare für Lehrer, Erzieher und Therapeuten. Alles wird ausschließlich durch Spenden finanziert, und Unterstützung wird gebraucht, um weiterarbeiten zu können.

Jede Woche kommen fünf bis zehn neue Anfragen. Auch Jugendämter, Krankenhäuser und Hospizdienste schicken immer mehr Betroffene ins Trauerzentrum. „Jugendliche trauern anders als Erwachsene und nicht mehr so wie Kinder“, sagt Simone Rönick. Sie brauchen Raum und Möglichkeiten, ihre Gefühle ausleben zu können, etwa durch Tanz oder Trommeln. Simone Rönick will das Angebot für die Jugendlichen ausbauen, eine zweite Teenager-Gruppe einrichten und auch mehr Einzelgespräche anbieten. Die Sparda-Bank hat das Trauerzentrum vor dem Start mit 5000 Euro unterstützt. Im vergangenen Sommer hat sie noch einmal 10 000 Euro gespendet. „Sonst hätten wir die Teens-Gruppe schon längst schließen müssen.“

Spenden an: Spendenaktion Der Tagesspiegel e. V., Verwendungszweck: „Menschen helfen!“, Berliner Sparkasse (BLZ 100 500 00), Konto 250 030 942. Namen und Anschrift für den Beleg notieren.

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