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Spenden aus Brandenburg. Hier freut sich Pjotr Nakonetschniy, Leiter der Sozial- und Familienabteilung der Vereinigung der Kirchen der Evangeliumschristen-Baptisten im Gebiet Odessa, über die Hilfsgüter von Unterstützer:innen aus Deutschland.

© privat

Spendenaktion für das Land in der Krise: Brandenburg hilft der Ukraine

Die Lage ist eskaliert. Die Ukraine-Hilfe in Lobetal bei Bernau sucht Sauerstoff- und Beatmungsgeräte für Kliniken – und bittet um Spenden.

Auf der Ladefläche des Lkw liegen gebrauchte Schulmöbel und Krankenhausbetten. Rollstühle und Kleidung sind säuberlich verpackt in alten Bananenkartons. Wieder einmal steht ein schwerer 40-Tonner vor der Baracke der „Ukraine-Hilfe“ in Lobetal bei Bernau. Wieder einmal laden Ehrenamtliche gespendete Hilfsgüter in den Truck. „Sechs Lastkraftwagen mit Spenden haben wir seit Mitte Januar auf die Reise in die Ukraine geschickt“, erzählt Elisabeth Kunze. Die Leiterin der Ukraine-Hilfe aus Lobetal bei Bernau engagiert sich bereits seit fast 30 Jahren für die Ukraine – und erst recht jetzt, wo die Lage völlig eskaliert ist.

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Schon nach der politischen Wende in der DDR baute die Lobetaler Anstaltskirchengemeinde Kontakt zu einigen in der Gegend stationierten sowjetischen Soldaten auf. Und als in den 1990er Jahren die letzten sowjetischen Soldaten aus Brandenburg abzogen, erfuhr man schnell von den damals unhaltbaren Zuständen in den Heimen und Krankenhäusern des Landes. Die Hilfe für die Ukraine begann. Heute ist die „Ukraine-Hilfe“ ein selbständiger Verein und als „cura hominum e.V.“ Mitglied des Diakonischen Werks Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Und nun: Krieg.

"Wir wollen die Menschen nicht im Stich lassen"

Ihr Engagement will Elisabeth Kunze gerade in diesen Tagen fortsetzen. „Wir wollen die Menschen in der Ukraine nicht im Stich lassen“, sagt Kunze. Auch die örtlichen Partner der Ukraine-Hilfe Lobetal sind wie sie bedrückt. „Kaum eine Region in der Ukraine ist weit von der russischen Grenze entfernt“, sagt Kunze. Das jetzt das ganze Land betroffen ist, Hunderttausende fliehen, das stellt den Verein aktuell vor völlig unerwartete Herausforderungen. Im Gespräch vor dem Einmarsch zitierte Kunze eine E-Mail von Andrei Stoyev, einem Jugendmitarbeiter einer Kirchengemeinde in der Region Donezk. Schon seit vielen Jahren arbeitet er mit der „Ukraine-Hilfe Lobetal“ zusammen.

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„Überall kann man hören und lesen, dass die Oligarchen und alle reichen Leute die Ukraine verlassen haben, irgendwohin ins Ausland gefahren sind“, schreibt Stoyev in seiner E-Mail. „Aber viele Menschen haben einfach keine Möglichkeit dazu, kein Geld, kein Fahrzeug und keinen, der auf sie warten würde.“ So mache sich „eine große Hoffnungslosigkeit“ breit. „Unsere Partner fühlen sich von allen Seiten bedroht“, sagt Kunze. „Es ist wichtig, dass gerade wir Deutschen die Ukraine in dieser Situation nicht im Stich lassen.“ Denn generell fehlten der Ukraine die westlichen Partner. „Viele Menschen sind enttäuscht darüber, dass ihr Land kein Teil der EU geworden ist, und die Ukraine nicht die Unterstützung erhalten hat, die sich das Land gewünscht hat“, gibt sie Überzeugungen wieder. Infos zum Spenden erhalten Interessierte hier: www.ukrainehilfe.de.

Patient:innen leben in großen Sälen mit Gittern an den Fenstern

Im Land hatte sich in den vergangenen Jahren auch einiges zum Positiven entwickelt. „In der Ukraine treffen wir immer wieder beeindruckende Menschen, die anderen Menschen helfen wollen“, sagt Kunze. „Wir kennen junge Menschen, die zwei Mal pro Woche den Allerärmsten mit Lebensmitteln helfen.“ Eine Kirchengemeinde habe, auch mit der Hilfe aus Deutschland, ein Programm zur Hilfe für Suchtkranke aufbauen können. Mit Menschen, die dadurch ein neues Leben beginnen konnten, kümmern sie sich gezielt um die Integration von Rollstuhlfahrer:innen und Therapien für körperbehinderte Menschen, die sich die Betreffenden in der Ukraine oft nicht leisten könnten. Und nun läuft alles nicht mehr wie vor dem Einmarsch, das Trauma ist groß.

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Dabei war alles auf einem guten Weg. Die Krankenhäuser, die vor einigen Jahren aus Deutschland gespendete Betten und Nachttische erhalten haben, und andere Hilfen aus Berlin und Brandenburg, haben dies oft zum Anlass genommen, auch selbst die Krankenzimmer zu renovieren. „Aber wir erleben bei jedem Besuch auch noch andere Zustände“, sagt Kunze. So gebe es noch immer psychiatrische Einrichtungen, in denen Menschen in großen Sälen mit Gitterfenstern dahinvegetierten. Und Korruption sei weiter ein Problem.

Krankenhausbetten genau registriert

Selbst leidet die Ukraine-Hilfe oft unter einer überbordenden Bürokratie. Polen vergibt nur eine eng begrenzte Zahl an Durchfahrerlaubnissen für ukrainische Transporte, im Moment ist ohnehin alles vom Krieg und den Flüchtlingen geprägt. Und die Ukraine hat schon vor einigen Jahren ihre Zollvorschriften verschärft. Nun musste schon vor der Verzollung ganz genau angegeben werden, welcher Empfänger was aus dem Ausland erhaltet. Sogar die Wohnadresse der Bedürftigen wollten die Behörden wissen. Bei Krankenhausbetten geht das leicht, bei Kleidungsstücken ist das schwierig – denn die Hosen oder Mäntel müssen ja auch passen. Und die Feinverteilung der humanitären Hilfe ist Aufgabe örtlicher Partner in der Ukraine: Von Kirchengemeinden und Wohltätigkeitsfonds, deren Mitglieder ehrenamtlich aktiv sind. Die ausufernde Bürokratie ihres Landes überfordere sie oft. "“Manchmal ist es frustrierend“, sagt Elisabeth Kunze. „Denn wir sehen, dass unsere Hilfe gebraucht wird und die Menschen dafür dankbar sind.“ Zumal der kleine Verein aus Brandenburg auch immer wieder ganz konkrete Wünsche aus der Ukraine erhält. Überdies ist Bernau auch anders für Kinder aktiv gewesen.

„In der Corona-Pandemie haben wir etwa Masken, Desinfektionsmittel und persönliche Schutzausrüstung an Krankenhäuser in der Ukraine verteilen können. Jetzt sind wir auf der Suche nach Sauerstoff- und Beatmungsgeräten für Krankenhäuser in der Ukraine – und gleichzeitig suchen wir natürlich immer Spender, die uns bei der Finanzierung der Transporte mit Geldspenden unterstützen. Vieles muss jetzt neu geplant, neu organisiert werden. Und hier das Kontakt-Telefon: 0157 744 21 779

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