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Misshandlung von Kindern (Symbolfoto)

© Imago/McPHOTO

SPD-Politiker lenkt ein bei neuem Sexualstrafrechts-Gesetz: „Wir beraten Lösungswege, wie das Strafbefehl-Verfahren möglichst bleiben kann“

Der Entwurf des Sexualstrafrechts-Gesetzes sollte teilweise überarbeitet werden, sagt SPD-Rechtsexperte Fechner. Den Wegfall des Strafbefehl sieht er kritisch.

Im Rechtsausschuss des Bundestags wird das neue Sexualstrafrechts-Gesetz debattiert, das nach den Missbrauchskomplexen Bergisch Gladbach und Münster entworfen wurde. Viele Experten sehen diesen Entwurf allerdings kritisch. Johannes Fechner (48) ist Sprecher der SPD-Fraktion im Rechtsausschuss.

Herr Fechner, im Rechtsausschuss haben viele Experten ihre Einwände zum geplanten neuen Strafrechts-Gesetz vorgebracht. Welche Kritikpunkte haben Sie beeindruckt? Welche Punkte betrachten Sie als so bedeutend, dass sie in die Reform eingearbeitet gehören?
Mit welcher Einigkeit sowohl die Praktiker vom Richterbund, Staatsanwälte und Rechtswissen 1. Mit welcher Einigkeit sowohl die Praktiker vom Richterbund, Staatsanwälte und Rechtswissenschaftler gefordert haben, dass es eine differenziertere Ahnungsmöglichkeit der Delikte geben muss, war auffällig. Darauf müssen wir Antworten geben und wir beraten hierüber.

Experten kritisieren vor allem den geplanten Wegfall des Strafbefehls bei minderschweren Fällen. Die sollen jetzt zu Verbrechen hochgestuft werden. Damit kämen diese Fälle automatisch vor Gericht. Doch viele Täter würden nur deshalb gestehen, weil ihnen durch einen Strafbefehl eine Verhandlung erspart bliebe, sagen Experten. Bei einem Prozess allerdings würden die Angeklagten schweigen und müssten im Zweifelsfall freigesprochen werden.
Der Wegfall des Strafbefehlsverfahrens ist schwierig, weil im Strafbefehlsverfahren harte Strafen ausgesprochen werden können, aber dem Opfer eine belastende Verhandlung erspart wird. Auch spart die Justiz durch Strafbefehlsverfahren Ressourcen. Wir beraten deshalb Lösungswege, dass Strafbefehlsverfahren möglich bleiben.

Vor allem für Kinder entstehe nach Expertenmeinung eine enorme psychische Belastung, wenn sie in einem Prozess aussagen müssten. Wären Sie im Zweifel bereit, dies mit der ursprüngliche geplanten Reform in Kauf zu nehmen?
Wir wollen gerade nicht, dass Kinder, die schon massiv durch die schlimmen Taten traumatisiert sind, nochmals leiden müssen durch Gerichtsverhandlungen.

Johannes Fechner
Johannes Fechner

© promo

Mehr Prozesse bedeuten mehr Richter, Staatsanwälte und Gerichtssäle. Wie soll nach Ihren Vorstellungen, sofern die Reform wie geplant verabschiedet wird, dieser Personalaufbau finanziert werden, da jetzt schon die Gerichte und Staatsanwaltschaften völlig überlastet sind?
Mit unserem Pakt für den Rechtsstaat haben wir bereits 2000 zusätzlicher Richter- und Staatsanwaltsstellen finanziert vom Bund geschaffen. Dafür haben wir 220 Mio. Euro zur Verfügung gestellt, weil in einem starken Rechtsstaat Recht auch durchgesetzt werden muss und dafür braucht es ausreichend Personal bei Polizei und Justiz. Die Länder sind gefragt, gerade im Bereich des sexuellen Missbrauchs von Kindern genügend Personal zur Verfügung zu stellen. Der Schutz unserer Kinder vor diesen schrecklichen Verbrechen darf nicht am Geld scheitern.

Eine Staatsanwältin aus einer Sexualdelikts-Abteilung erklärte, sie müsse schon jetzt aus Zeitmangel zehn Prozent aller Fälle unbearbeitet einstellen. Durch die Reform würde vor allem der Aufwand für komplizierte Verfahren so enorm steigen, dass diese erstmal nicht vorrangig bearbeitet würden. Die Reform würde also gerade Täter bei schweren Straftaten bevorzugen. Was sagen Sie zu diesen Einwänden?
Dass sich Staatsanwälte einfache Fälle herauspicken und schwere Fälle liegen lassen, geht natürlich gar nicht. Ich finde es sowieso schwierig, im Bereich dieser Delikte von "leichten Fällen" zu sprechen. Wir beraten aber, wie wir mehr Strafbefehlsverfahren ermöglichen zur personellen Entlastung der Justiz.

Hat der Rechtsausschuss schon eine Einigkeit erzielt, welche Punkte der Kritiker übernommen werden?
Wir sind auf der Zielgeraden mit unseren koalitionsinternen Beratungen und ich rechne damit, dass wir das Gesetz im Deutschen Bundestag noch im Februar, spätestens März diesen Jahres verabschieden werden.

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