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Tristesse und bunter Alltag. Autos parken vor der Mauer in der Zimmerstraße in Kreuzberg – eine der fiktiven Darstellungen von Fotograf Alexander Kupsch, die derzeit am Potsdamer Platz ausgestellt sind.

© Alexander Kupsch

Spaziergänger im Berliner Todesstreifen: Ausstellung überträgt historische Mauerfotos in die Gegenwart

Am Potsdamer Platz sind derzeit alte Fotos eines Mauer-Fotografen kombiniert mit aktuellen Drohnenaufnahmen zu sehen. Eine Animation macht Geschichte lebendig.

Ein Mauerblick aus der Vogelperspektive, fast wenigstens: Auf einen Lastwagen war ein Holzgerüst montiert, von dem aus eine Kamera von der Ostseite her alle 100 Meter auf den Berlin zerteilenden Betonwall gerichtet wurde. Fotograf Hagen Koch kannte den Wall gut – schließlich bediente er die Kamera. Als gelernter Technischer Zeichner hatte er nach seinem Eintritt ins Wachregiment „Feliks Dzierzynski“ des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) den genauen Verlauf der neuen Mauer kartografiert, fast 30 Jahre später wurde er unter der Modrow-Regierung zum Beauftragten für den Mauerabriss ernannt.

Die Fotoreihe der Mauer vom Holzgerüst aus sei dann 1987/88 entstanden, sagt der Berliner Fotograf und Designer Alexander Kupsch, der zum 60. Jahrestag des Mauerbaus für die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) eine Freilichtausstellung auf dem Potsdamer Platz erstellt hat und dabei auf das von Kochs Sohn gehütete Archiv des verstorbenen Mauerfotografen zurückgreifen konnte.

Kupsch hatte schon vor zwei Jahren, zum 30. Mauerfall-Jubiläum, in der Humboldt-Universität eine Ausstellung mit irritierenden Fotomotiven geschaffen: „Die Mauer. Sie steht wieder!“, war ihr treffender Titel.

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In 30 Fotomontagen hatte er historische und aktuelle Aufnahmen ineinander verschränkt, schwarzweißer Mauertristesse mit dem bunten Alltag der Gegenwart zusammengezwungen – ein von ihm zuvor schon in dem Postkartenprojekt „Gruß aus Berlin“ und 2015 in der Ausstellung „Ausgebombt! Eine Zeitreise zur Stunde Null“ erprobtes Verfahren.

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Zwei Dutzend dieser Fotomontagen sind nun vom 13. August bis 7. Oktober erneut auf dem Potsdamer Platz zu sehen, auf entfernt an die Mauer erinnernden Stellwänden. Ergänzt werden sie durch 16 Motive, in der Kupsch Kochs historische Mauerfotos mit aktuellen Drohnenaufnahmen des Fotografen Thomas Rosenthal kombiniert hat – etwa ein Bild, das einen Blick über die Mauer auf den Reichstag zeigt, während West-Autos gegen die Betongrenze zu stoßen drohen, nebst einem Vorfahrtsschild und Spaziergängern im Todesstreifen.

Parallel zum Fotoprojekt entstand ein per QR-Code aufs Handy ladbarer Film als Virtual-Reality-Animation, der die Mauergeschichte der Kreuzung Elsen-/Heidelberger Straße an der Grenze zwischen Neukölln und Treptow erzählt. Ein spannender Ort, inklusive zweier Tunnelfluchten und eines Mauerdurchbruchs mittels eines Schützenpanzers, weitab von Checkpoint Charlie und Bernauer Straße, aber nicht minder typisch für die ehemals geteilte Stadt.

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