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Ufer des Anstoßes: Die Wasserstadt in Spandau.

© Kitty Kleist-Heinrich

Spandauer Baustadtrat Frank Bewig: „Es lief reibungslos – dann kam ohne Vorwarnung eine Frist“

Spandaus Baustadtrat erzählt im Interview, wie der Senat den Bezirken angeblich illegale Strategien aufzwingen wollte und die Planung entzog.

Herr Bewig, sind Sie der Rebell aus der Spandauer CDU, der Berlins Senatorin für Stadtentwicklung durch die Missachtung von Leitlinien bei den Bauplänen zur Wasserstadt einen reinwürgen will, weil Frau Lompscher von der Linken ist?

Nein, es ist eine Entscheidung des Bezirksamtes und des Bezirksparlaments, und es ist kein politischer Beschluss. Die Leitlinie des Senats ist kein Gesetz und auch keine Anordnung. Wir müssen uns im Bezirk an das Baurecht halten. Wenn wir das missachten, machen wir uns angreifbar.

Sie werfen dem Senat also vor, politische Entscheidungen gegen geltendes Recht erzwingen zu wollen?

Ja, und die Verantwortung dafür sollen wir übernehmen. Deshalb haben sich die Mitarbeiter des Bauamtes geweigert, den geforderten städtebaulichen Vertrag zu verantworten. Auch unser Rechtsamt warnt davor, mit einem solchen Vertrag das Bundesgesetz zu beugen. Darüber hätte sich der Bezirk nur hinwegsetzen können, wenn ich als Baustadtrat den Vertrag durchgesetzt und die Warnungen insbesondere des Rechtsamtes in den Wind geschlagen hätte. Das mache ich nicht.

Aber mal ehrlich, was soll schon passieren? Es ist doch eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft, die sowieso genug Sozialwohnungen in Spandau baut, weil der Senat in ihrem Aufsichtsrat das überwacht?

Politische Leitlinien können sich ändern und dann stehe ich als Verantwortlicher für eine Rechtsbeugung da – das mache ich nicht. Umgekehrt wird ein Schuh draus, es gab überhaupt keinen Grund, dem Bezirk ein solches Ultimatum zu stellen, weil die landeseigenen Bauherren sich doch sowieso an die Vorgaben des Senats halten. Ich glaube, der Senat will ein Exempel statuieren.

Weil sich auch alle anderen Bezirke dann an die Leitlinien halten, ganz egal, was das Bundesrecht sagt?

Ja, und die Leitlinien sind ja nur dann wichtig, wenn es um Entwicklungsgebiete geht, wo private Bauherren maximale Rendite aus den Wohnhäusern ziehen wollen und deshalb wenig bezahlbare Mietwohnungen schaffen. Genau das ist aber in Spandau überhaupt nicht der Fall durch unser ausschließlich landeseigenes Vorhaben.

Aber ist die Bauordnung des Bundes angesichts von Wohnungsnot und massivem Mangel an bezahlbaren Wohnungen nicht überholt?

Nein, denn es behindert doch gar nicht den Bau bezahlbarer Wohnungen. Vorgeschrieben ist aber, dass sich die Art der Bebauung und die soziale Mischung in einem neuen Gebiet ableitet aus der sozialen Mischung im Umfeld. Das ist richtig, denn in der Außenstadt wie hier in Spandau brauchen wir eine andere Bebauung als in der Innenstadt wie in Mitte. Was nützt es, die Brennpunkte von morgen zu bauen, nur damit die Wohnungsbauzahlen stimmen, die man politisch ausschlachten kann? Das ist unverantwortlich gegenüber den Bürgern.

Haben Sie das dem Senat denn nicht erklärt?

Doch, und deshalb lief die Planung ja in Abstimmung mit der Hauptverwaltung ein Jahr lang ganz reibungslos. Die Weisung zur Unterzeichnung eines städtebaulichen Vertrags kam ohne Vorwarnung vor vierzehn Tagen und setzte uns eine Frist von sieben Tagen. Wir können uns das nur damit erklären, dass der Senat in den Bezirken diese illegale Strategie erzwingen will.

Frank Bewig, 43, CDU, ist seit Anfang vergangenen Jahres Bezirksstadtrat für Bauen in Spandau. Zuvor hatte er im Bezirk das Ressort Gesundheit und Soziales verantwortet.

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