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Viele Eltern fühlen sich mit der Betreuung ihrer Kinder überfordert, weil sie unter anderem gleichzeitig noch aus dem Homeoffice arbeiten.

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Sozialsenatorin Scheeres nennt Details zur Kinderbetreuung: Mehr Familien sollen Anspruch auf Notbetreuung haben

Ab dem 27. April sollen künftig auch Familien, in denen nur ein Elternteil einen systemrelevanten Beruf ausübt, Anspruch auf eine Notbetreuung haben. Auch für Alleinerziehende gibt es eine Neuerung.

Nach wochenlanger Kita-Schließung wächst der Druck auf den Berliner Senat. Mehrere Eltern-Initiativen fordern stärkere Unterstützung bei der Kinderbetreuung. Die Berliner FDP verlangte vom Senat, innerhalb der nächsten zwei Wochen einen Fahrplan zu erarbeiten. Eine Sprecherin von Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) betonte, die Kinderbetreuung so schnell wie möglich wieder stufenweise auf ein Normalmaß hochzufahren.

Viele Eltern fühlen sich mit der Betreuung ihrer Kinder überfordert, weil sie unter anderem gleichzeitig noch aus dem Homeoffice arbeiten. Vor diesem Hintergrund hatte der Senat am Dienstag beschlossen, ab dem 27. April die Notbetreuung für Angehörige bestimmter Berufsgruppen auszuweiten. Details gab Scheeres (SPD) am Mittwoch bekannt.

So gilt der Anspruch künftig für alle Familien, in denen mindestens ein Elternteil einen in der Corona-Krise als systemrelevant eingestuften Beruf ausübt. Bisher mussten dafür zum Teil beide Elternteile in einer solchen Berufsgruppe arbeiten. Die entsprechende Liste wurde zudem erweitert, so um Logopäden, Zahntechniker oder Frachtpersonal auf Flughäfen. Sie umfasst nunmehr um die 100 Berufe in 14 Berufsgruppen, die nach mehreren Erweiterungen inzwischen weit über die ursprünglich definierten Kerntätigkeiten etwa bei Polizei, Feuerwehr oder im Gesundheitswesen hinausgehen.

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Eine wichtige Neuerung ist, dass auch Alleinerziehende, von denen sich besonders viele überfordert fühlen, ihre Kinder tagsüber wieder abgeben können. Als alleinerziehend gelten Mütter oder Väter, die ledig, verwitwet, dauernd getrennt oder geschieden sind und nicht mit einem anderen Erwachsenen, jedoch mit ihrem Kind zusammenleben. Generell gilt weiterhin: Wer das Notangebot in Anspruch nehmen will, muss glaubhaft machen, dass er keine andere Möglichkeit der Kinderbetreuung hat.

Die entsprechende Liste sei unter anderem um Logopäden, Zahntechniker oder Frachtpersonal auf Flughäfen erweitert worden.
Die entsprechende Liste sei unter anderem um Logopäden, Zahntechniker oder Frachtpersonal auf Flughäfen erweitert worden.

© picture alliance/dpa

Von den rund 170 000 Kitakindern in Berlin hatten laut Familiensenatsverwaltung bisher etwa 20 000 Kinder einen Anspruch auf Betreuung, also etwa zwölf Prozent. Tatsächlich sind etwa 8000 bis 9000 Kinder in der Notbetreuung, jedoch nicht alle jeden Tag.

FDP will mit maximal fünf Kindern pro Gruppe beginnen

Nach dem Willen der FDP soll der Senat innerhalb der nächsten zwei Wochen einen Fahrplan erarbeiten. „Eine Lösung wäre es, zunächst mit kleinen redundanten Gruppen in den Kitas zu beginnen - maximal fünf Kinder pro Gruppe. Diese sollen zusätzlich zu der bisherigen Notbetreuung stattfinden und nicht mit den Kindern aus der Notbetreuung gemischt werden“, sagte der bildungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Paul Fresdorf, am Mittwoch. Das böte den Kindern die Möglichkeit, soziale Kontakte zu pflegen.

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Scheeres gab den Trägern in zwei Schreiben Empfehlungen zum Gesundheitsschutz beim Kita-Betrieb in Corona-Zeiten. So soll die Betreuung in möglichst kleinen Gruppen stattfinden, was je nach räumlicher Situation unterschiedlichste organisatorische Maßnahmen erfordere. Denkbar seien Vormittags- und Nachmittagsgruppen oder eine Betreuung an versetzten Wochentagen.

„Viele Eltern sind nach vier Wochen Corona-Maßnahmen und der Doppelbelastung von Beruf und Kinderbetreuung am Rande ihrer Kräfte. Mit dem ersten Öffnungsschritt gehen wir so weit, wie es angesichts der Corona-Entwicklung derzeit möglich ist“, sagte Scheeres.

Für die Gründerin der Initiative „Kita-Krise Berlin“, Katharina Mahrt, ist die politische Unterstützung für die Eltern bislang nicht ausreichend. Aus diesem Grund startete Mahrt eine Petition und wandte sich an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). „Ich fordere, dass Eltern mit kleinen Kindern eine Notfallzahlung von 1000 Euro erhalten“, sagte sie. So könnten die schlimmsten Verdienstausfälle ausgeglichen und eventuell professionelle Einzelbetreuung organisiert werden. Am Mittwochnachmittag hatten rund 36 000 Menschen die Petition unterschrieben.

Aus Sicht der Vorsitzenden des Landeselternausschusses Kita, Corinna Balkow, ist eine solche Zahlung zwar hilfreich, jedoch auch nicht für alle Eltern die Lösung. „In der Priorisierung der Berliner Eltern liegen praktische Hilfen und Betreuungsoptionen vor finanziellen Hilfen“, sagte sie. Insgesamt gebe es sehr unterschiedliche Bedürfnisse der Familien, die allesamt berücksichtigt werden müssten. Manche Eltern könnten oder wollten die Kinder aktuell nicht in die Kita geben und benötigten daher finanzielle Unterstützung oder arbeitsrechtliche Hilfe - etwa ein Recht auf Homeoffice oder einen Kündigungsschutz. (dpa)  

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