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Am 13. Juni 1990 wurde an der Bernauer Straße mit dem systematischen Abriss der Berliner Mauer begonnen.

© picture alliance / dpa

Sonderausstellung unter freiem Himmel: Vor 30 Jahren begann der Abriss der Berliner Mauer

Am 13. Juni 1990 begann der Abbau des Grenzbetons. An der Bernauer Straße eröffnet dazu eine Sonderausstellung unter freiem Himmel. Ein Rückblick.

Typisch Berlin. Klar, auch einige ploppende Sektkorken sind zu hören, aber reicht das an diesem Tag und an solch einem Ort fürs Wohlbefinden der durstigen Massen?

„Warum gibt es hier denn keinen Bierstand?“ – ein naheliegender Zwischenruf aus der Menge.

Typisch West-, typisch Ost-Berlin, noch immer, bevor sich in den folgenden Jahren und Jahrzehnten alles vermischt: Hüben rot-weiße Absperrgitter, um das vielhundertköpfige Publikum des historischen Schauspiels zurückzuhalten, drüben querliegende Riegel aus Beton, wie gehabt. Aber der soll jetzt endgültig weg ab diesem 13. Juni 1990, nicht länger die Stadt in zwei Hälften teilen. Denn der Tag, ein Mittwoch übrigens, ist auserwählt, dass an ihm endlich der systematische Abriss der Mauer beginne.

Nicht irgendwo, an beliebiger Stelle, sondern an einem symbolträchtigen Ort. Schon in den Monaten zuvor war der „antifaschistische Schutzwall“ hier und dort für Übergänge wie zu Weihnachten 1989 am Brandenburger Tor durchlöchert oder streckenweise ganz niedergelegt worden. Aber an der Bernauer Straße hatte die Mauer ihr erstes Todesopfer gefordert, als die 58-jährige Ida Siekmann am 22. August 1961 sich beim Sprung aus ihrer Wohnung tödlich verletzte.

Hier gab es weitere spektakuläre Fluchten und Fluchtversuche, und das Bild des über den Stacheldraht springenden Volkspolizisten Conrad Schumann ging um die Welt. Hier also sollte das Ende der Mauer offiziell werden, aber nicht als Volksfest, mehr als politische Inszenierung samt Information über die Pläne zur Wiederverbindung der beiden Stadthälften.

Bausenator: "Schönste Aufgabe im Leben"

West-Berlins Bausenator Wolfgang Nagel und sein Kollege vom Ost- Berliner Magistrat, Stadtrat Eckehard Kraft, waren erschienen, sahen kurz nach zehn Uhr dem mit Spannung erwarteten, von Jubel begleiteten Fall des ersten Mauersegments auf einem Bagger stehend zu, erklärten danach: „Wohl in keiner anderen Stadt Deutschlands sind in Friedenszeiten so viele Menschen gewaltsam zu Tode gekommen.“

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Nagel pries den Mauertermin an der Ecke Ackerstraße als „die schönste Aufgabe in diesem Leben“, während die fürs Abräumen aus beiden Stadthälften angerückten Arbeiter und die abkommandierten Grenzsoldaten vor Presserummel und Publikumsneugier kaum zum Aufräumen kamen.

Das hat sich dann bald gegeben, der Mauerabriss schritt gut voran, an der Bernauer Straße und an den anderen, weniger im Fokus der Öffentlichkeit stehenden Mauerabschnitten sowieso: Am 9. November 1990, genau ein Jahr nach der Grenzöffnung, standen von der innerstädtischen Grenzbefestigung nur noch wenige Kilometer, während Mauern und Zäune der Grenze zwischen West-Berlin und der DDR zu 30 Prozent verschwunden waren.

An der Bernauer Straße, wo die Gedenkstätte Berliner Mauer heute an das Grenzregime und deren Opfer erinnert, eröffnet an diesem Sonnabend eine Sonderausstellung unter freiem Himmel, die über den Jahrestag des Mauerabbaus hinausweist.

Unter dem Titel „Europas Grenz-Werte: Vom Mauerfall bis Corona“ solle mit großformatigen Fotos und Texten der Blick auf Europas Grenzen vom Mauerfall bis in die Gegenwart gelenkt werden, teilte die Mauer-Stiftung mit. Zur Eröffnung um 11 Uhr wird auch Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke) erwartet.

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