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Abgebrannte Feuerwerkskörper liegen im Berliner Ortsteil Alt-Hohenschönhausen auf der Straße. 

© dpa

Update

So lief Silvester in Berlin: Die Bilanz von Polizei und Feuerwehr zum Jahreswechsel

Trotz Verkaufsverbots für Pyrotechnik wurde in Berlin geknallt. Die Feuerwehr leistete fast so viele Rettungseinsätze wie vor Corona. 

Wo waren nur die Raketen her, die um Mitternacht in den nieseligen Himmel stiegen, woher die ganzen Kracher? Das fragten sich viele, die in Berlin auf Plätzen oder auf Dächern standen. Zum zweiten Mal in Folge hatte es ein Verkaufsverbot für Böller gegeben. Und natürlich gab es viel weniger Feuerwerk als in früheren Jahren, aber bunt und laut war Berlin dennoch

Die Polizei sprach um 3 Uhr von einem "vergleichsweise ruhigen, aber dennoch fordernden Einsatz." Stadtweit wurden 263 Männer und 15 Frauen festgenommen. Unter den 339 Strafanzeigen dominieren Verstöße gegen das Waffengesetz, alleine 92 Schreckschusswaffen wurden sichergestellt. 15 Polizisten wurden verletzt, nur zwei so schwer, dass sie vom Dienst abtraten.

In der Umgebung des Brandenburger Tores sammelten sich am späten Abend mehrere tausend Menschen, obwohl es kein organisiertes Höhenfeuerwerk wie früher gab. Die Polizei hatte vor Mitternacht auf Twitter darauf hingewiesen, dass die Bühne der Fernsehshow "Willkommen 2022" des ZDF von außen nicht einsehbar sei. 

Polizisten sprachen die Personen an und forderten sie zum Verlassen des Gebiets auf, letztlich mussten die eingesetzten Hundertschaften Zwang anwenden. In City Ost und West sammelten sich zudem mehrere hundert Jugendliche, die laut Polizei "eine nicht existente Party besuchen" wollten. Mehrere Menschen wurden erwischt, als sie mit Schreckschusspistolen feuerten. Dieses Problem hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen, auch der Innenausschuss des Abgeordnetenhauses hat sich damit befasst.

In der Neuköllner Sonnenallee brannte ein Müllcontainer auf der Straße, Anwohner griffen die Feuerwehr mit Böllern an. Unweit davon, an der Peter-Anders-Straße, wurde ein Funkwagen massiv mit Pyrotechnik beschossen. Die Frontscheibe und eine Seitenscheibe wurden stark beschädigt. Die Täter flüchteten. An der Lichtenberger Vulkanstraße konnte die Polizei drei Männer festnehmen, die Kracher aus ihrer Wohnung auf Feuerwehrleute geworfen haben. Die Feuerwehr zählte stadtweit zehn Angriffe, davon acht mit Pyrotechnik. Das sind doppelt so viel wie im Vorjahr aber deutlich weniger als früher.. 

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In 56 Bereichen Berlins galt ein Böller- und ein Ansammlungsverbot. Ziel war es, Krankenhäuser und Rettungsdienste, die durch die Corona-Krise bereits am Limit arbeiten, zu entlasten. Innensenatorin Iris Spranger lobte die „positive Wirkung“ der Pyroverbotszonen. Auch an drei polizeilichen Hotspots Alexanderplatz, im Schöneberger Steinmetzkiez und an der JVA Moabit sei es ruhig geblieben. Dort hatte es in der Vergangenheit immer wieder regelrechte Gewaltorgien gegeben. Im Steinmetzkiez und an der Pallasstraße hatten überwiegend arabischstämmigen Jugendliche mehrfach Polizisten mit Pyrotechnik beschossen. In diesem Jahr habe es nur einzelne Verstöße gegeben. . 

BSR in normaler Besetzung unterwegs

Wegen des Verkaufsverbots verzichtete die Stadtreinigung wie im Vorjahr auf den früher üblichen Sondereinsatz am Neujahrsmorgen. Die BSR war in normaler Samstagsbesetzung unterwegs. Tatsächlich lag nur ein Bruchteil des sonst üblichen Mülls in den Straßen. 

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hatte das bundesweite Verkaufsverbot von Silvesterfeuerwerk bestätigt, das Abbrennen war allerdings nicht verboten. In Polen darf Feuerwerk frei verkauft werden, viele Berliner und Brandenburger nutzten die Gelegenheit und shoppten hinter der Grenze. 

Woher die in Berlin gezündeten Kracher und Raketen stammen, können Feuerwehr und Polizei aber nicht sicher sagen. Feuerwehrsprecher Thomas Kirstein verwies allerdings auf einen Bericht der Abendschau des RBB, der kurz vor dem Jahreswechsel lange Schlangen vor den polnischen Läden zeigte. Nach Angaben des Zolls in Frankfurt (Oder) hat sich die Menge der sichergestellten illegalen (weil stärkeren) Böller in diesem Jahr auf zwei Tonnen verdoppelt. Die Einfuhr zugelassener Kracher ist dagegen legal.

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Das schwerste Unglück in dieser Nacht wurde laut Polizei durch illegale Pyrotechnik ausgelöst. Kurz nach Mitternacht wurde die Feuerwehr in den Köpenicker Ortsteil Friedrichshagen gerufen. Auf einer privaten Silvesterparty wurden elf Menschen bei einer Explosion teilweise schwer verletzt, darunter ein elfjähriges Kind und mehrere Jugendliche. 

Das Unfallkrankenhaus Berlin in Marzahn sprach von einer "selbstgebastelten Kugelbombe", die erst nicht zündete, dann aber plötzlich doch.  „Es wurden Teile der Hand weggesprengt“, schilderte eine Sprecherin des Krankenhauses. Durch die Detonation einer solchen Kugelbombe starb in Österreich ein Mann, in Hennef (NRW) kam ebenfalls ein Mann durch Pyrotechnik ums Leben. 

[Die Ereignisse zum Nachlesen: Unseren Liveblog aus der der Silvesternacht und vom Neujahrstag finden Sie hier.]

Das auf Böllerverletzungen spezialisierte Unfallkrankenhaus twitterte bereits gegen 2 Uhr in der Nacht, dass fünf Menschen mit schweren Verletzungen versorgt werden. "Jetzt geht es doch los. Es trudeln immer mehr Menschen durch Sprengkörper ein." Um 7 Uhr meldete die Klinik 15 Verletzte, von denen fünf sofort operiert werden mussten.

Die Polizei war in der Silvesternacht mit gut 2500 Kräften im Einsatz. 
Die Polizei war in der Silvesternacht mit gut 2500 Kräften im Einsatz. 

© Reuters

Die Feuerwehr musste 755 Mal zu Rettungseinsätzen ausrücken, das ist deutlich mehr als im vergangenen Jahr (556) und fast soviel wie vor zwei Jahren. 2019/20 waren es 806 Einsätze - damals noch ohne Corona-Beschränkungen. Insgesamt wurden in diesem Jahr 1026 Einsätze geleistet, etwa 50 Prozent weniger als vor zwei Jahren. Denn die Zahl der Brände ist stark zurückgegangen, und zwar von 617 vor zwei Jahren auf gut 200 in den beiden Corona-Jahren. Ein Erfolg des Verkaufsverbots, sagte Feuerwehrsprecher Kirstein. Laut Innensenatorin Iris Spranger haben sich auch hier die Pyroverbotszonen „positiv ausgewirkt“.

Die Polizei war mit 2500 Beamten im Einsatz, in normalen Nächten sind es 900. Die Feuerwehr hatte 800 Beamte der Berufsfeuerwehr im Einsatz, die von 500 Kräften der Freiwilligen Wehren unterstützt wurden.

Corona-Demos am Nachmittag und Abend

Polizeipräsidentin Barbara Slowik hatte am Silvestertag im RBB von einem "herausfordernden Einsatz" gesprochen. Die Zahl der Beamten lag aber niedriger als im Vorjahr. Das Präsidium hatte auf den sehr ruhigen ersten Corona-Jahreswechsel reagiert und die Kräfte reduziert. 

Am Nachmittag und am frühen Abend versammelten sich wieder Gegner der staatlichen Corona-Maßnahmen, unter anderem fand ein Autocorso statt. Die traditionell letzte Demo des Jahres war die zum Gefängnis. Seit vielen Jahren meldet die linksextremistische Szene diese Versammlung für 23 Uhr an, um Inhaftierten ein Zeichen zu senden. 

Im vergangenen Jahr, dem ersten Silvester unter Pandemiebedingungen - war die Nacht ebenfalls sehr ruhig gewesen. Vor einem Jahr hatte es 700 Festnahmen gegeben, sieben Polizistinnen und Polizisten waren verletzt worden. Es galt, anders als in diesem Jahr, am Silvestertag ein totales Demoverbot

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