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Letzte Blicke vor dem endgültigen Abschied.

© imago images/Stefan Zeitz

Shanghai, New York, Berlin-Tegel: Ein letztes Erinnerungsfoto vom alten Flughafen

Etliche Reisen nahmen hier ihren Anfang, nun heißt es Abschied nehmen. Unsere Autorin macht sich ein letztes Bild vom Flughafen Tegel.

Noch einmal zum Flughafen Tegel, auf die Besucherterrasse: Lange habe ich der Versuchung widerstanden, Abschied zu nehmen, ohne gleichzeitig zu verreisen. Und sind Besucherterrassen nicht eher was für Nichtflieger?

Einmal in diesen Tagen musste ich daheim die Schublade öffnen, in der auch die Ziploc-Tüte mit den Speicherkarten liegt. Bilder vom äthiopischen Hochland und Cap Canaveral, von Frazer Island in Australien und dem Goldgräber-Friedhof in Alaska, Aufnahmen aus einem Museum im Land der Apachen und vom ehemaligen Präsidentenpalast in Ho-Chi-Minh-Stadt. 

Die Skyline von Schanghai muss ebenso dazwischen sein wie die Birken in Sibirien und die Salute in Venedig, San Xavier Mission in Tucson und die üppigen Bougainvillea auf Vanuatu. Und immer wieder New York, ganz viel New York.

Siedend heiß kam plötzlich der Schreck: kein einziges Bild von Tegel. Nicht eines! So oft früh um 5 Uhr schon da gewesen, den Morgenhimmel betrachtet wie ein Versprechen. Last-Minute-Einkäufe im „Bon Voyage“ gemacht, einen Stadtführer, eine Zeitschrift und Anhängeschlösser für die Koffer, die immer wieder verloren gegangen sind.

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Bilder von Macy’s und Saks Fifth Avenue verbergen sich auf den Speicherkarten, von der Elizabeth Street in Sydney und dem Dach der Galeries Lafayette in Paris, vom damals einzigen Kaufhaus in Ulan Bator und dem Markt in Montreal. Aber kein einziges Bild vom „Bon Voyage“!

In der Plastiktüte drängeln sich die Yellow Cabs auf den Avenues, die roten Londoner Taxis, und einige chinesische sind wohl auch dabei. Aber der Taxistand am Gate 6, wo ich so oft übernächtigt hingestolpert bin? Fehlanzeige!

Den Weg zum Flughafen fährt das Auto fast von selbst

Also doch noch rasch ins Auto gesprungen, den vertrauten Weg zum Flughafen fährt es fast von selbst. Vorbei an der Stelle, wo mir im Heimwärts-Taxi plötzlich auffiel, dass ich den heiß geliebten Schal im Gepäckfach vergessen habe, vorbei auch an der Anzeigetafel, vor der ich so oft nach dem richtigen Gate Ausschau gehalten habe. Keine Ahnung, wo der Zugang zur Besucherterrasse sein könnte. Am Ende ist er leicht erkennbar an der Schlange, die davorsteht.

[Adieu TXL: 46 Jahre flog Berlin auf Tegel, im November ist Schluss im Hexagon. Wir erinnern an Kofferberge, Prominenz im Provinz-Flair und schauen, wer in Zukunft im Berliner Norden landet. Die Themenseite TXL]

Also doch lieber noch rasch eine vertraute Runde drehen. Erst drinnen. Und dann noch eine draußen. Und noch mal rein. Es ist gar nicht so leicht, Fotos zu machen, wenn die Brille beschlägt.

Am Ende gelingt es doch, auf der Treppe, die zu Starbucks hochführt. Da fällt der Blick auf einen Wegweiser: Ulan Bator 6193 Kilometer, New York 6387 Kilometer … Wirklich nie mehr Tegel? Draußen reißen blaue Löcher in die Wolken.

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