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Manja Schreiner ist Hauptgeschäftsführerin bei der Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg e.V. stellvertretende CDU-Landesvorsitzende.

© Kai-Uwe Heinrich

Serie: Frauen in der Berliner Wirtschaft: „Ich war für mich sehr klar, egal, wie andere das finden“

Manja Schreiner hat auf ihrem Berufsweg die Rituale der Männer studiert, bevor sie Chef-Lobbyistin des Berliner Baugewerbes wurde.

Keine besonderen Interessen, keine besonderen Begabungen, keine besonderen Pläne: Wenn man Manja Schreiner zuhört, wie sie von ihrer Kindheit und Jugend in einem kleinen Dorf nahe Rostock erzählt, passt das erst einmal nicht zu dem, was sie heute ist: Hauptgeschäftsführerin der Fachgemeinschaft Bau und stellvertretende Landesvorsitzende der CDU.

Aber Talente und Charaktereigenschaften zeigen sich nicht zwangsläufig darin, dass man als Kind schon immer etwas gut konnte oder sich schon immer einer bestimmten Leidenschaft total hingegeben hat.

Man könnte sagen: Manja Schreiner, 42 Jahre, hat sich erst auf ihrem Berufsweg gefunden. Das offenbar auch deshalb, weil sie keine Scheu hatte, Dinge zu tun, von denen sie überhaupt keine Ahnung hatte.

„Irgendwie hineingestolpert“ sei sie nach dem Abitur in das Jura-Studium an der Uni-Rostock. Nebenbei verkauft Manja Schreiner an der Promenade in Warnemünde Eis, und verdient damit gutes Geld.

In den monotonen Vorlesungen sei sie fast eingeschlafen. Sie zieht sich die ganzen Paragrafen zu Hause rein, lernt dort effizienter, sagt sie.

Wirtschaftsfrauen
Wirtschaftsfrauen

© Illustration: Pedro Santos/TheNounProject; Tsp

Nach acht Semestern macht sie das erste Staatsexamen. Dann will sie weg aus Rostock. Fürs Referendariat geht’s zur Außenhandelskammer nach Bangkok und zum Europäischen Parlament nach Brüssel.

Danach kommt erstmal nichts – außer Absagen. Auf 70 Stellen hat sie sich nach dem Referendariat beworben. Doch keiner will sie. „Ich hatte keinerlei Berufserfahrungen, ich war einfach nicht interessant“, sagt sie rückblickend.

Enttäuscht? Ja, das sei sie gewesen, aber sie habe es nicht zu nahe an sich herankommen zu lassen. Sie findet einen neuen Dreh: In Rostock macht sie den Aufbaustudiengang „Internationales und Europäisches Wirtschaftsrecht“, LL.M.

Sie wohnt wieder bei ihren Eltern, bekommt ein Taschengeld, sitzt diszipliniert von 8 bis 18 Uhr am Computer und promoviert sogar noch in Gesellschafts- und Arbeitsrecht.

Der erste Job bei der Kreuzfahrtmarke Aida - eigentlich ein Versehen

Es klappt nun auch mit dem ersten richtigen Job: Die Kreuzfahrtmarke Aida ist damals in Mecklenburg der größte Arbeitgeber und hat Stellen ausgeschrieben.

Das Vorstellungsgespräch ist ein einziges Missverständnis: Schreiner denkt, sie soll als Justiziarin anfangen, die Reederei sucht aber eigentlich jemanden für die interne Revision.

Sie laviert sich durch, macht den Job ein dreiviertel Jahr und baut dann eine eigene Rechtsabteilung auf. Mit ihrem Ehemann, der in Brüssel arbeitet, führt sie eine Fernbeziehung.

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Das Unternehmen ist männerdominiert, „alte Seebären haben dort gearbeitet“. Eine harte Schule sei die Aida-Zeit gewesen; vor dem Chef hatte sie großen Respekt.

Wie sie es geschafft hat, dass keiner richtig merkte, dass sie von vielem keine Ahnung hatte? „Ich habe mich durchgewurschtelt“, sagt Manja Schreiner.

Für die hochdotierten Verträge bestellte sie sich Musterformularbücher nach Hause.

„Das Schlimmste was passieren kann ist, dass sie mich zu feuern“, denkt sie. Davon stirbt man nicht. Also: Weiter machen. Nach drei Jahren Aida geht’s in die Rechtsabteilung zum Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) nach Berlin.

Hier habe sie nicht einen Tag so viel Stress gehabt wie bei Aida. Ihre praktischen Erfahrungen kommen ihr nun zugute. In der Verbandszeit kommen auch ihre beiden Kinder zur Welt.

Beim Zentralverband des Deutschen Handwerks ist sie fast allein unter Männern

Ihr Sohn ist heute zwölf, die Tochter zehn. Als die Kinder klein sind, will sie etwas anderes machen, sich neu ausprobieren. Nächster Halt: Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH).

Hier ist sie fast allein unter Männern; ihr wird bewusst, wie unterschiedlich Männer und Frauen kommunizieren. In Meetings wollte sie sich gern austauschen, doch sie merkt, dass es vielen Männern eher darum geht, zu berichten was sie gemacht und geleistet haben. Von dem Buch „Das Arroganz-Prinzip“ von Peter Modler, in dem gezeigt wird, wie Männer Sprache und ein bestimmtes Revierverhalten als Instrument nutzen, habe sie viel gelernt. Sie besucht Seminare, in denen es um die unterschiedliche Art der Kommunikation der Geschlechter geht und wie man das für sich nutzen kann.

Der Sonntag ist meist für die politische Arbeit im CDU-Kreisverband Pankow reserviert

Während ihrer Zeit beim ZDH entdeckt sie ihr Interesse für Politik. Der Mittelstand, die Berliner Wirtschaft und was Deutschland stark mache sind ihre Themen. Sie engagiert sich bei der CDU in Pankow. Auch beruflich geht es für sie weiter: Als erste Frau wird sie 2018 die Hauptgeschäftsführerin der Fachgemeinschaft Bau, ein Arbeitgeber- und Wirtschaftsverband für kleine und mittelständische Bauunternehmen.

Die jahrelange Arbeit in den Verbänden zuvor helfen, ihr mit den männlichen Kollegen auf Augenhöhe zu kommunizieren. Abends sitzt sie für die CDU-Kreisverband Pankow auf Podien.

Alles eine Sache der Organisation: Der Sonntag ist meist für die politische Arbeit reserviert. Vor zwei Jahren wurde sie stellvertretende Landesvorsitzende. Ein großes Pensum.

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Nach beiden Kindern ist sie Vollzeit in den Job eingestiegen. „Ich war da für mich immer sehr klar, egal, wie andere das finden“, sagt sie. Geschadet habe das der Familie nicht.

„Weil ich immer darauf geachtet habe, pünktlich Feierabend zu machen, um nach der Kita mit ihnen Zeit zu verbringen.“ Doch ohne ihren Mann wäre die Mehrfachbelastung nicht möglich gewesen, sagt sie.

Nicht nur, weil er sich auch um die Familie kümmere, sondern weil er beruflich ihr - wie sie sagt - „Sparringspartner“ sei.

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