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Geschmacksscouts. Eike Pazulla, André Kramp und Patrick Ulmer (v. l.) sind drei der fünf Gründer des Teelabors „5 Cups and some Sugar“ in Friedrichshain. Sie mischen Sorten nach den individuellen Wünschen der Kundschaft. Foto: Georg Moritz

© Georg Moritz

Selbstgemacht: So einzigartig wie ich

Wer will schon trinken, essen, duften wie jeder? Tee, Parfum oder Müsli kommen jetzt individuell gemischt ins Haus – von Berliner Kleinfirmen.

Von Ronja Ringelstein

Ein süßlich lieblicher Duft zieht durch die Tür des Zimmers, dessen Geheimnis keine Kamera enthüllen darf. Die Regale sind voll mit etwas mehr als 50 verschiedenen Fässchen. Die duftenden Schnipsel darin sehen aus wie ein Potpourri. Aus den Inhalten mischen fünf junge Berliner seit Oktober letzten Jahres auf Bestellung individuelle Teesorten zusammen. „5 Cups and some sugar“, heißt dieses Teelabor in Friedrichshain. Von welcher Zutat wie viel in die Packung kommen soll, bestimmt der Kunde. „Du trinkst Tee, den es sonst nirgends gibt“, sagt Eike Pazulla, einer der Gründer. Individualität heißt das Zauberwort, das zum Trend wird. Eike Pazulla und sein Tee sind nicht die Einzigen, die damit inzwischen gut verdienen.

Klamotten von der Stange, Lebensmittel aus dem Supermarkt, ein Parfum, das riecht wie das, was die verhasste Nachbarin auch trägt – vielen ist das inzwischen nicht mehr kreativ genug. Individualität wird immer wichtiger. Der DJ Oliver Koletzki nannte sein 2005 gegründetes Plattenlabel „Stil vor Talent“. Und gab damit nicht nur seiner Musik einen Dachnamen, sondern auch einem Trend, den viele Berliner Startups zur Verkaufsidee machen. Inzwischen gibt es kaum mehr etwas, das man sich nicht selbst zusammenstellen kann. Außer Tee kann man Parfum, Müsli, Schokolade, Kaffee, Glückskeksen, Hundefutter und vielen anderen Dingen den eigenen Stempel aufdrücken. Alles geht ganz einfach im Internet, so auch bei „5 Cups and some Sugar“: Wenn die gewünschten Teesorten, die in die Mixtur sollen, auf der Homepage ausgewählt sind, sucht man sich dazu das passende Design der Verpackung aus und kann der ganzen Mischung dann noch einen Namen geben, egal welchen – so wird das Produkt schließlich individuell. Damit haben es die Teemischer geschafft, einerseits eine Marke zu kreieren, die aber andererseits eine persönliche Note des Kunden erhält und so zu etwas Eigenem wird. „Bei uns geht es um das ,Mach doch, was du willst‘“, sagt Mitgründer Patrick Ulmer, „denn dein Tee soll so schmecken, wie du ihn magst“. Den Erfolg der individuellen Produkte erklärt er sich mit einer Emanzipation des Kunden. Ernährung ist wichtiger geworden, Inhaltsstoffe müssen einsehbar sein. Eines der ersten individuellen Produkte waren selbst zu bedruckende T-Shirts, heute geht es mehr darum, wissen zu wollen, was man eigentlich konsumiert. Auf der Internetseite kann jede Sorte Tee mit jeder anderen kombiniert werden – ob Mate, Südseefrüchte, Lemongrass, oder Rosen. Doch wer ganz heikle Kreationen versucht, etwa mit 20 Prozent Chili, der wird von den Unternehmern auch mal per E-Mail gewarnt, ob er das auch wirklich so haben will.

„MyParfum“ heißt eine Firma in Moabit, bei der man sich – na, was wohl – Parfum selbst zusammenstellen kann. Das Mischgeschäft funktioniert nach demselben System wie beim Tee: Der Benutzer wählt im Internet Flakon, Inschrift und Duftkomponenten. Auf Bestellung werden dann im Labor die gewählten Duftnoten, etwa Bergamotte und Kaschmirholz für den Herren, mit dem Trägerstoff Ethanol vermengt, abgefüllt, verpackt und verschickt. „Die Idee kam mir 2007 auf einer Party“, sagt Matti Niebelschütz, Gründer und Geschäftsführer. „Eine Freundin hatte sich geärgert, dass sie den Duft ihres neu gekauften Parfums bei einer anderen Frau gerochen hatte.“ Vier Jahre später schöpft er aus rund 50 Duftstoffen. Diese bestehen für sich jeweils aus von französischen Parfümeuren entwickelten Duftakkorden, also „Dreiklängen“, die aus Kopf-, Herz- und Basisnote bestehen. Nicht ganz wie Patrick Süskinds Grenouille, weil nur am Computer sitzend, aber dennoch: Der Kunde soll sich fühlen wie ein Laien-Parfümeur, wenn er virtuell zu Tonkabohne, Mimose oder orientalischem Amber greift. Dass der Käufer gar nicht weiß, wie das riecht, was er da bestellt, löst Niebelschütz so: „Da es ein Geruchsinternet ja nicht gibt, wählt man einen Duft-Charakter, etwa sinnlich oder sportlich und dann empfehlen wir, welche Duftakkorde dazu passen.“ Damit ist das Start-up eines unter vielen, das es schaffte eine Marke zu kreieren, die als Produkt käuflich ist, doch dem Kunden ermöglicht, seine persönliche Note mit einzubringen.

Mit am bekanntesten auf dem Markt der Produkte, die die Einzigartikeit des Einkaufs zelebrieren, ist die 2008 gegründete Firma „Mymuesli“. Die Biomüslimischer aus Passau bieten ihr Frühstück nach dem jeweiligen Geschmack ebenfalls per Internetversand an. Inzwischen gibt es „Mymuesli“ auch in diversen Berliner Cafés. Und in ganz Deutschland stehen die fertig gemischten Päckchen von „Mymuesli“ sogar schon im schnöden Supermarktregal. Eine ulkige Weiterentwicklung der Grundidee, die eher an ein „Alles auf Anfang“ erinnert.

Weitere Infos zu allen Anbietern finden sich gesammelt auf der Website: www.your-presents.de

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