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Kein Weltkulturerbe, aber auch schön: eines der vielen Graffiti auf einer U-Bahn der BVG

© imago/Schöning

„Seid ihr komplett bescheuert?“: BVG will Weltkulturerbe werden

Weil sie sich als Kulturgut sieht und Bedingungen der Unesco erfüllt sieht, will sich die BVG als Weltkulturerbe bewerben. Ist alles wieder nur ein Werbe-Gag?

Was steht hinter jedem starken Verkehrsunternehmen? Richtig, eine gute Werbe-Agentur. In der Realität glänzt die BVG eher durch übervolle Busse, alte Technik oder niedrige Fahrer-Gehälter, auf Plakaten und im Internet hat die Berliner Verkehrsgesellschaft es geschafft, sich ein glänzend-modernes Make-Up aufzulegen. #WeilWirDichLieben. Aus Sicht des Unternehmen ist man damit anscheinend ein Fall für die Unesco-Liste der Weltkulturerbestätten.

Es werden reichlich Berlin-Klischees abgearbeitet

Der Berliner Bus- und Bahnbetrieb sieht sich – augenzwinkernd – in einer Reihe mit dem Taj Mahal und Machu Picchu. So stellt es zumindest der Hochglanz-Werbefilm dar, mit dem das Landesunternehmen Unterstützer für seine Image-Kampagne sucht.

Dabei werden reichlich Berlin-Klischees abgearbeitet: Der Co-Working-Space, der die alte Eckkneipe verdrängt. Der Hipster im Jogging-Anzug, der dem weißhaarigen Opi im selben Outfit begegnet. Wie sich Menschen aus Wanne Eickel und Bad Odesloe eben die große, wilde Stadt vorstellen - alles im Fluss, alles immer anders.

„Nächster Halt: Weltkulturerbe!“

Weil das alles langsam auch in Berlin selbst die Ersten nervt, stellt sich die BVG jetzt klug als feste und unerschütterliche Konstante in diesen Zeiten dar, „die euch seit Jahrzenten Halt gibt“, wie es in dem Video heißt. In den Bussen und Bahnen der BVG sei Berlin eben noch Berlin. Jaja. Deshalb laute das Motto: „Nächster Halt: Weltkulturerbe!“

Denn man sei „nicht nur gut, sondern Kulturgut“, kalauert der Sprecher im Video. Verantwortet wird die Gaudi von der Werbeagentur Jung von Matt/Saga. Wer das Video nur für eine mittelprächtige Werbefilmidee hält, wird auf der eigens eingerichteten Seite bvg-weltkulturerbe.de eines Besseren belehrt. Dort kann man sich mit den Optionen „Ja“ und „Ja!“ als Unterstützer eintragen – oder es lassen.

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Fast 10.000 Menschen haben schon unterzeichnet, drei Jahre dauert der Bewerbungsprozess, die Chancen sind wohl gering. Am Ende des Werbevideos fragt eine ältere Kundin: „Seid ihr komplett bescheuert?“ Die Antwort des Sprechers: „Ja, vielleicht.“

Ist das Ganze also doch ernst gemeint? Nein – erst ein Anruf in der BVG-Pressestelle klärt, was vorher unklar blieb: Ist nur Spaß. Aber von der Spandauer Siedlung Siemensstadt, die schon auf der Liste der Unesco steht, sei gleich Zuspruch gekommen, sagt Nelken. Die Aktion sei „einfach fantastisch“ und die BVG dann wohl das erste Verkehrsunternehmen auf der Liste – das hätten Vertreter an die BVG geschrieben, erzählt Petra Nelken. Und außerdem: „Sie haben Ihre Ecken und Kanten, wir auch.“

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