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Straßenlaternen in Berlin.

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Schwierige Lichtverhältnisse: Streit um Gaslaternen

Die einen sehen sie als leuchtende Schätze, die anderen als Geldfresser: Ab Mai läuft der Austausch von 8000 Gaslaternen an. Denkmalschützer wollen das per Petition verhindern.

Was für den Heimatverein Charlottenburg „leuchtende Schätze der Nacht“ sind, ist für den Senat ein gewaltiges Kostenproblem. Berlins Gaslaternen seien anfällig, wartungsintensiv und wahre CO2-Schleudern, deshalb will der Senat das Altberliner Straßenlicht durch moderne Elektroleuchten ersetzen. Im Mai läuft berlinweit der Austausch von 8000 Reihenleuchten aus den 50er Jahren an. In Charlottenburg-Wilmersdorf werden 1368 Gasleuchten durch Alu-Elektrolampen des Typs „Jessica“ ersetzt, bestätigt Bezirksstadtrat Marc Schulte (SPD).

Nur ein erster Schritt, der die Atmosphäre im Bezirk nachhaltig verändern wird, meint dagegen Wolfgang Theans vom Heimatverein. Nirgends auf der Welt stehen mehr Gaslaternen auf so dichtem Raum wie in Charlottenburg-Wilmersdorf. Drei Viertel der Beleuchtung hängen am Gasnetz, 7692 Lampen hat der Bezirk gezählt. Das Charlottenburger Licht sei einmalig, meint Thaens, auch wenn das vielen nicht bewusst sei. Ersatzlampe Jessica dagegen verbreitet Leuchtstoffröhrenlicht. Der Heimatverein will jetzt Unterzeichner für eine Petition an den Regierenden Bürgermeister werben. Die Forderung: Ein sofortiges „Abbau-Moratorium“ und ein neues Lichtkonzept für Berlin.

Dabei will der von SPD und CDU getragene Senat gar nicht mehr allen Gaslampen den Hahn abdrehen. Sollten ursprünglich alle 43 500 Berliner Leuchten bis spätestens 2020 ausgetauscht sein, sehen die neuen Koalitionsvereinbarungen vor, „historische und denkmalgeschützte Gasleuchten“ zu erhalten. Gemeint sind Lampen in denkmalgeschützten Quartieren wie rund um das Amtsgericht Charlottenburg. Der Haken: Alle Gaslaternen werden wohl auch in diesen Quartieren nicht verschont. Über Typ, Zahl und Standort der zu erhaltenden Leuchten hätten Denkmalamt und Senatsverwaltung noch keine Entscheidung getroffen, sagt eine Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. „Es werden aber höchstens einige wenige Straßen ausgenommen.“ Von jedem Lampentyp wolle man einige Exemplare erhalten.

Reine Beschwichtigungstaktik, glaubt Bertold Kujath von Verein Gaslicht Kultur, der die Petition initiiert hat. Das Denkmalschutzargument habe ein entscheidendes Problem: „Es gibt bis jetzt keine denkmalgeschützte Gasbeleuchtung in Berlin.“ Nur einige Masten, nicht aber deren Beleuchtungsart stehe unter Schutz. Das warme schummerige Gaslicht selbst ist dagegen nicht geschützt.

Stadtentwicklungsstadtrat Schulte will die Schonliste der Senatsverwaltung abwarten. „Dann werden wir sehen, ob uns das ausreicht.“ Den Gaslichtfreunden macht er dennoch keine Hoffnung: „Das Thema wurde zur Genüge diskutiert, der Bezirk steht zur Umrüstung.“ Hauptargument sind die Einsparungen: 2,4 Millionen Euro Energiekosten, 1,6 Millionen für die Instandhaltung und 9200 Tonnen CO2 soll laut Senatsverwaltung allein der Austausch der 8000 50er-Jahre-Reihenleuchten jährlich einsparen. Das habe auch den Bezirk überzeugt, sagt Schulte.

„Wir fordern nicht einmal, dass alle Gaslampen in Berlin erhalten bleiben“, sagt Berthold Kujath. „Aber es muss Ensembles geben, wo die Gasbeleuchtung flächendeckend erhalten bleibt, weil sie Teil der Geschichte Berlins ist.“ Das Gasleuchten-Freilichtmuseum am Rande des Tiergartens reiche nicht aus. Über mangelnde Unterstützung kann er sich nicht beklagen: Der Verein „Denkmal an Berlin“, der sich zuletzt an der Rettung der Deutschlandhalle versuchte, kürte die Gaslaterne zum besonderen Denkmal, die Brüsseler Kulturbewahrer von Europa Noster forderten jüngst Berlins Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) auf, den Abbau zu stoppen. Man plane die Unesco einzuschalten, sagt Kujath. Kulturerbe Gaslaterne? „Dafür brauchen wir die Rückendeckung der Berliner.“ Er hofft, dass die Petition viele Unterstützer findet.
Die Petition und weitere Informationen im Internet: www.gaslicht-ist-berlin.de

Wo in Charlottenburg-Wilmersdorf das Gaslicht ausgeht

Im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf sollen in den kommenden Monaten 1368 Gasleuchten aus den 50er Jahren auf elektrisches Leuchtstofflicht umgerüstet werden. Neue Leuchten werden laut Senatsverwaltung für Stadtentwicklung in folgenden Straßen installiert:

Charlottenburg: Preußenallee, Eichkampstraße, Wundtstraße, Bleibtreustraße, Sophie-Charlotten-Straße, Suarezstraße, Rönnestraße, Salzufer, Knobelsdorffstraße, Damaschkestraße, Lise-Meitner-Straße, Herbartstraße, Witzlebenstraße, Platanenallee, Max-Dohrn-Straße, Dernburgstraße, Olbersstraße, Gaussstraße, Giesebrechtstraße, Holtzendorffstraße, Lehniner Platz, Clausewitzstraße, Kirschenallee, Sybelstraße, Windscheidstraße, Richard-Wagner-Straße

Wilmersdorf: Cunostraße, Auguste-Viktoria-Straße, Trabener Straße, Binger Straße, Nestorstraße, Rüdesheimer Straße, Paulsborner Straße, Fontanestraße, Assmannshauer Straße, Auerbacher Straße, Bielefelder Straße, Seesener Straße, Reichenhaller Straße, Fritz-Wildung-Straße, Rüdesheimer Platz, Johannaplatz, Kolberger Platz, Am Bahnhof Grunewald, Heidelberger Platz, Ahrweilerstraße, Kissinger Straße, Warmbrunner Straße, Herbertstraße, Georg-Wilhelm-Straße, Bismarckallee, Hagenstraße, Berkaer Straße, Rheinbadenallee, Warnemünder Straße, Franzensbader Straße, Schlangenbader Straße, Platz Am Wilden Eber, Hagenplatz, Königsallee, Lassenstraße, Elgersburger Straße, Delbrückstraße.

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