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Schutzmasken sind Mangelware. Viele Praxen bekommen in der Coronakrise keinen Nachschub.

© dpa

Schutzausrüstung gegen Coronavirus fehlt: Kassenärzte warnen vor Zusammenbruch von Berliner Praxen

Die Kassenärztliche Vereinigung warnt davor, dass in Berlin bald Praxen schließen müssten. In zwei Dialyse-Praxen fehle sogar Desinfektionsmittel.

Die Kassenärzte kritisieren die Bundesregierung - und den Umgang der öffentlichen Stellen mit der Coronakrise. Wie die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berlin am Montag mitteilte, konnten die 6500 Berliner Praxen nicht mit dringend benötigter Schutzausrüstung ausgestattet werden. "Die beim Bundesbeschaffungsamt durch die Bundesregierung bestellte Schutzausrüstung" sei bundesweit nicht geliefert worden, schreibt die KV.

"Wir stehen jetzt vor einem riesigen Problem: Die niedergelassenen Ärzte, die sich, ihre Mitarbeiter und noch nicht infizierte Patienten schützen müssen, können die Regelversorgung ohne Schutzausrüstung nicht mehr aufrechterhalten", sagte Burkhard Ruppert, Vize-Chef der KV Berlin. Mit "Fortschreiten der Corona-Pandemie" werde dringend Nachschub benötigt, immer mehr Praxen würden ankündigen, dass sie unter diesen Bedingungen zwingend schließen müssten.

Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) hatte vor zwei Wochen gesagt, Praxen, Kliniken und Gesundheitsämter hätten in der Coronakrise gleichermaßen Aufgaben zu bewältigen. Die KV sei gesetzlich dafür da, die ambulante Versorgung sicherzustellen: Vage Fälle, so genannte Abklärungsfälle (die erfahrungsgemäß meist nicht mit dem Coronavirus infiziert sind) sollten demnach auch in Praxen getestet werden können.

Die KV ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts, ihr müssen alle 9000 Berliner Praxisärzte angehören, die gesetzlich Versicherte versorgen. Zugleich errichteten Kliniken in Absprach mit Kalayci eigene Ad-hoc-Stationen für Corona-Verdachtsfälle. Inzwischen dürften sich die allermeisten Patienten, die Sorge vor der Lungenerkrankung Covid-19 haben, an die Kliniken mit diesen oft in Containern errichteten Sonderstationen wenden.

In Dialyse-Praxen wird Desinfektionsmittel knapp

"Die KV Berlin steht zu 100 Prozent hinter der Entscheidung, dass ein Fokus in dieser Krise auf die Krankenhäuser und deren Vorbereitung auf viele Intensivpatienten gerichtet sein muss. Trotzdem dürfen wir nicht aus dem Blick verlieren, was passieren wird, wenn immer mehr Praxen schließen müssen und dadurch die ambulante Regelversorgung zusammenbricht“, sagte Berlins KV-Vizechef Ruppert.

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Er bezog sich dabei beispielsweise auf die Dialyse-Praxen, deren Patienten, sollte der Betrieb nicht mehr aufrechterhalten werden können, in lebensbedrohliche Situationen geraten. Zwei Berliner Dialyse-Praxen hätten die KV informiert, dass Desinfektionsmittel fehlen. Man appelliere an das Bundesgesundheitsministerium.

Berlins Senatorin für Gesundheit, Dilek Kalayci (SPD), muss niedergelassene Ärzte, Kliniken und Gesundheitsämter koordinieren.
Berlins Senatorin für Gesundheit, Dilek Kalayci (SPD), muss niedergelassene Ärzte, Kliniken und Gesundheitsämter koordinieren.

© Gregor Fischer/dpa

Wenigstens Schutzausrüstung für Hausbesuchsdienst eingetroffen

Die KV teilt aber auch mit, dass die bestellte Schutzausrüstung für die Fahrzeuge des ärztlichen Bereitschaftsdienstes (ÄBD) eingetroffen sei. Der ÄBD soll unabhängig von der Corona-Pandemie das Rettungswesen entlasten, indem er Patienten zu Hause besucht, bevor sie sich mit (zumeist milderen) Beschwerden an die Notärzte der Feuerwehr wenden.

Zusätzlich gibt es in dieser Krise KV-Ärzte, also niedergelassene Selbstständige, die mit der staatlichen Feuerwehr durch die Stadt fahren, um immobile Patienten mit schweren Erkältungssymptomen auf Coronavirus zu testen.

Coronavirus in Berlin - Service in mehreren Sprachen:

Die Amtsärzte in den Gesundheitsämtern in Bezirken und Kommunen wiederum sind für Maßnahmen aus dem Infektionsschutzgesetz zuständig. Zwischen ihnen und dem Senat hatte es Streit darüber gegeben, welche Maßnahmen derzeit angemessen seien.

Senatorin Kalayci hatte in der Koalition dann am Wochenende auf härtere Maßnahmen gedrängt: Inzwischen schreiben die Amtsärzte, sie hielten die "angeordneten Maßnahmen für angemessen", also das Schließen aller Kneipen, das Verbot von Zusammenkünften mit mehr als 50 Teilnehmern, die De-facto-Besuchssperre in den Kliniken.

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