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Grüne und SPD scheiterten an dem Vorhaben, Grünflächen in Berlin besser zu schützen.

© Kitty Kleist-Heinrich

Schutz von Grünflächen in Berlin: Streit zwischen SPD und Grünen nach dem Scheitern der Charta Stadtgrün

Senat, Bezirke und Fachpolitiker hatten längst zugestimmt, doch die Charta Stadtgrün scheiterte auf der Zielgeraden. Nun beschuldigen SPD und Grüne einander.

Am Ende scheiterte die Charta Stadtgrün – eine Selbstverpflichtung zur Erhaltung von Grün- und Brachflächen in Berlin – an 33 Worten. Genau so lang ist die Passage des 24-seitigen Papiers, die sich mit der Bedeutung von Brachflächen für die Biodiversität der Stadt beschäftigt.

Weil die SPD diese, ebenso wie Friedhöfe und Ackerflächen, nur dann als öffentlich nutzbare Grünräume schützen wollte, wenn dem „nicht andere öffentliche Interessen gegenüber stehen“, stockte die Verabschiedung des Papiers im Abgeordnetenhaus über Monate. Am Mittwoch schließlich scheiterte das Projekt final – und das, obwohl Senat und Rat der Bürgermeister das Papier bereits im vergangenen Jahr verabschiedet hatten.

Die Schuld dafür geben sich SPD und Grüne nun gegenseitig. Die Grünen hätten alles oder nichts gespielt und am Ende alles verloren, hieß es aus den Reihen der SPD. Die Grünen wiederum erklärten, konsequenter Natur- und Klimaschutz sei mit der SPD eben nicht zu machen, weil diese immer dann der Mut verlasse, wenn ernsthafte – und für einzelne Interessengruppen unpopuläre – Entscheidungen anstünden.

Umweltsenatorin Regine Günther, Spitzenkandidatin Bettina Jarasch sowie der direkt in die Verhandlungen eingebundene Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, Daniel Wesener, kritisierten die SPD wegen des Scheiterns der Charta teilweise scharf. Den Vorwurf einzelner SPD-Abgeordneter, die Grünen wiederum hätten die Charta bewusst geopfert, um die SPD als „Betonpartei“ darzustellen, wies Wesener im Gespräch mit dem Tagesspiegel zurück.

„Kontrafaktisch“ nannte er diese Darstellung und erklärte, das Scheitern der Charta müsse andere, taktische Gründe haben. Am Inhalt des zuvor einstimmig – also mit den Stimmen der SPD – im Umweltausschuss beschlossenen Papiers jedenfalls könne es nicht gelegen haben, erklärte Wesener.

Keine guten Vorzeichen für eine Fortsetzung der Zusammenarbeit

Der Fall zeigt: Die Stimmung zwischen den Koalitionspartnern, die womöglich nach der Wahl wieder ein Regierungsbündnis schließen könnten, ist düster. Nachdem zuletzt sowohl die Reform der Bauordnung als auch das Mobilitätsgesetz an Streitigkeiten zwischen SPD und Grünen gescheitert waren, kommt nun die Charta Stadtgrün oben drauf.

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Keine guten Vorzeichen für eine mögliche Fortsetzung der Zusammenarbeit beider Parteien nach der Wahl, wie sie sich Jarasch – unter ihrer Führung – ausdrücklich wünscht. Zumal SPD-Spitzenfrau Giffey deutliche Signale in Richtung CDU und FDP sendet. Beide können sich ihren jeweiligen Spitzenkandidaten zufolge eine Koalition durchaus vorstellen. Die vom linken Parteiflügel dominierten Grünen könnten am Ende das Nachsehen haben – vorausgesetzt, die SPD folgt ihrer Spitzenkandidatin auch nach dem Wahltag geschlossen.

Rainer Altenkamp, Vorsitzender des Umweltverbands NABU Berlin, bezeichnete das Scheitern der Charta als „extrem ärgerlich“. Vier Jahre bürgerschaftliches Engagement seien „zunichte gemacht worden“, sagte er und äußerte Unverständnis darüber, dass die SPD selbst die „weichgespülte“ Charta abgelehnt hatte. „Der ganze Vorgang scheint seitens der SPD inszeniert“, erklärte Altenkamp, „über die Motivation dahinter kann man nur spekulieren“.

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