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Zeitungs- und Schulprojekt: „Ich hatte erst im vierten Semester einen eigenen Computer“

Für das Projekt „Jugend und Berufe der Zukunft“ haben Schüler aus Schöneberg die Leiterin eines Schülerlabors der Technischen Universität interviewt.

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„Jugend und Berufe der Zukunft“ ist ein medienpädagogisches Projekt, das von der Dr.-Hans-Riegel-Stiftung, Bonn, initiiert worden ist. Es findet in Kooperation mit Schulen der Region und dem Tagesspiegel statt. Schülerinnen und Schüler lesen im Unterricht den „Tagesspiegel“ und recherchieren selbst zu Berufen der Zukunft. Ziel ist es, Jugendliche für sogenannte MINT-Berufe zu begeistern, also Berufe, die auf Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik basieren.
Der folgende Beitrag stammt von der Klasse 923 der Sophie-Scholl-Schule in Schöneberg. Schüler:innen haben Claudia Ermel, die Leiterin des Schülerlabors „dEIn Labor“ der Technischen Universität, interviewt. Die schriftliche Fassung stammt von Marlis Herzog.

Claudia Ermel ist Informatikerin und leitet das Schülerlabor "Dein Labor" an der TU Berlin.
Claudia Ermel ist Informatikerin und leitet das Schülerlabor "Dein Labor" an der TU Berlin.

© privat

Was macht man als Informatiker:in?

Informatik bietet eine sehr vielfältige Ausrichtung. Im Grunde muss man sich schon während des Studiums für Schwerpunkte entscheiden, wie zum Beispiel den Umgang mit großen Datenmengen. Oder man geht in die elektronisch-technische Informatik und beschäftigt sich damit, wie Systeme und Netzwerke konfiguriert sind. Wenn es einem Spaß macht, zu programmieren, und man lernen möchte, was hinter einer Software steckt, ist die theoretische Informatik interessant. Das habe ich damals gemacht. Es gibt noch viele andere Bereiche, wie Robotik, Datenbanken oder künstliche Intelligenz. Dazu gehört auch maschinelles Lernen.

Haben Sie sich schon als Kind für Informatik interessiert?

Nein, überhaupt nicht. Ich hatte meinen eigenen Computer erst im vierten Semester. Damals waren PCs gerade neu und ein Computer hat so viel Geld gekostet, dass ich mir das als Studentin überhaupt nicht leisten konnte. Ich hatte eigentlich mehr Interesse an Mathematik. Weil ich wusste, dass Informatik und Mathematik gut zusammenpassen, habe ich dieses Studium begonnen, obwohl ich damals noch gar nicht programmieren konnte.

Welche Eigenschaften braucht man für das Informatikstudium?

Dadurch, dass es so vielfältig ist, kann man auch mit relativ geringen Vorkenntnissen Informatik studieren. Ich hatte die Leistungskurse Mathematik und Englisch. Eigentlich wollte ich Bibliothekswissenschaften studieren. Aber dann war ich nach dem Abitur bei der Studienberatung, und der Professor hat mich gefragt, ob ich wirklich so etwas „Langweiliges“ machen möchte. Da habe ich gedacht, okay, mach etwas Spannendes. Damals, Mitte der 80er Jahre, war die Informatik noch im Aufbau mit den ersten Studiengängen. Ich habe also ein komplett neues Gebiet studiert, das war toll. Was ich später viel gebraucht habe, war Mathematik. Die braucht man in jedem technischen Fach, da ist die Informatik keine Ausnahme. Es ist aber eine andere Mathematik als in der Schule. Viele denken, dass Mathe an der Uni immer gleich ist und man viel rechnen muss. Das stimmt aber nicht. In der Informatik lässt man den Computer für einen rechnen. Das ist praktisch, wenn man es selber nicht so gut kann. In der Informatik geht es mehr darum, logisch zu denken, zu abstrahieren und gut zu verstehen, wie Menschen digitale Systeme nutzen.

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Wie sind Sie im Schülerlabor gelandet?

Das ist sozusagen mein zweites Berufsleben. Ich habe viele Jahre in der theoretischen Informatik geforscht, habe Papiere geschrieben, mit anderen Wissenschaftlern Dinge weiterentwickelt und auch Studenten unterrichtet. Einige Leute, unter anderem auch ich, haben gemerkt, dass wir an unserer Fakultät Informatik und Elektrotechnik mehr für die Nachwuchsförderung tun müssen. Denn gerade in der Informatik und in der Elektrotechnik haben wir nicht genügend Studierende. Die Schüler und Schülerinnen denken vielleicht, dass dieses Studium zu schwierig ist. Viele haben auch Nerd-Klischees im Kopf. Da haben wir uns überlegt, dass wir schon für jüngere Menschen mehr Projekte anbieten müssen, damit diese mehr Interesse an dem Thema bekommen. Im Jahr 2012 wurde das Schülerlabor gegründet. Seit neun Jahren bieten wir Programmierkurse und Elektronikkurse an, wir bauen Apps für Smartphones und Roboter. Wir machen Schaltungsentwürfe und bauen zum Beispiel aus einer alten Chipsdose einen Verstärker und noch vieles mehr. Wir erklären den Schüler:innen, wie das funktioniert, und bringen ihnen das Löten bei. Im Moment sind wir dabei, ein Modul zu entwickeln, um zu zeigen, wie künstliche Intelligenz funktioniert.

Wurden Frauen und Männer im Studium gleichberechtigt behandelt?

Ich hatte über Jahre hinweg eine Arbeitsgruppe, in der außer mir noch zwei Frauen und ein Mann waren, das war schon etwas Besonderes, da damals der Anteil der Frauen bei circa 25 Prozent lag. Man muss sich im Studium seine Arbeitsgruppen selbstständig suchen, ob das jetzt Männer oder Frauen sind, es kommt hauptsächlich darauf an, wie man sich versteht. Aber es gibt eben auch Männer, die sagen: „Lass mich mal, du kannst das nicht so gut.“ Das geht meiner Meinung nach gar nicht. Auch heute ist der Frauenanteil bei den technischen Fächern noch sehr niedrig. An der TU Berlin gibt es in der Informatik etwas weniger als 20 Prozent Frauen. In der Elektrotechnik liegt der Anteil sogar nur bei zwölf Prozent. Wir versuchen diese Situation auch durch unser Schülerlabor zu verändern.

Die Schüler:innen der Sophie-Scholl-Schule haben weitere Interviews geführt: Mit der Mathematik-Professorin Kristin Krenek und mit der Elektrotechnik-Studentin Alina Krivoi.

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