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Bunte Mischung. Neben Konzept und Profil ist die soziale Struktur der Schule für viele Familien ausschlaggebend.

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Schulwahl: Sind Privatschulen wirklich besser?

Privat oder öffentlich? Bei Anmeldungen für weiterführende Schulen sollten Eltern Vor- und Nachteile gut abwägen.

Unterrichtsausfall, marode Infrastruktur, soziale Brennpunkte: Staatliche Schulen kommen in den Medien oft nicht gut weg. Viele Eltern überlegen deshalb, ihr Kind nach der sechsten Klasse auf eine Privatschule zu schicken. Schließlich genießen sie oft einen besseren Ruf. Doch ist der wirklich berechtigt?

„Richtig ist, dass an Schulen in freier Trägerschaft die Klassen kleiner sind“, sagt Kai Maaz, Soziologe und Direktor des Leibniz-Instituts für Bildungsforschung und Bildungsinformation (DIPF). Auch sei die Zahl der erteilten Unterrichtsstunden je Schüler höher. Davon erhoffen sich die meisten Eltern vor allem eines: die bestmögliche Förderung für ihren Nachwuchs.

Tatsächlich erbringen Kinder an Privatschulen tendenziell bessere Leistungen als Gleichaltrige, die eine staatliche Schule besuchen. Das hängt aber weniger mit den Einrichtungen zusammen, sondern mit der sozialen Herkunft der Schülerinnen und Schüler, die an Privatschulen häufiger aus bildungsbürgerlichen Haushalten stammen. „Die empirischen Ergebnisse, die es dazu gibt, sind ernüchternd“, sagt Kai Maaz. „Wenn man die Selektionseffekte der sozialen Herkunft herausrechnet, verschwindet der Vorsprung.“ Natürlich gebe es hervorragende Privatschulen, sagt Maaz. Doch dies lasse sich nicht verallgemeinern, ebenso wenig, wie die vermeintlich schlechtere Qualität von staatlichen Schulen. „Auch im öffentlichen Bereich gibt es exzellente Schulen, und die Ausstattung ist in der Regel nicht schlechter.“

Eltern sind gefragt, selbst zu recherchieren und jede Schule gesondert unter die Lupe zu nehmen, findet auch Thomas Koinzer, Professor für Erziehungswissenschaften an der Berliner Humboldt-Universität. „Bei Waldorf steht eben Waldorf drauf, bei staatlichen Schulen hingegen muss man genau schauen, wie sie aufgestellt sind. “ Das sei für viele Eltern natürlich schwieriger herauszufinden und koste Zeit.

Auch staatliche Schulen folgen speziellen Konzepten

Wem es nicht nur um gute Noten geht, sondern um eine bestimmte pädagogische oder weltanschauliche Ausrichtung, für den sind Privatschulen natürlich eine wichtige Institution. Die Auswahl reicht von Waldorfschulen nach dem ganzheitlichen Konzept von Rudolf Steiner über reformpädagogische Montessori-Schulen und auf Mehrsprachigkeit ausgerichtete internationale Schulen bis hin zu konfessionellen Schulen mit christlichem Hintergrund.

Doch auch öffentliche Bildungseinrichtungen folgen oft bestimmten Schwerpunkten: Inklusion, Naturpädagogik, Sport, Mint-Fächer (also Mathe, Informatik, Naturwissenschaft und Technik). „Staatliche Schulen haben große Freiheiten bei der Ausgestaltung ihres pädagogischen Handelns“, betont Thomas Koinzer. Und egal, welches Konzept eine Schule hat: Wichtig ist in erster Linie, dass sich das eigene Kind dort wohlfühlt. Wenn es mit Waldorf-Pädagogik oder Religionsunterricht nichts anfangen kann, ist eine freie Schule vielleicht doch nicht die beste Wahl.

Allerdings ist für viele Eltern neben Qualität und Konzept auch die soziale Struktur der Schule ein wichtiger Faktor. Den viel geäußerten Kritikpunkt, die mangelnde soziale Durchmischung in Privatschulen sei schädlich für eine pluralistische Gesellschaft, möchte Koinzer so nicht stehen lassen. „In Deutschland gehen rund zehn Prozent der Schülerinnen und Schüler auf eine Privatschule, das ist also immer noch ein recht kleiner Anteil“, sagt der Erziehungswissenschaftler. Außerdem sei die soziale Vielfalt kein spezielles Problem von Privatschulen. „An staatlichen Gymnasien haben wir diese Situation ebenso.“

Die Kosten sagen nichts über die Qualität aus

Größter Nachteil der Privatschulen sind die Kosten: Je nach Einrichtung kann das monatliche Schulgeld zwischen 100 und 800 Euro betragen. Doch auch hier muss differenziert werden. „Die meisten Privatschulen staffeln das Schulgeld nach dem Einkommen der Eltern, und konfessionelle Schulen sind in vielen Bundesländern sogar kostenlos“, sagt Koinzer. Zudem haben sozial benachteiligte Familien an manchen Schulen die Möglichkeit, sich vom Schulgeld befreien zu lassen oder Stipendien zu beantragen.

Letztlich gilt aber: „Die Kosten sagen nichts über die Qualität der Schule aus“, betont Koinzer. Neben dem Schulgeld verlangen manche Privatschulen außerdem explizit Elterneinsatz, etwa bei der Pflege der Klassenräume oder bei der Organisation von Veranstaltungen. Für den, der dafür keine Zeit hat oder sich mit dem Schulkonzept nicht identifiziert, kann das eine Hürde sein.

Dass an Privatschulen der Unterricht seltener ausfällt, wie oft behauptet wird, kann Bildungsforscher Kai Maaz nicht bestätigen. Es gebe dazu keine belastbaren Zahlen. Sein Fazit: „Man darf Privatschulen nicht verteufeln, man darf sie aber auch nicht in den Himmel loben.“ Denn staatliche Schulen können ebenso gute Lehrer, Ausstattung und pädagogische Konzepte haben. Verallgemeinerungen helfen nicht bei der Auswahl, sondern nur der genaue Blick auf die jeweilige Schule und auf das, was für das eigene Kind am besten passt.

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