zum Hauptinhalt
Alles aufnehmen. Jugendliche sammeln im Ausland neue Erfahrungen.

© Getty Images

Schüleraustausch im Ausland: Lieber Tokio als Toronto

Ein Schüleraustausch in exotischen Ländern kann sich lohnen. Sorgfältige Planung ist das A und O.

Jedes Jahr packt sie Tausende Schüler: die Sehnsucht, ferne Orte kennenzulernen. Ein klarer Fall von „Fernweh“, diagnostiziert Thomas Terbeck im gleichnamigen Schüleraustausch-Ratgeber des unabhängigen Bildungsberatungsdienstes Weltweiser. 16 900 deutsche Jugendliche besuchten laut der Weltweiser-Studie im Jahr 2018/19 mindestens drei Monate eine Schule im Ausland.

Doch bevor es um die Welt geht, müssen Schüler und Eltern viele Entscheidungen treffen: Feriensprachkurs oder Schüleraustausch? USA oder Asien? Drei Monate oder doch ein ganzes Jahr? „Zuallererst sollte sich der Schüler realistisch einschätzen“, rät Anuschka Dinter, Bildungsberaterin von Weltweiser. „Wer einfach einen Dartpfeil auf die Landkarte wirft, wird den Austausch weniger positiv empfinden als jemand, der sich vorbereitet.“ Deswegen empfiehlt Dinter als Erstinformation Erfahrungsberichte von Rückkehrern, die bereits ein Programm durchlaufen haben.

Solche Berichte sind online über den Weltweiser-Kompass zu finden, ein Tool mit Filtern wie Programmarten, Land oder Themen. Mit den Angaben „Schüleraustausch“ und „Japan“ findet man zum Beispiel den Bericht der zum Zeitpunkt des Austauschs 16-jährigen Jana Reyer. Zehn Monate besuchte sie die private Mädchenschule Baika High School in Osaka, in der Uniformpflicht und eine „allgegenwärtige Disziplin“ herrschten. Hinzu kam das Erlernen einer ihr unbekannten Sprache.

Beratungsstellen helfen bei der Organisation

Sich auf solche Erfahrungen und eine völlig neue Kultur einzulassen, erfordert viel Offenheit und Flexibilität. „Man sollte sich fragen, ob man sich bestimmten Regeln und Gesetzen anpassen kann“, gibt Beraterin Dinter zu bedenken. Austauschschülerin Reyer hatte die Umstellung offenbar gut gemeistert. „Ich könnte mich mittlerweile auf keiner anderen Schule der Welt wohler fühlen“, schrieb sie in ihrem Bericht. Dabei erhielt sie Hilfe von Lehrern wie Mitschülern und erlebte mit ihrer Gastfamilie eine „kulturelle und kulinarische Entdeckungsreise“.

Nach dem Durchforsten von Erfahrungsberichten kämen Beratungsstellen ins Spiel. „Möchte man sich um ein bestimmtes Programm oder Stipendien bewerben, sind zum Teil Fristen mit einer sehr langen Vorlaufzeit einzuhalten“, weiß Dinter. Weltweiser selbst arbeitet mit etwa 100 Austauschorganisationen zusammen, die Jugendliche vor Ort betreuen. „Grundsätzlich raten wir davon ab, einen Schüleraustausch auf eigene Faust zu organisieren, insbesondere bei Überseeprogrammen“, sagt die Expertin. Visum, Krankenversicherung, Impfungen – vieles kann dabei vergessen werden. Auf den kostenfreien Jugendbildungsmessen, die bundesweit 54 Mal im Jahr stattfinden (die kommenden Termine in Berlin sind am 7. März und am 13. Juni), können sich Jugendliche und Eltern unverbindlich über Programme und Stipendien informieren. „Bei der Fülle an Organisationen hilft oft ein persönliches Gespräch, gerade im digitalen Zeitalter“, sagt Dinter.

Warum lohnt es sich, nach Chile oder Japan zu gehen?

Der persönliche Kontakt kann letztendlich den Blick für neue Möglichkeiten öffnen. „Warum ich ausgerechnet für zwei Jahre nach Bosnien und Herzegowina gehen wollte und nicht in die USA oder nach Frankreich, konnte sich niemand so wirklich erklären“, berichtet die 19-jährige Rena Hänel. Denn tatsächlich sind die englischsprachigen Gastländer USA, Kanada und Neuseeland am populärsten. Doch warum lohnt es sich, nach Chile oder Japan zu gehen? „Sprachliche Kompetenzen aufzubauen, die nicht jeder hat, kann für das Berufsleben nur von Vorteil sein“, findet Dinter. Nicht ein Austauschschüler unter hundert anderen zu sein, erhöhe außerdem die Chance, mit Einheimischen in Kontakt zu kommen. Schulaufenthalte in Tokio oder Kyoto vermittelt etwa das GLS Sprachzentrum in Berlin.

Vergleichsweise gering ist der Anteil von Jugendlichen, die an einer Privatschule oder einem Internat ihren Auslandsaufenthalt verbringen. Im Schuljahr 2017/18 waren es laut Weltweiser insgesamt 2703 Schüler. Das liege vor allem am Preisunterschied, bestätigt Dinter. Ein Jahr an einer Privatschule koste ab 15 000 Euro aufwärts. Für den Aufenthalt an einem privaten Internat muss man 30 000 bis 60 000 Euro bezahlen.

Wenn die Beratungsstelle ausgewählt und die Finanzierung geklärt sind, kann das Fernweh gestillt werden. Spätestens dann sollten auch Eltern loslassen und keine langen Wunschlisten für die Gastfamilie aufstellen.

Zur Startseite