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Privatschulen in Berlin: Tipps zum Wechsel in die Sekundarstufe

Bei Berlins freien Trägern sind die Plätze für die weiterführende Schule meist schon vergeben. Doch es gibt noch Chancen.

Kann man ein glückliches Leben auch ohne Abitur führen? Es klingt irrwitzig, aber der Gedanke beschäftigt längst nicht nur Heranwachsende, sondern bereits sogar Elfjährige. „Der Druck, der auf den Kindern lastet, ist enorm“, sagt Carmen Urrutia, Geschäftsführerin der Pankower SchuleEins – und berichtet von Fünftklässlern, die unter dem Notenwahn an öffentlichen Schulen leiden.

In den kommenden Tagen wird das Thema sicher auch Eltern umtreiben: Im Februar läuft die offizielle Anmeldefrist für die weiterführenden Schulen. Für viele, die jetzt Halbjahreszeugnis und Förderprognose in der Hand halten, ist das eine aufreibende Zeit, denn die Einschreibungen an staatlichen Gymnasien sind zum strategischen Alptraum geworden – besonders in kinderreichen Bezirken in Berlin. Wer den gewünschten Platz nicht bekommt, muss im schlimmsten Fall eine unbeliebte Sekundarschule und weite Wege in Kauf nehmen. Zwar wurden im vergangenen Jahr mehr als tausend neue Schulplätze für Berlins Siebtklässler geschaffen, die Spielräume bleiben weiterhin begrenzt.

Freie Träger sind nicht an die Fristen gebunden

Viele Familien machen sich deshalb auf die Suche nach einer Alternative. „Da sind wir als Schule in freier Trägerschaft natürlich gefragt“, sagt Carmen Urrutia, die seit einigen Jahren eine interessante Tendenz beobachtet. „Eltern kommen zu uns mit ihren Kindern verstärkt in die vierte und fünfte Klasse, um das spätere Anmeldetheater zu vermeiden und sich einen Platz zu sichern“. Denn SchuleEins ist eine Gemeinschaftsschule, hier wird durchgängig von der ersten bis zur 13. Klasse gelernt. Rund 600 Kinder und Jugendliche besuchen sie mittlerweile. Die Oberstufe ist aktuell zweizügig.

„Wir könnten eine zusätzliche siebte Klasse aufnehmen, aber wir brauchen Räume“, sagt Urrutia. Die Verhandlungen mit dem Bezirk laufen seit Oktober. Der Erfolg hänge vom guten Willen ab. Für die Anmeldungen von Sechstklässlern ist es an der SchuleEins zwar grundsätzlich schon zu spät. „Alle Plätze in der Sekundarstufe sind vergeben“, sagt Schulleiter David Oels. Bewerben können sich Familien aber trotzdem. „Die Kündigungsfristen enden bei uns im April. Sollten Plätze frei werden, können wir schnell handeln.“ Sein Rat an besorgte Eltern: Ein bisschen entspannter sein und ihrem Kind vertrauen.

Auch wenn die Aufnahmekapazitäten an vielen freien Schulen bereits ausgeschöpft sind: Es gibt vereinzelt durchaus noch Optionen. „Die freien Träger sind nicht so strikt an die Fristen gebunden wie öffentliche Schulen“, sagt Kathrin von Holst vom Privatschulverband VDP in Berlin. Zudem hat jede Privatschule eigene Auswahlverfahren. Die Flexibilität ist ein großer Vorteil. Doch den genauen Überblick zu bekommen, ist schwieriger als gedacht. Nicht zuletzt deshalb, weil das Angebot an freien Schulen mit ihren unterschiedlichen pädagogischen Konzepten so vielfältig ist – und stetig wächst. Je nach Einrichtung gibt es musikalische, sprachliche, künstlerische und sportliche Schwerpunkte. Von Holst empfiehlt Eltern, die passende Schule am besten direkt zu kontaktieren.

Pandemie erschwert die Orientierung

Gerade das erschwert aber die Corona-Pandemie immens. Durch Schulschließungen sind die Sekretariate nicht durchgängig besetzt. Die üblichen Ortsbesuche, Infoabende und Tage der offenen Tür sind im Lockdown nicht möglich. Um ratlosen Eltern und ihren Kindern entgegenzukommen, haben freie Schulen digitale Formate umgesetzt. Vielerorts werden Info-Veranstaltungen und Vorgespräche ins Netz verlegt und per Videokonferenz und Live-Chat abgehalten.

Manche Träger bieten virtuelle Besichtigungen an. Zum Beispiel die Schulstiftung der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO), die kurzfristig ein besonders kreatives Projekt auf die Beine stellte: 3-D-Rundgänge im Netz. „Ein Immobilienfotograf hat die Gebäude mit einer 360-Grad-Kamera abgelichtet“, erzählt Stiftungssprecherin Christina Reiche. Das Modell wurde anschließend von Lehrern, Schülern und Eltern mit zusätzlichen Inhalten bespielt. „Es sind echte Räume, keine Animation“, sagt Reiche. So können Besucher jederzeit bequem von der Couch aus die Schule erkunden, sich durch Flure und Klassenzimmer klicken, an einzelnen Stellen Videos, Bilder und Texte ansehen – und sich dadurch einen lebendigen Eindruck machen. Aktuell sind Schulen in Köpenick, Steglitz, Neukölln, Schwedt und Wriezen dabei. Weitere sollten demnächst nachziehen.

Vereinzelt noch Plätze frei

Ein genauer Blick lohnt sich allemal, denn an einigen Evangelischen Schulen gibt es noch gute Chancen auf einen Platz. Die beiden Gymnasien Köpenick und zum Grauen Kloster etwa nehmen Kinder in die fünfte Klasse auf. In Köpenick können auch Sechstklässler ihr Glück versuchen. Freie Plätze in der Jahrgangsstufe sieben bieten außerdem die Evangelische Schule Charlottenburg und Berlin Zentrum (ESBZ). Ab dem kommenden Schuljahr eröffnet zudem die Evangelische Schule in Spandau eine neue gymnasiale Oberstufe – auch hier kann man sich anmelden. Ebenso freut sich die Evangelische Schule Neukölln über weitere Bewerbende.

Wer sich eher eine reformpädagogische als konfessionelle Ausrichtung wünscht, kann sich etwa bei den Waldorfschulen in Berlin umschauen. Für das kommende Schuljahr dürften dort Termine im Prinzip noch möglich sein, sagt deren bildungspolitische Sprecher Detlef Hardorp. Viele Schulen hätten riesige Wartelisten und doppelt so viele Anmeldungen. Dennoch gäbe es immer wieder eine Lücke in der Klasse, weil Schüler wegziehen. „Das kann sich von Woche zu Woche ändern“, sagt Hardorp und empfiehlt deshalb telefonische Anfragen.

Die Möglichkeit der Warteliste nutzen

Sind an der Wunschschule keine Plätze mehr frei, sollten Eltern sich nicht gleich entmutigen lassen, rät Stephanie Leyser, Geschäftsführerin der Moserschule, ein privates deutsch-französisches Gymnasium in Berlin. Auch hier seien die Verträge für das kommende Schuljahr bereits unterschrieben. Durch Corona würden aber zusätzliche Veränderungen stattfinden. „Wir stellen fest, dass Familien beruflich kurzfristig umziehen müssen, weil Firmen ihren Sitz verlegen“, erzählt sie. Daher legt sie Eltern dringend ans Herz, sich auf die Warteliste schreiben zu lassen. „Das macht wirklich Sinn.“

Grundsätzlich ist es angebracht, sich frühzeitig mit der Schulwahl zu befassen. „Vor allem jetzt ist das Bedürfnis nach Planbarkeit groß“, sagt Leyser. Gebe ich mein Kind ab der fünften oder erst ab der siebten Klasse in die nächste Schule? Das müsse wohlüberlegt sein. Bei der Entscheidung könnten Gespräche mit Freunden helfen. Wo schickt ihr eure Kinder hin? Was zeichnet die Schule aus? „Die persönliche Empfehlung ist immer noch sehr viel wert“, sagt Leyser.

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