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Zwei Kinder in einer Berliner Kita. In vielen Einrichtungen fehlen Erzieherinnen und Erzieher.

© Kitty Kleist-Heinrich

Pädagogen-Mangel in Berlin: Scheeres senkt Anforderungen an Kita-Personal

Berlin braucht mehr Personal für die Kitas und Schulen. Eine neue Werbekampagne sowie Abstriche bei den Berufsanforderungen sollen den Mangel an Lehrern und Erziehern dämpfen.

Not macht erfinderisch – aber auch anspruchsloser, wie aktuelle Entscheidungen von Jugendsenatorin Sandra Scheeres (SPD) offenbaren: Die Anforderungen an das Kita-Personal werden drastisch gesenkt. Dies machte die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) am Montag öffentlich. Demnach darf es sich ab 1. Mai bei jedem dritten Mitarbeiter um eine nicht ausgebildete Kraft handeln. Bislang lag die Quote bei 25 Prozent. Gleichzeitig startet eine große Werbekampagne, um den Mangel an Erziehern und Lehrern zu senken.

Sozialassistenten werden als volle Kräfte angerechnet

„Anstatt Anreize für zusätzliche Fachkräfte zu schaffen, werden die Kindertagesstätten für weitere Nichtfachkräfte geöffnet“, kritisiert GEW-Chefin Doreen Siebernik. Sie bemängelt insbesondere, dass Sozialassistenten künftig voll auf den Personalschlüssel angerechnet werden, sofern sie sich verpflichten, innerhalb von zwei Jahren mit einer Erzieherausbildung zu beginnen.

Bislang waren Sozialassistenten vor allem als Ersatzkräfte im Einsatz. Scheeres reagiert mit der Senkung der Anforderungen auf den Erziehermangel. Wie berichtet, konnten zuletzt schätzungsweise über 2000 Kita-Plätze nicht belegt werden, weil Einrichtungen nicht genügend Personal finden konnten. Jugendstadträte kündigten gegenüber dem Tagesspiegel an, dass sie mit Elternklagen rechnen, wenn ihr Anspruch auf einen Kitaplatz nicht erfüllt wird. Bis 2020 werden laut Jugendverwaltung rund 4800 zusätzliche Fachkräfte gebraucht. Zu der GEW-Forderung „Anreize für zusätzliche Fachkräfte zu schaffen“, hieß es, die Verwaltung prüfe, „wie innerhalb der derzeitigen tarifrechtlichen Möglichkeiten die Bezahlung der Erzieher verbessert werden kann“.

Mit Sprüchen wie diesem wirbt die Senatsverwaltung um Lehrer und Erzieher.
Mit Sprüchen wie diesem wirbt die Senatsverwaltung um Lehrer und Erzieher.

© Senatsverwaltung für Bildung, Jugend, Familie

Die Lage in den Lehrerzimmern ist nicht besser. Darum hat sich Scheeres zu einer kombinierten Kampagne entschlossen. Aufrufe wie „Du hast unseren Kindern gerade noch gefehlt!“ oder „Nu mach ma hinne. Bewirb Dich schnell“, werden auf 80 000 Postkarten gedruckt und an 700 Orten verteilt – „Kneipen, Kinos, Szenetreffs, Jugendberufsagenturen und Jugendbildungsstätten“, sagte Scheeres’ Sprecherin Beate Stoffers dem Tagesspiegel. Zudem werden in 13 Online-Portalen und Newslettern Anzeigen geschaltet, darunter im Tagesspiegel-Checkpoint, sowie 500 Plakate aufgehängt und Anzeigen in Fachmagazinen und überregionalen Zeitungen geschaltet. Zudem werden diese Woche in anderen deutschen Städten Auszubildende und Lehramtsstudierende über den kommenden Berlin-Tag am 6. Mai informiert, bei dem Schulen und Kitas im Ludwig-Erhard-Haus gezielt um Personal werben. Die Bewerbungsfrist für Lehrer, die zum Sommer anfangen wollen, sei bis zum 10. Mai verlängert worden, sagte Stoffers.

Auch in Großbritannien wurden um Lehrer für Berlin geworben

Auch außerhalb Deutschlands wurde erneut um Lehrer geworben. Diesmal in Großbritannien, um hochqualifizierte Englischlehrer für die bilingualen Schulen zu finden. „Unser Inserat war recht erfolgreich“, teilte Stoffers auf Anfrage mit. Beim Staatlichen Europaschulzweig des Schiller-Gymnasiums seien demnach „rund 80 Bewerbungen“ eingetroffen. Scheeres lasse prüfen, „inwiefern die vorliegenden Bewerbungen auch für andere Schulen infrage kommen“.

Zu den geplanten Abstrichen bei den Anforderungen an die Kita-Beschäftigten sagte Siebernik, die Neuregelung drohe die Qualität der Bildungsarbeit an den Kitas zu verschlechtern. Zudem bedeute die hohe Zahl an Quereinsteigern erneut eine Mehrbelastung für die ausgebildeten Erzieherinnen, die die Quereinsteigerinnen anleiten müssten.

Scheeres rechtfertigte die Entscheidungen: „Wir wollen mit den neuen Regeln verhindern, dass Kita-Plätze gar nicht erst angeboten werden, weil Erzieher fehlen. Gleichzeitig sorgen wir dafür, dass die hohe Qualität der Kita-Betreuung in Berlin erhalten bleibt.“ Auch vonseiten der Träger sei dieser Schritt begrüßt worden. Zur Anleitung von Quereinsteigern würden denjenigen, die sich um sie kümmern, zusätzliche Anleitungsstunden angerechnet.

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Mehr zum Personalmangel im öffentlichen Dienst lesen Sie hier.

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