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Detlef Pawolleks frühere Neuköllner Hauptschule wurde 2010 mit einer Realschule zur Sekundarschule fusioniert. Jetzt unterschrieb er erstmals Abiturzeugnisse.

© Thilo Rückeis

Neue Verbundoberschulen in Berlin: „Wir sprudeln vor Begeisterung“

Im Jahr 2016 starteten die ersten Berliner Verbundoberschulen. Jetzt feiern sie ihre Abitur-Premiere.

Es ist ein ganz besonderes Experiment, dessen erster Durchgang jetzt beendet wurde: Berlins erste Verbundoberschulen sind am Ziel.

Angefangen hatte alles im Jahr 2015 damit, dass mehr Sekundarschulen als bisher ihren Schülern den direkten Weg zum Abitur anbieten wollten, anstatt sich nach der zehnten Klasse von ihnen verabschieden zu müssen. Dahinter steckte auch die Hoffnung, mehr bildungsinteressierte Familien ansprechen zu können. Eines der Hauptprobleme auf diesem Weg bestand darin, dass es an etlichen Standorten zu wenige Schüler gibt, die leistungsstark genug sind, um den Aufbau eines umfangreichen Kurssystems zu rechtfertigen. So entwickelte der langjährige Leiter der Schöneberger Sophie-Scholl-Schule, Klaus Brunswicker, die Idee der Verbundoberschulen: Jeweils zwei Schulen tun sich zusammen, um ihre Schülerinnen und Schüler gemeinsam zum Abitur zu führen. Jetzt ist es erstmals soweit.

„Wir sprudeln vor Begeisterung“, lautet die spontane erste Reaktion von Sabine Scholze, die die Grünauer Gemeinschaftsschule leitet: Am Dienstag wird der erste gemeinsame Abiball zusammen mit der Schule an der Dahme gefeiert.

„Man merkt nach kurzer Zeit nicht mehr, wer von welcher Schule kommt“, hat Scholze festgestellt. Das liege sicherlich auch an den jungen Kollegien beider Schulen, für die das Verbundmodell von Anfang an dazugehörte. Die Oberstufe selbst ist an der Grünauer Gemeinschaftsschule untergebracht, wo die Schüler beider Einrichtungen gleich in der elften Klassen gemischt werden. „Das wächst zusammen“, freut sich Scholze. Im ersten Jahrgang kamen zwar nur acht der 48 jetzigen Abiturienten von der Dahme-Schule, aber schon im nächsten Jahrgang werde das Verhältnis ausgeglichener sein, erwartet Scholze.

„So ein Verbund ist kein Selbstläufer“

Ebenso wie die Schule an der Dahme, die vor der Sekundarschulreform eine integrierte Haupt- und Realschule war, hat auch die Röntgen-Schule einen weiten Weg zurückgelegt, bevor sie jetzt ihre ersten eigenen Abiturienten zum Ziel führte: Die Röntgen-Realschule war 2009 mit der Kurt-Löwenstein-Hauptschule zur Sekundarschule fusioniert worden. Röntgen-Leiter Detlef Pawollek kam 2005/06 an die Neuköllner Löwenstein-Schule: Es war das Schuljahr, in dem die Rütli-Hauptschule ihren Brandbrief schrieb. Damals schien der Weg zum Abitur für diese Neuköllner Schülerschaft unpassierbar. Ganz leicht ist es noch immer nicht: Von den zunächst 25 Elftklässlern der Röntgen-Schule halten jetzt nur acht ihr Abi-Zeugnis in Händen – Seite an Seite mit rund 30 Absolventen der Sophie-Brahe-Gemeinschaftsschule, die mit der Röntgen-Schule einen Verbund eingegangen ist.

„So ein Verbund ist kein Selbstläufer“, betont Pawollek. Seine Schule, die an der Grenze zwischen Neukölln und Treptow liegt, steht in direkter Konkurrenz zu drei umliegenden Gymnasien, so dass die meisten leistungsfähigeren Schüler aus der Gegend gar nicht an der Röntgen-Schule ankommen. Aber der Verbund ist ein Anfang, und Pawollek freute sich bereits auf die Abiturfeier am Sonnabend in der Alten Försterei.

„Am Ende können wir stolz sein“, lautet die Bilanz von Christine Urbanz, der Oberstufenkoordinatorin der Sophie-Brahe-Schule. Zwar sei der Verbund „noch lange nicht am Ziel“, aber die Schüler seien ohne Frage „miteinander gewachsen“.

Viel Unterstützung von der Senatsverwaltung

Einen ganz besonderen Verbund sind in Pankow die Wilhelm-von-Humboldt-Gemeinschaftsschule und das berufliche Oberstufenzentrum Elinor Ostrom eingegangen. „Unheimlich spannend“ sei das, berichtet Judith Bauch, die Leiterin der Humboldt-Schule, die Seite an Seite mit der Ostrom-Leiterin Kletke Möckelmann den Verbund durchgesetzt hatte und dabei „viel Unterstützung von der Senatsverwaltung für Bildung bekam“, wie Bauch betont. Längst hat sich die gute Symbiose der Schulen herumgesprochen, so dass die Oberstufe zum neuen Jahr bereits übernachgefragt ist. „Was zählt, ist die Potentialentfaltung des Einzelnen“, beschreibt Judith Bauch das Ziel des gemeinsamen Engagement.

Was die Freude trübt, ist allerdings die Verzögerung bei der Sanierung des Gebäudes, in das die gemeinsame Verbundoberstufe eigentlich schon 2017 einziehen sollte – und das zum Ferienende noch immer nicht fertig ist. Am Donnerstag wurde demonstriert – natürlich gemeinsam.

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