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Internationales Abitur in Berlin: Unterwegs nach Harvard

Das Internationale Abitur wurde dieses Jahr zum 20. Mal in Berlin vergeben. Ein Blick zurück in Dahlem.

Wenn die schwarzen viereckigen Hüte der Absolventinnen und Absolventen zum 20. Mal in die Luft fliegen – das ist schon was für eine Schule. Zumal dann, wenn es sich um die Schule handelt, die in Berlin erstmals überhaupt zum Internationalen Abitur führte. Die Rede ist von der Berlin International School (B.I.S.) in Dahlem, die es mobilen Familien seit ihrer Gründung im Jahr 1998 leichter machte, im damals frisch gebackenen Regierungssitz Fuß zu fassen: 1999 zogen Parlament und Regierung vom Rhein an die Spree.

Es war tatsächlich Neuland, das Schulgründer Horst Seidel betrat: Weltweit mussten von Berlin aus Lehr- und Leitungskräfte gesucht und mit ihnen das Experiment gewagt werden, denn die internationalen Schulen aus Bonn wollten nicht nach Berlin umziehen, erinnert sich der langjährige B.I.S.-Geschäftsführer Andreas Wegener. Daher sei der Bedarf in Berlin groß gewesen – so groß, dass das Auswärtige Amt gegenüber der Senatskanzlei Druck machte. Das wirkte: Die Bildungsverwaltung bat Seidel, der bereits seit Jahrzehnten in Berlin die Privaten Kant-Schulen mit bilingualen Angeboten betrieb, eine weitere Schule zu gründen, die zu internationalen Abschlüssen führte: Vier Monate später wurde Eröffnung gefeiert.

Überall in der Welt anschlussfähig

Seit 1998 sind weitere Schulen hinzugekommen, die zum International Baccalaureate Diplomprogramm (IBDP) führen, darunter die Staatliche Nelson-Mandela- Schule sowie die Berlin Cosmopolitan, Berlin Metropolitan und die Berlin Britisch School. „Die Schulen müssen ein Curriculum entwickeln, das überall in der Welt anschlussfähig ist“, beschreibt Wegener die Herausforderung, vor der die internationalen Einrichtungen stehen. Dieses Jahr waren es allein an der B.I.S. fast 60 sogenannte Graduates aus über 30 Nationen, die das IB mit nach Hause nehmen konnten, das bei entsprechender Kurswahl dem Abitur gleichgestellt ist.

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In den vergangenen Jahren lag die Quote der bestandenen Prüfungen bei 98 Prozent. Zudem waren die Ergebnisse so gut, dass viele Absolvent:innen selbst für Harvard und Yale genug Punkte gehabt hätten.

[Lesen Sie auch den Tagesspiegel-Plus-Artikel:Mal sind wir die Privaten, mal die Elitären“: Wie Berlin seine internationalen Schulen bekam“]

Berliner Schülerin erhält ein US-Stipendium

Es gibt aber nicht nur die beachtlichen Noten, sondern auch individuelle Erfolgserlebnisse. Ein ganz besonderes hatte die diesjährige Gewinnerin des Kant-Preises, einer Auszeichnung, die die Stiftung Private Kant-Schulen für exzellente Arbeiten verleiht. Kinza Hasan habe sich im Wettbewerb um ein Stipendium der University of Michigan gegen 53 000 Mitbewerberinnen und Mitbewerber durchsetzen können und eines der nur fünf Stipendien erhalten, berichtet die Schule.

[Lesen Sie zum Thema Abitur auf Tagesspiegel-Plus: „Nach fünf Jahren in Berlin Stufenbeste: Die Überfliegerin aus Aleppo“]

Das gelang Kinza Hasan dank einer Abhandlung, die sie – wie all ihre Mitschülerinnen und Mitschüler – zu einem frei gewählten Thema vorlegen musste. Die Abhandlung trug den Titel „Analyzing the General Experiment with Galileo Satelites 5&6“. Darin habe sie die Abweichungen der Flugbahnen der Galileo-Satelliten genutzt, um nachzurechnen, ob die Relativitätstheorie von Albert Einstein zu widerlegen ist, berichtete die Schule am selben Tag.

In den vier Schulen der Stiftung Private Kant-Schulen qualifizierten sich in diesem Jahr insgesamt 140 Absolventinnen und Absolventen für den Hochschulzugang. Das bedeutet, dass neben den 60 IB-Diplomen an der B.I.S. noch 80 reguläre Abiture an den anderen Kant-Schulen vergeben wurden.

Was die wenigsten dieser erfolgreichen Abgänger übrigens wissen dürften: Die Geschichte ihrer Schulen begann mit einem Nachhilfeinstitut, das Horst Seidel vor über 60 Jahren gründete. Kürzlich feierte er mit etlichen der über 2000 Schüler seinen 90. Geburtstag.

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