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Interaktiv. Eine Schülerin beim Talente- Check.

© IHK Berlin

„Etwas Knalliges für die jungen Menschen“: Achtklässler lernen Berufsorientierung mit Computer, Affen und Bananen

Beim neuen „Talente Check“ können Achtklässler herausfinden, wo ihre Stärken liegen. Das Angebot gilt für alle Schulen. Das Projekt ist bundesweit einmalig.

Sphärische Musik perlt aus Lautsprechern, Spotlights leuchten einen schwarzen Raum aus, und Tala leistet Feinarbeit. Langsam, hochkonzentriert schiebt sie einen Stahlring durch ein verschnörkeltes Gestänge. Der Ring darf das Gestänge nicht berühren, gibt es doch einen Kontakt, leuchtet auf einer Konsole ein rotes Licht auf. Jedes rote Licht bedeutet einen Punktabzug, maximal sind 50 Punkte erreichbar. Tala, die 14-Jährige, kommt auf 35 Punkte. Nicht schlecht, motorisch ist sie also ganz gut. Eine von vielen Erkenntnissen für die 14-Jährige.

Die Schülerin der Hedwig-Dohm-Oberschule, einer Integrierten Sekundarschule, ist Teil eines neues Projekts. Und das Projekt heißt so wie der schwarze Raum, in dem sie mit zwei Mitschülerinnen steht: „Talente Check“.

Schülern aller achten Klassen die Berufsorientierung erleichtern, das ist die nüchterne Beschreibung des Projekts. Aber so etwas klingt natürlich fürchterlich altmodisch. „Wir wollen etwas Knalliges für die jungen Menschen“, hat Sandra Scheeres (SPD), die Bildungssenatorin, eine Stunde zuvor im Empfangsraum der früheren Arbeitsagentur Nord in Charlottenburg gesagt.

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Sie stellte das Projekt vor, ein bundesweit einmaliges Angebot, organisiert von der Senatsbildungsverwaltung, der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Agentur für Arbeit und der Industrie- und Handelskammer. (IHK). Ab sofort können alle Schulen das Angebot nutzen.

Das Knallige ist die Form der Beratung zur Berufsorientierung. Willkommen in der digitalen Welt, in der Welt der Jugendlichen, die mit Flyern, Broschüren und belehrenden Gesprächen nichts anfangen können. Beim Talente-Check tauchen sie ein in diese digitale Welt, und am Ende wissen sie etwas mehr über sich und ihre Fähigkeiten. „Hier sind die jungen Menschen die Stars“, erklärt Scheeres.

Berufswahl-Test und Experimente

Mehrere Stunden insgesamt dauert die Orientierungsphase, wissenschaftlich begleitet. Teil eins ist ein umfangreicher Berufswahl-Test, Teil zwei sind die Experimente im Talente-Check, das sind digitale Prüfungen mit Spaß- und Wettbewerbs-Charakter.

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Beim Berufswahltest werden kognitive Fähigkeiten ermittelt, es gibt Denksport- und Rechenaufgaben, berufliche Interessen werden abgefragt, jeder Schüler schätzt seine eigenen Fähigkeiten ein. Eine Aufgabe, Thema: „Mechanische Zusammenhänge erkennen“, lautet: „Du siehst hier verschiedene Zahnräder, die ineinander greifen. Das erste dreht sich nach links. In welche Richtung dreht sich das letzte?“ Oder ein Schüler muss eine Zahlenreihe fortsetzen.

Nach ungefähr zweieinhalb Stunden beim Berufswahltest erhalten die Schüler Vorschläge für eine Berufspalette, die für sie in Frage kommen könnte. Aber alles ist unverbindlich, niemand wird hier auf etwas festgelegt. Zudem ist alles freiwillig, niemand muss zum „Talente Check“.

Für hungrigen Affen den Weg zur Banane programmieren

Allerdings ist schwer vorstellbar, dass es viele Achtklässler gibt, die die digitalen Tests nicht reizen. Sechs verschiedene Aufgaben gibt es. Beim sogenannten Robo-Check möchte ein hungriger Affe zu seiner Banane. Also muss ihm ein Schüler den Weg dahin programmieren.

Beim Schnelligkeitstest stehen die Schüler vor einer Wand mit verschiedenen Flächen. Jedes Mal wenn eine der Flächen aufleuchtet, muss sie schnellstmöglich berührt werden. Ein gutes Gedächtnis ist beim Memory-Check wichtig. Über Kopfhörer erhalten die Schüler eine Sprachnachricht mit vielen Details. Am Ende prasseln Fragen auf sie ein. Je mehr Details ein Schüler richtig aufzählen kann, desto größer die Punktzahl. Und natürlich geht es auch um Geschicklichkeit. Der Test an dem Gestänge, an dem Tala immerhin 35 Punkte erzielt.

An diesem Tag sind nur drei Schülerinnen beim Test, es ist ja auch nur der Tag der Demonstration. Normalerweise können bis zu 32 Schüler den Talente-Check gleichzeitig absolvieren. Rund 30.000 Achtklässler gibt es in Berlin. Das Angebot gilt für alle Schulformen.

Showroom im Pop-Art-Stil

Die achten Klassen sind aus einem schlichten Grund die Zielgruppe: In der neunten Klasse absolvieren die Schüler ein Berufspraktikum. Der Talente-Check soll jeden Schüler bei der Wahl seines Praktikums schon in die jeweils vielversprechendste Richtung lenken.

Und weil auch die IHK und die Handwerkskammer an dem Projekt beteiligt sind, gibt es neben dem Talente-Check einen Showroom, der aussieht, als hätte ein Pop-Art-Künstler Hand angelegt. Thema ist die duale Ausbildung, hier erhalten die Schüler Informationen über verschiedene Berufszweige.

Natürlich auch mit digitalen Spielereien. Handbewegungen lenken die Signale auf einem Bildschirm. Je nach Geste stößt man zur gewünschten Berufsgruppe. Nach dem Berufswahltest, den alle Schüler gleichzeitig absolvieren, trennen sich die Achtklässler in zwei Teile. Gruppe eins übt im Talente-Check, Gruppe zwei steht im Showroom. Dann wird gewechselt.

Dass Infos zur dualen Ausbildung durchaus hilfreich sein können, beweist ein Video, das im Showroom abgespielt wird. Ältere Jugendliche sollen sagen, was „duale Ausbildung“ ist. Ein Schüler legt die Stirn in Falten und erklärt: „Das bedeutet, dass zwei Menschen zusammen eine Ausbildung machen.“

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