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Ursula Sarrazin

© dpa

Der letzte Pausengong: Ursula Sarrazins Lehrer-Laufbahn ist zu Ende

In gegenseitiger Sprachlosigkeit endet Ursula Sarrazins Laufbahn als Lehrerin. Ob sie ein Buch schreiben wird, lässt sie offen.

Ihr Rad stand vor der Schultür wie immer, aber mit dieser Normalität ist es jetzt vorbei: Für Ursula Sarrazin war Dienstag der definitiv letzte Schultag nach 38 Jahren als Lehrerin. Über ihren Abgang reden möchte sie nicht mehr: „In der Sache habe ich alles gesagt, was ich dazu für die Öffentlichkeit sagen möchte“, hatte sie schon vorab per Mail mitgeteilt.

Auch die Kollegen wollen nicht reden. Es scheint, als hätten die vielen anwaltlichen Schreiben aus dem Hause Sarrazin ihre Wirkung voll entfaltet. Zu erfahren ist lediglich, dass die ausscheidenden Lehrer zusammen mit den Sechstklässlern am Vortag verabschiedet wurden. Aber auch das ist nur im Flüsterton zu vernehmen.

Nur auf dem Bürgersteig vor der Reinhold-Otto-Grundschule in Westend wird es lebhafter. Da stehen Väter mit ihren Kindern und machen aus ihrer Erleichterung keinen Hehl: „Wenn Frau Sarrazin an der Schule bliebe, würde ich mein Kind hier nicht anmelden“, heißt es übereinstimmend. Sie berichten von Freunden, die ihr Kind wegen des Umgangstons der gefürchteten Lehrerin aus der Schule genommen hätten. „Sie haben es dann auf die Charles-Dickens-Grundschule gebracht“, sagt ein Vater.

Sie alle haben viel über Frau Sarrazin in der Zeitung und in Internetforen gelesen. Darum wissen sie, dass es schon in den Neunzigerjahren in Laubenheim bei Mainz Probleme gab, weil Kinder Angst vor Ursula Sarrazin hatten. Dass es schon damals Eltern gab, die ihr Kind aus ihrer Klasse nehmen wollten. Dass diese Probleme in Berlin noch größer wurden und sich an der Reinfelder Schule in Westend sogar ein Großteil ihrer Klasse aus Protest von der Schule abmeldete – bis zugesichert wurde, dass die Klasse eine andere Lehrerin bekommen werde.

Das war vor rund zehn Jahren. Damals entschied Sarrazin, von sich aus die Schule zu wechseln, was sie im Nachhinein bedauerte. Alle anderen Auseinandersetzungen mit Eltern spielten sich dann an der Reinhold-Otto-Grundschule ab. Von dort aus fanden sie den Weg in die Öffentlichkeit – erst 2008, dann wieder im Winter 2011.

Schulleiter Joachim Syska wollte über all das nie sprechen. Hat beharrlich geschwiegen, auch als die Wogen immer höher schlugen. Auch als es rechte Hetze gegen seine Schule im Internet gab, weil Frau Sarrazin alle Schuld an den Auseinandersetzungen "zwei bis drei Eltern türkischer Kinder" gab.

Am letzten Schultag lässt Syska sich ebenfalls nichts anmerken. Auch nicht davon, dass er zu denen gehört, gegen die Frau Sarrazin eine Dienstaufsichtsbeschwerde loszutreten versucht hatte. Syska schaut nach vorn. Während er über den sonnigen Schulhof auf den großen, repräsentativen Altbau seiner Schule zugeht, erzählt er nur, dass er und seine Kollegen für das kommende Schuljahr viel vorhaben, weil die Reinhold-Otto-Grundschule eine Inklusive Schule werden soll. Drinnen wartet bereits eine Mutter auf Syska: Sie will ihren Sohn hierher ummelden, weil sie gehört hat, dass sich Frau Sarrazin bis zur Pensionierung hat beurlauben lassen. Das hatte sie vorher dem Tagesspiegel angekündigt.

Frau Sarrazin lässt unterdessen keinen Zweifel daran, dass sie sich für eine gute Lehrerin hält, die nur wegen ihrer hohen Ansprüche und wegen der umstrittenen Thesen ihres Mannes, des ehemaligen Berliner Finanzsenators Thilo Sarrazin, ins Kreuzfeuer geraten sei. Im übrigen hat sie die Schulverwaltung wegen "Untätigkeit" verklagt, weil die Prüfung der Vorwürfe gegen sie seit Januar andauert. Und noch eines ist von ihr zu hören: „Ob und wann ich meine Erfahrungen zu einem Buch verarbeiten werde, habe ich noch nicht entschieden“, lautet ihre vorerst letzte Ansage.

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