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Ein Referendar, der am Potsdamer Schiller-Gymnasium unterrichtet hat, soll Antisemitismus und Verschwörungstheorien im Internet verbreitet haben.

© dpa

Schule in Potsdam: Lehrer verbreitete antisemitische Tweets und Verschwörungstheorien

Erst ein "Volkslehrer" mit Reichsbürger-Themen in Berlin, nun ein neuer Fall in Potsdam: Ein Lehrer der Verschwörungstheorien twitterte.

Potsdam – Der Fall erinnert an den einen kürzlich in Berlin vom Dienst suspendierten Lehrer. Der 37-Jährige Nikolai N. hatte an der Vineta-Grundschule in Gesundbrunnen unterrichtet. Als selbsternannter „Volkslehrer“ verbreitete er auf YouTube Verschwörungstheorien nach Reichsbürger-Manier. Nach einem Tagesspiegel-Bericht wurde er bis auf Weiteres freigestellt.

Nun gibt es auch Ärger um einen Lehrer in Potsdam. Dort hat bis vor Kurzem am Schiller-Gymnasium ein Lehrer unterrichtet, der im Kurznachrichtendienst Twitter teils antisemitische Verschwörungstheorien veröffentlichte.

Der Mann hat etwa eine Grafik verschickt, die ein Hakenkreuz aus zwei gekreuzten Patronen und den Fahnen Israels, der USA, Großbritanniens und der Nato zeigt. Darüber steht auf Englisch die Überschrift „Die Achse des Bösen“.

Piratenpartei bestätigt Identität von „@PParzival“

Ein anderer Twitter-Nutzer hatte die Potsdamer Stadtverwaltung darauf aufmerksam gemacht, dass es sich bei dem Twitter-User um einen Lehrer des Schiller-Gymnasiums handelte. „Was macht ihr dagegen?“, fragte der Nutzer. Er bekam prompt Antwort: Die Schule sei eine Privatschule. Die Stadt habe nichts damit zu tun. Man verurteile rassistisches und antisemitisches Verhalten.

Fraglich war zunächst, ob der Twitter-Account „@PParzival“ tatsächlich dem Lehrer zugeordnet werden kann. Das aber, seinen vollen bürgerlichen Namen, hat der Twitter-User selbst in einem Retweet verraten. Darüber hinaus bestätigten Kreise der Piratenpartei, wo „@PParzival“ auch aktiv war, seine Identität. Es handelt sich um einen Lehrer, der bis Ende des Schulhalbjahrs Ende Januar am Potsdamer Schiller-Gymnasium als Referendar tätig war.

Wie die „Potsdamer Neuesten Nachrichten“, Schwesterzeitung des „Tagesspiegel“, von der Schulleitung erfuhren, hat der Mann die Schule verlassen. Das habe jedoch ausschließlich mit dem Verlauf seines Referendariats zu tun. Von seinen Aktivitäten auf Twitter habe die Schule nichts gewusst, sagte Schulleiter Andreas Mohry.

Alle drei Minuten ein Tweet 

Auch von seinen antisemitischen Ausfällen auf Twitter sei nichts bekannt, „weder im Kollegium noch im Unterricht“. Das Schiller-Gymnasium distanziere sich von jedweder rassistischen, antisemitischen oder sonstigen Verunglimpfung von Menschen jeder Herkunft und gleich welcher Nation, sagte Schulleiter Mohry.

Rechtlich dagegen ist die Sache schwierig. Denn dienstrechtlich hat auch das Bildungsministerium kaum eine Handhabe. Mitarbeiter an Schulen freier Träger haben – anders als Beamte oder Angestellte an staatlichen Schulen – kein Dienstverhältnis mit dem Land. Erlange man von solchen Aktivitäten Kenntnis, könne man nur an den Träger herantreten und diesen bitten, tätig zu werden, sagte ein Sprecher des Bildungsministeriums.

"Volkslehrer" Nikolai N. wirbt für Fahrt nach Dresden, wo Nazis marschieren

Ob der Mann mittlerweile an einer anderen Schule tätig ist, blieb offen. Fakt ist auch: Nach bisherigem Kenntnisstand sind auch keine strafbaren Inhalte über den Twitter-Account verbreitet worden.

Das allerdings festzustellen, würde einer Mammutaufgabe gleichen: Insgesamt zählt der Account mehr als 500000 Tweets. Das macht im Schnitt seit der Account-Eröffnung 2012: ein Tweet alle drei Minuten. Auch wenn es sich bei den meisten Beiträgen von Parzival lediglich um Retweets anderer Nutzer handelt, dürfte das ein zeitaufwendiges Hobby sein.

Der Berliner „Volkslehrer“ Nikolai N. tut indes alles für seinen Rausschmiss. Die Bildungsverwaltung prüft derzeit arbeitsrechtliche Schritte gegen den 37-Jährigen. Er ist kein Beamter, die Loyalitäts- und Neutralitätspflicht bei Angestellten des öffentlichen Dienstes weniger stark ausgeprägt. Jeglicher Schritt der Bildungsverwaltung kann vor einem Arbeitsgericht landen.

Nikolai N. ruft nun über seinen Youtube-Kanal für Samstag zur Fahrt nach Dresden auf. Für diesen Tag hat der mehrfach wegen Volksverhetzung verurteilte Holocaust-Leugner Gerhard Ittner aus Franken eine Demonstration angemeldet – zum Gedenken an die Bombardierung Dresdens durch die Alliierten 1945.

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