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Die Raumnot zwingt Schulen dazu, ihre Schüler in Provisorien und maroden Klassenzimmern unterzubringen.

© Mike Wolff

Schulbauten in der Hauptstadt: Berlins 40 Jahre alte Schulcontainer werden zum Sicherheitsrisiko

In acht Berliner Bezirken gibt es noch Schulcontainer aus den 70er Jahren. Ihr schlechter baulicher Zustand birgt möglicherweise Gefahren.

Sie sollten 15 Jahre halten, um die Generation der Babyboomer aufzunehmen. Inzwischen stehen sie seit über 40 Jahren und werden zum Risiko: Berlins Mobile Unterrichtsräume (MUR) sind ins Gerede gekommen, seitdem der Bezirk Steglitz-Zehlendorf vor den Herbstferien den Abriss seiner fünf verbliebenen MUR aus Sicherheitsgründen beschlossen hat. Inzwischen steht fest: Rund 30 Container des identischen Bautyps gibt es noch in sieben weiteren Bezirken. Dies belegt eine Übersicht der Senatsverwaltung für Bildung, die dem Tagesspiegel vorliegt.

Demnach ist vor allem Neukölln betroffen: Hier stehen an sechs Schulen insgesamt sieben MUR, die noch in Betrieb sind und gerade durch ein externes Statikbüro untersucht werden. Das Ergebnis stehe noch nicht fest, teilte Bezirkssprecher Christian Berg mit. In Spandau sind es vier, deren Standfestigkeit noch innerhalb des Jahres 2018 geprüft werden soll. In Friedrichshain-Kreuzberg ist der Abbruch der letzten zwei MURs geplant. Charlottenburg-Wilmersdorf ist gerade damit befasst, das Tragwerk seines letzten MUR zu verstärken, weil man noch nicht auf das Gebäude verzichten will.

Eine Frage des Alters - und der Pflege

Auch Steglitz-Zehlendorf hatte bei seinen Raumplanungen bis zuletzt auf die alten mobilen Bauten gesetzt, muss jetzt aber rasch umdisponieren: Bei der Untersuchung eines Trägers vom Typ des besagten 70er-Jahre-Baus stellte sich heraus, dass er komplett marode war: Beim ersten Schneefall würde das zum Risiko, sagte Baustadträtin Maren Schellenberg (Grüne) am Dienstag auf Anfrage: Die Träger seien inzwischen derart schwach, dass man es noch nicht einmal riskieren könne, jemanden zur Schneebeseitigung auf das Dach zu schicken.

Symbol für den Verfall der Steglitz-Zehlendorfer Schulcontainer: Efeu und Knöterich am Mobilen Unterrichtsraum der Alt-Lankwitzer Grundschule. Er bahnte sich auch den Weg nach innen.
Symbol für den Verfall der Steglitz-Zehlendorfer Schulcontainer: Efeu und Knöterich am Mobilen Unterrichtsraum der Alt-Lankwitzer Grundschule. Er bahnte sich auch den Weg nach innen.

© Mike Wolff

Dass die Träger so marode sind, hat aber offenbar nicht nur mit dem Alter der MUR zu tun und nicht nur mit dem Bautyp, sondern auch mit der Pflege, gibt das Hochbauamt von Tempelhof-Schöneberg zu bedenken. Hier gibt es nämlich ebenfalls vier MUR des Bautyps: Der Zustand der Tragkonstruktion sei untersucht worden, teilte das Bauamt mit. Dabei stellten die Fachleute fest, dass in keinem Gebäude an den Trägern solche Schäden wie in Steglitz-Zehlendorf erkennbar waren. „Dies ist dem Umstand geschuldet, dass die Dächer der Gebäude so gepflegt wurden, dass es zu keiner Zeit länger anhaltende Wassereintritte in die Tragkonstruktion gab“, fügt das Bauamt selbstbewusst hinzu. Eine Sperrung der Gebäude sei daher nicht notwendig.

Auch in Reinickendorf gibt es keinen Alarm: Einer der MUR sei bereits saniert, der andere solle „perspektivisch“ sowieso abgerissen werden. Gelassen gibt man sich auch in der Bildungsverwaltung, die für die Berufsschulen zuständig ist: Nachdem die Berliner Immobilienmanagement GmbH die Verantwortung übernommen habe, sei eine „statisch-konstruktive Beurteilung“ erfolgt: „Im Ergebnis wurden keine statischen Bedenken in den MUR durch das beauftragte Büro ermittelt“, teilte Sprecherin Iris Brennberger mit. Da einige Gebäudedokumente gefehlt hätten, seien aus Sicherheitsgründen Stahlwinkel in den Oberstufenzentren in der Dudenstraße und in der Kochstraße nachgerüstet worden. Spätestens für das Jahr 2019 sei eine Wiederholungsprüfung vorgesehen.

Zustand der Mobilbauten ist immer wieder Thema

Ob die MUR in Steglitz-Zehlendorf deshalb so marode sind, weil sie nicht genügend gepflegt wurden, wie der Hinweis aus Tempelhof-Schöneberg nahelegt, konnte Baustadträtin Schellenberg am Dienstag nicht sagen: Sie ist erst seit zwei Jahren im Amt. Einen besseren Einblick in den Umgang mit den MUR haben im Bezirk aber ganze Generationen von Schülern und Elternvertretern: Seit Langem ist der Zustand der Mobilbauten immer wieder Thema – auch im traditionellen „Adventskalender der maroden Schulen“, den die langjährige Bezirkselternsprecherin Daniela von Treuenfels ins Leben rief. Schon vor zehn Jahren wurde dort thematisiert, dass durch die Fugen des MUR in Alt Lankwitz Efeu und Knöterich wuchsen: „Dass dort irgendwann auch Wasser eindringen und die Träger durchfeuchten würde, verwundert hier niemanden mehr“, heißt es aus der Elternschaft.

Es sind denn auch die Eltern, die im Bezirk immer wieder auf die baulichen Zustände hinweisen. Die Proteste des Bezirkselternausschusses - inzwischen mit Ulrike Kipf an der Spitze - trugen vor drei Jahren maßgeblich dazu bei, dass die maroden Schulen wie das Fichtenberg-Gymnasium in den Schlagzeilen blieben, bis der Senat bereit war, einen Gebäudescan anzuregen und schließlich fünf Milliarden Euro an Neubau- und Sanierungskosten zu veranschlagen.

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