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An vielen Berliner Schulen wird derzeit gebaut.

© Kitty Kleist-Heinrich

Schulbauoffensive des Senats: Handwerkskammer: "Berliner Baufirmen werden benachteiligt"

Die Handwerkskammer kritisiert das Vergabeverfahren bei der Schulbauoffensive. Diese könnte deutlich teurer werden, zeige eine Studie.

Die Schulbauoffensive ist das größte Investitionsvorhaben von Rot-Rot-Grün. Mindestens 5,5 Milliarden Euro sollen bis 2026 verbaut werden. Viel Geld also, von dem auch die Berliner Bauwirtschaft profitieren könnte und das zur Schaffung von Arbeitsplätzen in der Region dienen könnte. Doch gerade die kleinen und mittleren Unternehmen würden bei der Auftragsvergabe benachteiligt, sagen Vertreter der Handwerkskammer Berlin und der Fachgemeinschaft Bau Berlin-Brandenburg.

Gestiegene Baukosten

Außerdem werde die Schulbauoffensive voraussichtlich deutlich teurer und auch mehr Zeit beanspruchen. Diese Thesen untermauern Handwerkskammer und Fachgemeinschaft Bau mit einer Studie, die sie beim Unternehmen Regioconsult in Auftrag gegeben haben. Demnach würden statt der vom Senat kommunizierten 5,5 Milliarden Euro, die bis 2026 für Schulneubau und Sanierung bereitstehen, eher 7,9 Milliarden Euro benötigt. Das hänge mit steigenden Baukosten, mit weiteren notwendigen Sanierungen, aber auch mit eingeschränkten Kapazitäten bei den Behörden und den Baufirmen zusammen. Stephan Schwarz, Präsident der Handwerkskammer Berlin, spricht von einer „Milchmädchenrechnung des Senats“.

Allerdings sind die 5,5 Milliarden Euro auch von Senatsseite schon als „nicht in Stein gemeißelt“ bezeichnet worden. Allgemein ist es Konsens, dass 5,5 Milliarden wahrscheinlich nicht reichen werden. Nach Aussage von Bildungsstaatssekretärin Beate Stoffers (SPD) liege die Schulbauoffensive im Zeitplan: "Die Spatenstiche und Richtfeste zeigen sichtbare Ergebnisse. Allein in diesem Jahr entstehen mehrere tausend Schulplätze durch Neubauten, Erweiterungen und Ergänzungsbauten." Sie gehe davon aus, dass "die Kammern fest an unserer Seite stehen und auch die Ergebnisse honorieren“.

Handwerkskammer und Fachgemeinschaft Bau sagen jedoch, dass sich kleinere und mittlere Unternehmen aus der Region deutlich stärker für Aufträge der Schulbauoffensive bewerben würden, wenn die Bedingungen besser wären. Bei der Schulbauoffensive setze der Senat vor allem auf Typenbauten in Serie und auf große Lose, die an Generalunternehmer vergeben werden. Solche Großaufträge seien aber von kleineren und mittleren Betrieben nicht zu stemmen. „In den Ausschreibungen wird beispielsweise teilweise ein Jahresmindestumsatz von 60 Millionen Euro gefordert“, sagt Manja Schreiner, Chefin der Fachgemeinschaft Bau. „Es gibt aber kein regionales Unternehmen, das einen solchen Mindestumsatz hat.“ Bei den Schulneubauten, also Großprojekten, sei kein Unternehmen der Fachgemeinschaft Bau beteiligt.

Mäßiges Interesse an öffentlichen Aufträgen

Nach Angaben der Fachgemeinschaft Bau bewerben sich lediglich 57 Prozent der Berliner Betriebe um öffentliche Aufträge, in Brandenburg etwa seien es mit 69 Prozent deutlich mehr. Die Industrie- und Handelskammer hatte kürzlich mitgeteilt, dass sich sogar 70 Prozent der Berliner Firmen derzeit nicht um öffentliche Aufträge bemühen.

Dass öffentliche Aufträge nicht besonders attraktiv für mittelständische Unternehmen seien, liege auch daran, dass die Vergabevorschriften zu detailliert und kompliziert seien. Es würde beispielsweise gefordert, dass ein Unternehmen einen Frauenförderplan vorlegen könne. Dies sei aber im männerdominierten Hochbau nicht so einfach umzusetzen. Diese Kritik am Vergabeverfahren zielt aber nicht nur auf Ausschreibungen der Schulbauoffensive ab, sondern betrifft öffentliche Ausschreibungen insgesamt. Ähnliche Kritik hatte es erst vor kurzem gegeben, als bekannt geworden war, dass sich für 27 Kitabauten keine Bewerber gefunden hatten.

Senatsverwaltung für Stadtentwicklung weist Kritik zurück

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung weist die Kritik der Handwerkskammer und der Fachgemeinschaft Bau zurück. Alle Sanierungsmaßnahmen der Schulbauoffensive würden gewerkweise, also in Fachlosen oder Teillosen ausgeschrieben. Dennoch gebe es meist nur wenige mittelständische Bewerber, das Interesse sei geringer als in den Vorjahren. "Ein Beispiel: Bei mittelstandsfreundlichen Ausschreibungen der Rohbauleistungen erhalten wir  mit Glück zwei Angebote", teilte eine Sprecherin der Verwaltung mit. Nahezu alle Angebote würden zudem deutlich über den Schätzkosten liegen.

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