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Michael Müllers Sneaker - hier beim Besuch des Unfallkrankenhauses Berlin (UKB).

© Christoph Soeder/dpa

Schuhmode des Regierenden Bürgermeisters: Die neue Sportlichkeit des Michael Müller

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) wird immer öfter in Sportschuhen gesichtet. Unter Spitzenpolitikern ist er damit ein Exot.

Auf die Krawatte, früher fast zwingend vorgeschriebenes Accessoire für männliche Spitzenpolitiker (und vor allem solche, die es werden wollen), verzichtet Michael Müller schon seit Jahren bei jeder guten Gelegenheit. Das stellt man beim Betrachten älterer Fotos schnell fest. Relativ neu aber ist, dass man Berlins Regierenden Bürgermeister und SPD-Landeschef, der privat gern wandern und spazieren geht, öfter auch bei dienstlichen Anlässen in sportlicheren Schuhen sieht.

Es sticht nicht sofort ins Auge, da es sich um ein Paar schwarzer Sneaker handelt. Die Schuhe haben weiße Sohlen, stammen aus Südtirol, Größe 42, hieß es aus seiner Senatskanzlei. Mehr ließ sich sein Büro dazu auf Anfrage nicht entlocken. Eine Bestätigung des Herstellers Rizzolli aus Bozen steht noch aus.

Michael Müller bei der Eröffnung des Hauptquertiers von Zalando in Berlin-Friedrichshain am vergangenen Mittwoch (26. Juni 2019).
Michael Müller bei der Eröffnung des Hauptquertiers von Zalando in Berlin-Friedrichshain am vergangenen Mittwoch (26. Juni 2019).

© Kevin P. Hoffmann

Müller trug dieses Paar Schuhe unter anderem vergangenen Mittwoch bei der Eröffnung des Hauptquartiers des Modekonzerns Zalando in Berlin-Friedrichshain. Da passte eine modische Wahl des Schuhwerkes ganz gut, schließlich war Zalando vor elf Jahren in einer Altbauwohnung in der Torstraße als Schuhversandhändler gestartet. Gastgeber Rubin Ritter, selbst immerhin Chef über rund 16.000 Mitarbeiter, trug zum Empfang übrigens blaue Espadrillos, leichte Stoffschuhe mit Decksohle aus Jute (Hersteller Espadrij, Größe 43).

Daimler und Siemens arbeiten seit Jahren an der Lockerung der Kleiderordnung

Wo, wenn nicht in Berlin, sollten männliche Politiker und Manager, die in der internationalen Geschäftswelt viel stärker in einem Dresscode gefesselt sind als ihre Kolleginnen, modische Konventionen aufbrechen? Und sei es nur durch die Wahl des Schuhwerks?

Die Chefs diverser deutscher Großkonzerne von Siemens bis Daimler arbeiten seit Jahren systematisch an einer Lockerung der Kleiderordnung, und ein recht konservatives Pharmaunternehmen in der Schweiz löste vor vier Jahren mit einer Kurze-Hosen-Regelung Heiterkeit aus. Gleiches provozierte ein ehemaliger Chef der mittlerweile abgewickelten Fluggesellschaft Air Berlin, der die Kleiderordnung verschärfen wollte.

Joschka Fischers Nike-Turnschuhe stehen heute im Museum

In der Politik im In- und Ausland aber ist es weiterhin üblich, dass Männer sich im dunklen Anzug und passend gedecktem Schuhwerk zeigen. Schillernde Ausnahmen seit der Vereidigung des damaligen hessischen Umweltministers Joschka Fischer im Dezember 1985 bestätigen diese Regel. Seine Nike-Turnschuhe stehen heute im Museum.

Der Pionier unter den turnschuhtragenden Politikern: Joschka Fischer (Mitte), erster grüner Umwelt- und Energieminister einer Landesregierung. Zum Tag der Vereidigung vor dem hessischen Parlament in Wiesbaden am 12. Dezember 1985 trug er ein Modell des US-Herstellers Nike.
Der Pionier unter den turnschuhtragenden Politikern: Joschka Fischer (Mitte), erster grüner Umwelt- und Energieminister einer Landesregierung. Zum Tag der Vereidigung vor dem hessischen Parlament in Wiesbaden am 12. Dezember 1985 trug er ein Modell des US-Herstellers Nike.

© Jörg Schmitt dpa/lhe

Erstmals öffentlich aufgefallen war Michael Müller mit diesem Paar Schuhe Mitte Mai auf seiner Tokio-Reise beim abendlichen Besuch des hippen Start-up-Zentrums "Edge of Tokyo" und anschließendem Spaziergang und U-Bahn-Fahrt durch das Vergnügungsviertel Shibuya.

Jan Eder (Hauptgeschäftsführer der IHK Berlin), Michael Müller (SPD) und Marcus Schürmann (Geschäftsführer AHK Tokio) bei Besuch des Stratup-Zentrums "Edge of Tokyo" im Mai 2019.
Jan Eder (Hauptgeschäftsführer der IHK Berlin), Michael Müller (SPD) und Marcus Schürmann (Geschäftsführer AHK Tokio) bei Besuch des Stratup-Zentrums "Edge of Tokyo" im Mai 2019.

© Kevin P. Hoffmann

Doch nicht nur im Kontakt mit Start-up-Vertretern oder Partyvolk ist Müller offenbar gern sportlicher zu Fuß. Vergangene Woche trug er das Paar beim Besuch des Unfallkrankenhauses Berlin (UKB) in Marzahn. Beim Einstieg in den Rettungshubschrauber war es womöglich praktischer als klassische Lederschuhe. Sein Gastgeber, Krankenhauschef Axel Ekkernkamp, trug hingegen geschlossene weiße Lederschuhe - passend zum weißen Arztkittel.

Sneaker-Träger Michael Müller am 21. Juni 2019 beim Besuch im Unfallkrankenhaus Berlin (UKB). Hier unterhält sich mit dem Team des Intensivtransport-Hubschraubers der DRF Luftrettung, Christoph Berlin, und Krankenhausdirektor Axel Ekkernkamp (links).
Sneaker-Träger Michael Müller am 21. Juni 2019 beim Besuch im Unfallkrankenhaus Berlin (UKB). Hier unterhält sich mit dem Team des Intensivtransport-Hubschraubers der DRF Luftrettung, Christoph Berlin, und Krankenhausdirektor Axel Ekkernkamp (links).

© Christoph Soeder/dpa

Für kommenden Montag, 16 Uhr, hat Müller eine prominent besetzte Runde in Senatssitzungssaal des Roten Rathauses geladen. Neben der Wirtschaftssenatorin und mehreren Staatssekretärinnen und -sekretären sind auch neun Vertreter der Gründerszene geladen.

Auch sie dürften von Müller nicht erwarten, dass er mit Schlips, Kragen und Budapester Schuhwerk erscheint.

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