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Bitte recht freundlich. Hinter der Maske sind alle gleich.

© Kay Nietfeld/dpa

Schluss mit Wegbier und U-Bahn-Döner: Die Corona-Maske macht Berlin gleich viel freundlicher

U-Bahn-Frühstück, Abend-Döner, Angeglotze: Die Maskenpflicht könnte für mehr Anstand in der Öffentlichkeit sorgen. Hinter ihr sind alle gleich. Eine Glosse.

Eine Glosse von Lars von Törne

Niemand weiß, wie lange uns die Maskenpflicht in der Öffentlichkeit erhalten bleibt – möglicherweise, bis ein nennenswerter Teil der Bevölkerung findet, ohne Maske fühle man sich draußen richtig nackt?

Es lohnt also, nicht nur über die Unbequemlichkeit zu stöhnen, sondern auch mal darüber nachzudenken, worin die Vorteile bestehen. Der gewichtigste betrifft zweifellos die U-Bahn, die speziell morgens und am späten Nachmittag zu einer I-Bahn, einer Imbissbahn geworden war. 

Zahllose gehetzte Langschläfer hatten sich angewöhnt, das Frühstück während der Fahrt einzunehmen, geräuschvoll aus der nachhaltigen Ökobox auszupacken und die Nachbarn mit dem Duft hartgekochter Eier einzuhüllen. Am Abend war es der Döner mit alles und scharfer Soße, der den ausgefallenen Kantinenaufenthalt auf den Geruchsnerven der anderen ausgleichen musste. Nun ist all das aktuell nicht verbotener, als es früher war. Aber zum Essen muss zuerst die Maske gelupft werden – umständlich!

Das gilt natürlich auch für das Wegbier, eine der seltsamsten Erscheinungen der neuen entgrenzten Metropole; oft drängte sich der Eindruck auf, dass verwirrte Touristen und ahnungslose Neuberliner diese Sitte mitmachen in der wahnhaften Auffassung, dies sei authentisches Berliner Brauchtum. Möglicherweise gibt es einen rechtskonformen Umweg mit Trinkhalm, aber der sieht dann so doof aus, dass er sich von allein verbietet.

Wie wir sehen, ist die Maske also ein mehrfach erzieherisches Instrument. Und ein gleichmacherisches dazu! Niemand muss sich mehr wegen zu viel Schönheit angegafft oder wegen zu wenig ausgegrenzt fühlen, keiner mehr die schief stehenden Hasenzähne verstecken.

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Vielfältig sind auch die ästhetischen Vorteile: Viele nur vom Besitzer geschätzte Attribute wie Nasenringe oder Brillis im Schneidezahn verschwinden; sogar manches Tattoo wird gnädig bedeckt. Ach, könnte man an den Masken noch was machen, um auch großflächig perforierte Ohrläppchen auszublenden?

Dafür starren wir nun manchmal die Masken selbst an. Das geht noch in Ordnung, wird sich allerdings ins Gegenteil verkehren, wenn erste Designermodelle von Putschi und Vulgari die Runde machen, passend zum Täschchen. Das wäre der Punkt, das Virus endgültig zu verabschieden.

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