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Will Akelius Miet- in Eigentumswohnungen umwandeln? „Ich lasse das nicht zu, ich weiß mich zu wehren“, sagt ein Anwohner in Prenzlauer Berg.

© Sven Darmer

Update

Schlupfloch für Immobilienkonzerne: Akelius soll Wohnungsumwandlungen in Prenzlauer Berg planen

Rund 400 Pankower Akelius-Wohnungen könnten von einer Umwandlung in Eigentum betroffen sein. Der Immobilienkonzern dementiert – und handelt gesetzeskonform.

Baugerüste, Zementsäcke und strömender Regen. Die Kulisse stimmt, als eine Anwohnerin von den mutmaßlichen Plänen ihres Vermieters Akelius erfährt, knapp 400 Wohnungen in Prenzlauer Berg in Eigentum umzuwandeln und einzeln zu verkaufen.

„Da könnten ja alle Wohnungen betroffen sein“, sagt sie und schlägt die Hände vors Gesicht. Ihren Namen möchte sie aus Sorge vor dem Vermieter, einem schwedischen Immobilienkonzern mit rund 14.000 Wohnungen in Berlin, lieber nicht nennen.

Ist ihre Sorge berechtigt? Tagesspiegel-Informationen zufolge erteilte das Bezirksamt Anfang Oktober für knapp 400 im Viertel „Grüne Stadt“ liegende Akelius-Wohnungen sogenannte „Abgeschlossenheitsbescheinigungen“. Die Bescheinigungen gelten als Grundlage dafür, dass pro Wohnung ein Grundbuchblatt angelegt wird. Erfolgt der Antrag auf Umwandlung, steht dem Verkauf der Wohnungen nichts mehr im Wege. Nach einer zehnjährigen Schonfrist können die neuen Eigentümer den Mietern wegen Eigenbedarf kündigen.

Zwar bezeichnete Jordan Milewicz, Europa-Chef von Akelius, die Beantragung der Bescheinigungen als „übliche Praxis“ und erklärte auch auf wiederholte Nachfrage hin: „Stand heute gibt es keine konkreten Pläne zur Veräußerung von Wohnungen in diesen Objekten.“

Beobachter auf Bezirks-, Landes- und Bundesebene rechnen aber mit dem glatten Gegenteil. Mike Szidat (SPD), Vorsitzender des Stadtentwicklungsausschusses in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) von Pankow, geht davon aus, dass der Antrag auf Umwandlung schon bald folgen wird.

„Nach der Aufwertung kommt der Verkauf“

Er verweist auf die in den betroffenen Blöcken zwischen Danziger, Greifswalder und Kniprodestraße seit Monaten laufenden Modernisierungsarbeiten. Immer wieder hätten sich Mieter an die BVV gewandt, weil die Arbeiten zu starken Beeinträchtigungen der Wohnqualität geführt hatten – es gab Begehungen des Bezirksamtes. „Nach der Aufwertung kommt der Verkauf“, erklärt Szidat und verweist auf ähnlich gelagerte Fälle aus der Vergangenheit.

Dass es so kommen wird, fürchtet auch Vollrad Kuhn (Grüne), Stadtrat für Stadtentwicklung. „Wir können es nicht verhindern“, erklärte Kuhn und verwies auf ein Schlupfloch, das die Bundesregierung den Immobilienkonzernen lässt. Dementsprechend sind Umwandlungen selbst in Milieuschutzgebieten möglich, wenn der Mieter die Wohnung sieben Jahre nach Verkauf nicht selbst erworben hat. Nach Ablauf des Zeitraums kann wegen Eigenbedarf gekündigt werden. Laut Berliner Mieterverein machen davon immer mehr Vermieter Gebrauch, den Bezirken sind die Hände gebunden.

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Cansel Kiziltepe, SPD-Bundestagsabgeordnete aus Kreuzberg, gilt als eine der schärfsten Kritikerin der Gesetzeslücke. Die mögliche Umwandlung der 400 Akelius-Wohnungen bezeichnet sie als „ein neues, negatives Highlight“ und erklärt: „Es wird erneut deutlich, was Akelius ausmacht: die maßlose Gier nach maximalem Profit.“

Kiziltepe forderte den Koalitionspartner im Bund dazu auf, Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen durch die Novelle des Baugesetzbuches zu stoppen. Unter anderem bei Jan-Marco Luczak (CDU), Bundestagsabgeordneter aus Tempelhof-Schöneberg, beißt sie damit aber auf Granit.

Klar ist: Bei den Mietern der Häuser weckt die Meldung vom drohenden Verkauf ihrer Wohnungen Widerstandsgeist. „Ich lasse das nicht zu, ich weiß mich zu wehren!“, sagt ein Mann, der seit 22 Jahren in einem der Häuser wohnt. Eine andere Mieterin deutet an, bereits Kontakt zu dem Bündnis aufgenommen zu haben, in dem sich Akelius-Mieter stadtweit vernetzen.

Hinweis: In einer ersten Fassung des Beitrags war die Rede davon, dass Mieter umgewandelter Wohnungen "einige Jahre" vor der Kündigung wegen Eigenbedarf sicher sind. Tatsächlich gilt in Berlin seit 2013 eine zehnjährige Schutzfrist. Wir haben das korrigiert.

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