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Nur mit Zange und Handschuh. An der Gervinusstraße waren Mitglieder der CDU im Einsatz.

© Thomas Lackmann

Update

Gemeinsame Sache in Charlottenburg-Wilmersdorf 2013: Verwilderter Westen

Die City West hat mit die höchsten Passanten- und Touristenzahlen in Berlin – und deswegen geben sich die Initiativen unserer Aktion "Saubere Sache" auch hier viel Mühe. Auch Bankmitarbeiter und Angestellte aus Luxushotels sind sich hier nicht zu fein, Unkraut zu rupfen und Dreck zu sammeln.

Gervinussstraße, Charlottenburg
„Die schlimmste Ecke Charlottenburgs“, sagt Klaus-Dieter Gröhler am Bahndamm Gervinus- / Ecke Wilmersdorfer. Zehn Aktivisten des CDU-Ortsverbandes Schloss und ihr Kandidat im Gebüsch zwischen Hundekot: Kampfeinsatz mit Handschuh und Greifzange. „Hier übernachten Leute,“ berichtet Angelika Gericke von der gleichen Aktion vor zwei Jahren. Kondome, Kosmetik, 150 Spritzen, viel Kupferkabel-Isolierung hatten sie damals gefunden.

Am Lärmschutzwall wird nachts gefixt und Sex verkauft. Doch die Bahn meint, einmal jährlich Säubern reiche hier. Heute kommen die Putzengel direkt vom CDU-Stand, aber „eine Wahlaktion ist das nicht. Wir finden das gut!“sagt Gröhler Und warnt: „Passt auf, dass euch Spritzen nicht durch den Müllsack ins Bein pieken."

Die Schubkarre voller Gartengeräte

Bürger für den Lietzensee. Einsatz am Ufer
Bürger für den Lietzensee. Einsatz am Ufer

© Thomas Lackmann

Lietzenseepark, Charlottenburg
Dunst liegt überm Wasser, Jogger keuchen vorbei, Möpse und Chihuahuas werden ausgeführt. Vor dem Schuppen unter der Evangelischen Kirche am Park starten die Bürger für den Lietzensee e.V., 2004 gegründet, nun 165 Mitglieder stark. Stolz zeigt Detlev Köhler seinen „Tornado“ zur Graffiti-Entfernung, der heute aber nicht zum Einsatz kommt.

Zehn Parkfreunde sind angetreten, Unkraut und Müll zu beseitigen, Bänke und Eingangsbereiche zu säubern. Mit Schubkarren voller Gartengeräte ziehen sie los. „Wir kooperieren mit dem Bezirk, wollen ja keinem den Job wegnehmen,“ sagt Heinz Wermer. Der Park sei gut in Schuss, „da sieht man nicht mehr, was dauernd dran gemacht wird“. Oft beginnen Initiativen euphorisch und stürzen dann ab. „Bei uns geht’s stetig aufwärts.“

Herthinho packt mit an

Prominente Hilfe. Am Hans-Braun-Platz packt auch Herthinho mit an.
Prominente Hilfe. Am Hans-Braun-Platz packt auch Herthinho mit an.

© Stefan Kuhfs

Hanns-Braun-Straße, Charlottenburg

Das Olympiastadion liegt noch in dichtem Nebel, da beginnen Räumfahrzeuge der Stadtreinigung, davor riesige Müllberge zusammenzuschieben: Plastikbecher und Bierdosen vom Spiel am Vorabend liegen herum, auf dem Platz, auf den Fußwegen – und hinter den Zäunen. Gerade dort kommen die Fahrzeuge allerdings nicht hin.

Zwei Jugendmannschaften und Fans von Hertha BSC sind gerade deshalb hier. Sie wollen hinter den Zäunen sauber machen. Die Aktivisten strecken die Besen in die Höhe und verschwinden dann in den Büschen. Mit Plastiktüten, Dosen und altem Papier kommen sie wieder hervor. Auch Herthinho, ihr Vereinsmaskottchen, ist mit dabei. Er sorgt allerdings mehr für die gute Laune, mit dem Besen stellt er sich nicht sehr geschickt an.

Großreinemachen am Ufer des Dianasees

Einsatz mit Mistgabel. Der Dianasee wird von Seegras befreit.
Einsatz mit Mistgabel. Der Dianasee wird von Seegras befreit.

© Stefan Kuhfs

Dianasee, Grunewald
Anne Keding steht in braunen Gummistiefeln und mit einer Mistgabel in der Hand auf einem wackeligen Ruderboot, das am Ufer des Dianasees in Grunewald schwimmt. In rohen Mengen fischt sie Seegras aus dem Wasser heraus: „Bis Freitag war noch das ganze Ufer voll davon. Inzwischen haben wir das meiste schon rausgeholt.“

Beim Angeln und Baden störe das Gras, und es gefährde den See. Wenn es zu viel werde, könne er umkippen. Sechs Ruderboote haben sie und 20 andere Helfer von einem Fischerverein aus der Nachbarschaft bekommen. Auf dem nahen Spielplatz trocknen schon zwei große Haufen Seegras. Sie werden bald abgeholt und dann kompostiert.

Flohmarkt statt Sperrmüll

Ausmisten statt vermüllen. Am Klausenerplatz beteiligten sich die Anwohner mit einem Flohmarkt.
Ausmisten statt vermüllen. Am Klausenerplatz beteiligten sich die Anwohner mit einem Flohmarkt.

© Thomas Lackmann

Klausenerplatz, Charlottenburg
Was unterscheidet diesen Flohmarkt von allen anderen Märkten? Eine dicke Ratte hoppelt über den Weg, als noch nicht viele Stände aufbaut sind. Bald erstreckt sich der vom Kiezbündnis organisierte Quartiers-Basar in alle Seitenstraßen. Anwohner sollen zur Sperrmüllvermeidung ausrangierten Hausrat umsonst oder gegen Bares anbieten. Spielzeug, Klamotten, Bilder, Porzellan, Tonträger, Bücher, Trockenpflanzen, Alt-Elektronik und was man als Krimskrams bezeichnet, gibt es in Überfülle.

Birgit Nennstiel „entfloht“ zum zweiten Mal das Zimmer ihrer Kinder. Man bringe aber genau so viel wieder mit nach Hause. Es ist nur ein Tausch, mault ihr Mann. Für Ömer Tuncer, der Babysachen entsorgen möchte, ist es sein Händler-Debüt, ebenso für Thorsten Trauncker und Sohn Timon, die mit 100 Euro Umsatz in der ersten halben Stunde zufrieden sind. „Die größten Deals laufen schon, bevor der Markt losgeht!“

Weg mit den wuchernden Pflanzen

Einsatz am Bundesplatz.Mahonien und Feuerdorn werden beseitigt.
Einsatz am Bundesplatz.Mahonien und Feuerdorn werden beseitigt.

© Thomas Lackmann

Bundesplatz, Wilmersdorf
Vor dem Phönixdenkmal sammelt sich die Task Force der Initiative Bundesplatz. Durch viele Einsätze des 200-Mitglieder-Vereins ist dieser verkehrsumsauste Knotenpunkt blumengeschmückt der Beton-Tristesse entstiegen; gerade haben die Bürger, vor allem ihr Botaniker Wilfried Tigges, dafür einen Preis gewonnen. 2500 Stauden wurden in zwei Jahren gepflanzt. Heute werden Mahonien und Feuerdorn, die sich darunter breit machen, samt Abfall beseitigt.

Zum Mitmachen bei dem erfolgreichen Gestaltungs-Projekt ist der Verschönerungsfan Detlev Krieg extra aus Spandau angereist. „Angefangen hatten wir mit der Rettung von Drakes Winzerin-Statue,“ erinnert sich Helga Severin. Inzwischen kämpft die Initiative gegen Vandalismus, Pflanzenklau und für eine Deckelung der Tunnelabfahrt, die den Platz absurd zerschneidet.

Müllsammeln vor dem Zoo-Aquarium

Unkrautjäger. Ein Teil des Teams aus dem neuen Luxushotel Waldorf-Astoria.
Unkrautjäger. Ein Teil des Teams aus dem neuen Luxushotel Waldorf-Astoria.

© Cay Dobberke

Olof-Palme-Platz, Charlottenburg

In den Beeten rund um den Brunnen vor dem Zoo-Aquarium wuchert Unkraut, der herumliegende Müll reicht von Kartons über Tüten und Plastikverpackungen bis zu dicken Hundekothaufen. Das bedeutet viel Arbeit für die Helfer auf dem Olof-Palme-Platz, die auch neues Grün pflanzen. Sie kommen aus den nahe gelegenen Hotels Intercontinental, Palace und Waldorf-Astoria, von der Berliner Bank, vom Bauprojekt „Bikini Berlin“ und erstmals auch aus den Berliner Werkstätten für Menschen mit Behinderung. Beate Ernst von der federführenden Bürgerschaftsinitiative „wirBerlin“ will diesen „integrativen Ansatz“ künftig noch verstärken.

Darüber hinaus freut sich Ernst, dass es endlich Geld vom Senat für eine Sanierung des rissig gewordenen Ammonitenbrunnens geben soll. Das habe ihr soeben der Künstler Volker Bartsch erzählt, der den Brunnen 1987 anlässlich der 750-Jahrfeier Berlins gestaltet hatte.

Harte Arbeit am Hardenbergplatz

Alles bereit zum Einsatz. Mitarbeiter der Wirtschaftsförderung Berlin Partner beim Start ihrer Pflanzaktion auf dem Hardenbergplatz.
Alles bereit zum Einsatz. Mitarbeiter der Wirtschaftsförderung Berlin Partner beim Start ihrer Pflanzaktion auf dem Hardenbergplatz.

© Cay Dobberke

HARDENBERGPLATZ CHARLOTTENBURG

Unterdessen kurvt Reiner, der ferngesteuerte sprechende Roboter-Mülleimer der BSR, nahe dem Löwentor des Zoos über den Hardenbergplatz und spornt das Team der Wirtschaftsförderung Berlin Partner mit flotten Sprüchen an. Eigentlich sollte ein Baum gepflanzt werden, aber weil das bezirkliche Grünflächenamt dafür kaum Bedarf sah, wird eine Baumscheibe mit Pflanzen und Blumen verziert.

Später plakatieren Kinder aus der Kreuzberger Fanny-Hensel-Grundschule selbst gemachte Poster an einer Litfaßsäule. Dann fegen Mitarbeiter der Berliner Bank zusammen mit dem Berlin-Partner-Team den Platz und verteilen Taschenaschenbecher an Passanten. Denn auf dem verkehrsreichen Platz am Bahnhof Zoo sind zahllose weggeworfene Kippen ein Dauerärgernis.

Bunte Bänke für Wilmersdorf

Leon-Jessel-Platz, Wilmersdorf

Mehr als 30 Jahre haben Katrin Müller und ihr Mann am Leon-Jessel-Platz in Wilmersdorf gelebt. So eine Zeit verbindet: Auch wenn sie inzwischen woanders wohnen – noch immer kommen sie regelmäßig vorbei und packen mit an, wenn was zu machen ist. Die Sitzbänke zum Beispiel haben sie mit anderen Anwohnern vor fünf Jahren zum letzten Mal gestrichen. Inzwischen blättert die Farbe ab. Mit Schleifpapier schmirgeln sie deswegen das Holz ab, grundieren und streichen die Bänke in knalligem Rot und Gelb. Auch einer dritten Bank, die am Morgen montiert wurde, verpassen sie neue Farbe, und die Hochbeete machen sie sauber. Sechs Leute sind heute gekommen. Zumindest bei den Bänken sollte es für die nächsten fünf Jahre reichen.

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