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Drei auf einen Streich. Der Audi S6 Limousine, der Audi S7 Sportback und der Audi S6 Avant (v.li.).

© Audi AG

S-TDI im Test: Turbolader mit Bypass

Audi setzt mit seinen neuen S-TDI-Modellen auf Kraft, Dynamik und maßvollen Verbrauch.

Die Sauerstoffmoleküle, die einem erst gemächlich dahin rollenden, dann dank kräftigem Tritt aufs Gaspedal vorwärts schießenden Audi der neuen S-TDI-Reihe in die Quere kommen, sind nicht zu beneiden. Gerade noch tanzten sie mit ihren luftigen Gefährten, dem Stickstoff etwa, dem Wasserdampf, den Pollen und, ja, auch dem Feinstaub, ihren gemächlichen Reigen. Doch da werden sie jäh gemeinsam in einen dunklen Schlund gesogen, durch ein rasend schnell, nach weniger als 250 Millisekunden mit bis zu 70.000 Umdrehungen pro Minute rotierendes Turbinenrad um und um gewirbelt, zusammengepresst und, auf bis zu 2,4 bar Druck verdichtet, in die Brennräume der sechs Zylinder geblasen. Für solch ein kleines Sauerstoffmolekül kein Vergnügen.

Das Ende des berüchtigten Turbolochs

Mit dem EAV, dem „Elektrisch angetriebenen Verdichter“, einer Turbine von gerade mal 6,8 Zentimetern Durchmesser, nimmt Audi Abschied vom berüchtigten Turboloch. Das war die im Drehzahlkeller klaffende Lücke, bei der ein die Verbrennungsluft verdichtender und dadurch für mehr Wumm beim Gasgeben sorgender Turbolader mangels ausreichender Abgasmenge noch nicht recht funktionierte. Der EAV ist eine der Möglichkeiten, dieses Loch zu überbrücken, eine Art Bypass, um auch ohne Turbohilfe die zur Verbrennung des plötzlich im Überfluss vorhandenen Kraftstoffs nötige Luftmenge zu liefern – so lange, bis der Turbo eingreift und die kleine Hilfsturbine sich automatisch wieder ausschaltet. Audi hatte sie erstmals beim dicken SUV-Modell SQ7 TDI mit seinen V-8-Motor eingesetzt, nun kommen die Sechszylinder der S-Reihe und des SQ5, ebenfalls ein SUV, hinzu.

Der TDI-Motor mit dem Elektrisch angetriebenen Verdichter (EAV).
Der TDI-Motor mit dem Elektrisch angetriebenen Verdichter (EAV).

© Audi AG

Das kann man auch auf der Autobahn oder einer kaum gewundenen Landstraße ausprobieren: Immer wieder zurückfallen lassen und dann losjagen. Aber schöner ist es doch im Hin und Her einer kurvenreichen Bergstrecke, links grasendes Rindvieh, rechts grünende Weinstöcke oder umgekehrt, dazu immer wieder Waldstücke und nicht zu vergessen die übermäßig am Wegesrand verteilten, das Tempo aufs Vernünftige drosselnden Radarfallen. Willkommen also im Taunus, zu Audis Fahrpräsentation von dreien der insgesamt acht Modelle mit dem neuen Antriebssystem aus überarbeitetem Turbodiesel, EAV und der Mild-Hybrid-Technik MHEV, die den Verbrauch senken und die kleine Elektroturbine mit Strom versorgen soll.

Eleganz und Tempo: Der Audi S7 Sportback TDI
Eleganz und Tempo: Der Audi S7 Sportback TDI

© Audi AG

Wo und wie also testet man im Mittelgebirge eine Rakete wie den Audi S7 Sportback, den seine 349 PS in 5,1 Sekunden von 0 auf 100 bringen sollen? Klar, man könnte sich – und das wurde auch getan – ein schnurgerades Sträßlein in den Weinbergen suchen, mit Vollgas losrasen und dann bei 100 so brutal abbremsen, dass der Beifahrer im Gurt hängt und der Wagen vor Schreck die Warnblinkanlage auslöst. Aber der S7, ebenso der S6 als Limousine und als Avant wie auch der SQ5, überzeugen schon, wenn man sich nur flott durch die engen Kurven der in diesem Landstrich mitunter ziemlich ramponierten Landstraße fädelt, an deren Ausgang mal stärker draufdrückt, um die Dynamik des Wagens, seine schnell zupackende Kraft, zumindest kurz zu spüren, selbst weit unterhalb der durch die Technik möglichen Grenzen. Doch man hört sie ja bereits: ein dunkles, vom schlummernden Potenzial zeugendes Grollen auch im niedrigen Drehzahlbereich.

Außenspiegel im Alu-Look: der Audi S6 Limousine TDI
Außenspiegel im Alu-Look: der Audi S6 Limousine TDI

© Audi AG

Aber mit dem Angebot solcher Möglichkeiten allein bekommt man als Hersteller heutzutage leicht Probleme. Denn der auf Sportlichkeit setzende Käufer will zwar, freie Bahn vorausgesetzt, gerne mal rasen, aber dies bitteschön ohne Reue. Die Umwelt, sie fordert auch und gerade in dieser Fahrzeugklasse ihren Tribut, den Audi zunächst mit einer Überarbeitung des Motors der S-TDI-Modelle entrichtet hat. Alles läuft darauf hinaus, dass Reibungsverluste minimiert werden, der Motor noch effizienter arbeitet. So zirkuliert etwa das die Zylinderköpfe kühlende Wasser im oberen Bereich langsamer als im hochbelasteten unteren, was Strömungsverluste reduziert – die Wasserpumpe benötigt dadurch weniger Energie. Dazu kommt das 48-Volt-Mild-Hybrid-System, bestehend aus einem mit der Kurbelwelle verbundenen Riemen-Starter-Generator und einer Lithium-Ionen-Batterie unter dem Gepäckraum. Das Zauberwort heißt Rekuperation: Beim Gaswegnehmen oder Bremsen wird Bewegungsenergie in elektrische Energie umgesetzt und gespeichert, kommt dann dem EAV zugute.

Quartett der Endrohre. Der Audi S6 Avant TDI
Quartett der Endrohre. Der Audi S6 Avant TDI

© Audi AG

Oder das elektronisch geregelte Antriebsmanagement, der mit der Fahrzeugsensorik gekoppelte „prädiktive Effizienzassistent“, entscheidet sich je nach Fahrsituation doch eher dafür, den Wagen kurz im Leerlauf rollen oder gar bei abgeschaltetem Motor „segeln“ zu lassen. Wie auch immer: Kraftstoff wird gespart, bis zu 0,4 Liter pro 100 Kilometer sollen es sein. Die S-6-Limousine könne so mit ihrem 73-Liter-Tank bei einem Durchschnittsverbrauch pro 100 Kilometer gut 1170 Kilometer weit fahren – so empfiehlt Audi seine S-Modelle auch besonders für die Langstrecke.

Das Innenleben des Audi S4 TDI
Das Innenleben des Audi S4 TDI

© Audi AG

Aber die schöne, durch allerlei Assistenzsysteme gebändigte und damit bequem handhabbare Technik taugt natürlich nur bedingt als Verkaufsargument, wenn man sie dem Fahrzeug, in dem sie steckt, nicht auch ansieht. Auch dafür wurde gesorgt, innen wie außen. In der Front etwa durch extragroße Lufteinlässe und doppelspangige Alu-Lamellen des Kühlergrills, durch dickere Seitenschweller und Außenspiegel in Alu-Optik, im Heck durch einen breiten Diffusor und besonders die vier Endrohrblenden der Abgasanlage. Innen prägen dunkle Töne den speziellen S-Modell-Look, mit Alu-Dekoreinlagen hier und da, serienmäßigen Sportsitzen, Fußstütze und Pedalkappen aus Edelstahl. Und selbstverständlich sind die Serienversionen aufrüstbar, das Sportfahrwerk etwa durch komfortablere Luftfederung, durch die Dynamik-Allradlenkung des S6 und S7 oder Kohlefaser-Keramikscheiben für deren Bremsen. Neun Kilo weniger müssen die Wagen so mit sich herumschleppen. Schneller werden sie dadurch freilich nicht. Bei 250 km/h sagt die Elektronik: Es reicht.

SUV mit EAV und MHEV: der Audi SQ5 TDI
SUV mit EAV und MHEV: der Audi SQ5 TDI

© Audi AG

Technische Details

Abmessungen
Audi S7 Sportback TDI: 4,98 m (L), 2,12 m (B), 1,42 m (H)
Audi S6 Limousine TDI: 4,95 m (L), 2,10 m (B), 1,45 m (H) / Audi S6 Avant TDI: 4,95 m (L), 2,10 m (B), 1,48 m (H)
Audi SQ5 TDI: 4,67 m (L), 2,14 m (B), 1,64 m (H)

Antrieb
S7: V6-Turbodiesel, 349 PS, max. Drehmoment 700 Nm. 250 km/h Spitze, von 0 auf 100 in 5,1 Sekunden, Verbrauch 6,5 Liter auf 100 km (kombiniert inner-/außerorts), permanenter Allradantrieb, achtstufige Tiptronic/Automatik
S6 Limousine/Avant: V6-Turbodiesel, 349 PS, max. Drehmoment 700 Nm, 250 km/ Spitze, von 0 auf 100 in 5 Sekunden (Avant 5,1 Sekunden), Verbrauch 6,3-6,3 Liter auf 100 km (Avant 6,5 Liter), permanenter Allradantrieb, achtstufige Tiptronic/Automatik
SQ5: V6-Turbodiesel, 347 PS, max. Drehmoment 700 Nm, 250 km/ Spitze, von 0 auf 100 in 5,1 Sekunden, Verbrauch 6,8 - 6,6 Liter auf 100 Kilometer, permanenter Allradantrieb, achtstufige Tiptronic/Automatik

Preis
S7: ab 82.750 Euro
S6 Limousine: 76.500 Euro / S6 Avant: 79.000 Euro
SQ5: 67.750 Euro

Mit der neuen TDI-Motorisierung gibt es weiter die Modelle S4 Limousine und Avant sowie S5 Coupé und Sportback. Alle Modelle erfüllen die Abgasnorm Euro 6d-Temp.

Hinweis: Wir haben die Überschrift des Artikels nachträglich geändert. Die Redaktion.

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