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Ein Protest-Plakat hängt von einem Balkon. 

© Imgo Images

Rückschlag für Wohnungspolitik von Rot-Rot-Grün: Bundesverwaltungsgericht beschneidet Berlin beim Vorkaufsrecht

Die Annahme, dass ein Immobilienkäufer Mieter verdrängen könnte, reicht nicht allein, um das Vorkaufsrecht zu ziehen, urteilte das Gericht. Zugrunde liegt ein Fall aus Friedrichshain-Kreuzberg. 

Nach dem gescheiterten Mietendeckel hat ein Bundesgericht am Dienstag erneut das Vorgehen Berlins in der Mieten- und Wohnungspolitik für unrechtmäßig erklärt. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschied, dass die in Berlin übliche Vorkaufsrechtspraxis von Grundstücken aus Gründen des Milieuschutzes in Teilen rechtswidrig ist. 

Das Vorkaufsrecht darf demnach nicht in der Annahme ausgeübt werden, dass ein Käufer in der einige Jahre entfernten Zukunft gegen die Ziele des Milieuschutzes verstoßen, also Mieter aus der Immobilie verdrängen, könnte. Maßstab für das Vorkaufsrecht darf nach Ansicht der Richter jedenfalls nicht die reine Erwartung sein, wie ein Käufer mit der Liegenschaft umgehen wird. Es hob damit ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin von 2019 auf und gab einer klagenden Immobiliengesellschaft recht. 

In dem Fall geht es um das Vorgehen des Bezirksamts Friedrichshain Kreuzberg und des umstrittenen Baustadtrats Florian Schmidt (Grüne). 2017 war das Bezirksamt bei einen Immobiliendeal mit einem Mietshaus in der Heimstraße im Bergmannkiez eingeschritten, ein landeseigenen Wohnungsunternehmen übernahm das Haus mit 20 Wohnungen im Milieuschutzgebiet Chamissoplatz.

Dabei bestand eine Mietpreisbindung durch Fördermittel bis zum Jahr 2026. Der Bezirk begründete sein Vorgehen damit, dass die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung erhalten werden soll. Nach Ende der Preisbindung könnten erhebliche Mietsteigerungen drohen und Wohnungen in Eigentum umgewandelt werden. Das Unternehmen wollte sich nicht per Abwendungsvereinbarung zu moderaten Mieten verpflichten.

[Lesen Sie mehr zum Vorkaufsrecht auf T+: Machtlos gegen Heimstaden: Berlin kann wegen Share Deal kein Vorkaufsrecht ausüben.]

Vor dem Verwaltungs- und dem Oberverwaltungsgericht war das klagende Immobilienunternehmen noch gescheitert. Das Wohl der Allgemeinheit, zu erwartende Umwandlungen und Mietsteigerungen, rechtfertigten das Einschreiten, befanden die Vorinstanzen. Nun hob das Bundesverwaltungsgericht die Entscheidungen auf, demnach durfte das Bezirksamt das Vorkaufsrecht nicht ausüben. Die gesetzlichen Voraussetzungen für den Ausschluss des Vorkaufs lägen in diesem Fall vor.

Das Urteil dürfte Folgen für die Koalitionsverhandlungen haben

Das Urteil trifft die Berliner Politik hart und dürfte Folgen für die rot-grün-roten Koalitionsgespräche haben. Denn das Vorkaufsrecht hat sich in den vergangenen Jahren zum mächtigen Instrument der Berliner Wohnungspolitik entwickelt. Die staatlichen Immobilienkäufe, insbesondere im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, haben für viele Diskussionen und Kritik aus der Opposition gesorgt. 

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Florian Schmidt sprach nach der Gerichtsentscheidung von einem "herben Schlag im Kampf gegen die Spekulation mit Wohnraum". Der Bundesgesetzgeber müsse nun schnell eine rechtliche Klarstellung vornehmen und das Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebieten stärken, erklärte Schmidt.

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Auch Berlins Stadtentwicklungssenator Sebastian Scheel (Linke) schrieb auf Twitter, er sei fassungslos. Der Beschluss sei "eine Katastrophe, nicht nur für die Mieter:innen in Berlin, sondern bundesweit". Ein Instrument zur Sicherung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung sei damit so gut wie tot.

Der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Kai Wegner, kritisierte den Senat. „Nach dem Mietendeckeldesaster ist der Paukenschlag aus Leipzig die nächste Totalblamage für Rot-Rot-Grün. Wer so vorgeht, schadet Mietern, anstatt sie zu unterstützen. SPD, Linke und Grüne haben jede Glaubwürdigkeit in der Mietenpolitik verloren.“

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