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Nach den Vorstellungen der Autofrei-Initiative sollen fast alle Straßen innerhalb des Rings zu autoreduzierten Bereichen werden

© Christoph Soeder/dpa

Update

Rückschlag für Bürgerinitiative: Senat lehnt Volksbegehren „Berlin autofrei“ ab

Das Vorhaben soll nun dem Landesverfassungsgericht vorgelegt werden. Die Initiative kritisiert das Handeln des Senats – und zeigt sich zuversichtlich.

Der Senat lehnt das Volksbegehren „Berlin autofrei“ ab und empfiehlt dem Abgeordnetenhaus, den Gesetzentwurf der Initiative abzulehnen. Zugleich legt die Innenverwaltung wegen Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Regelung das Vorhaben dem Landesverfassungsgericht vor. Das hat die Landesregierung auf ihrer Sitzung am Dienstag beschlossen.

Der Senat teile zwar die grundsätzlichen Ziele des Volksbegehrens, die Zahl der Autos in der Stadt zu reduzieren, dennoch schließe man sich dem Vorhaben einer weitgehend autofreien Innenstadt innerhalb des S-Bahnrings nicht an, sagte Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne). „Wir sind gemeinsam der Überzeugung, dass der Gesetzentwurf nicht geeignet ist, die Verkehrswende, die wir anstreben, zu erreichen.“

Wie die bereits in der vergangenen Woche bekannt gewordene Zulässigkeitsprüfung der Senatsinnenverwaltung ergeben hatte, sei der Gesetzentwurf „mit unverhältnismäßigen Eingriffen in die allgemeine Handlungsfreiheit verbunden“, sagte Jarasch.

Die Regelung, die Zahl der zulässigen, privaten Autofahrten zunächst auf zwölf und später auf sechs pro Jahr zu reduzieren sei „zu starr und zu gering“.

Auch unabhängig davon sieht der Senat Probleme bei dem Vorhaben. „Das ganze Verbot würde sich auch auf den ruhenden Verkehr beziehen. Das bedeutet, dass sämtliche Probleme, die wir mit der Mobilität in Berlin haben, sich auf den Bereich außerhalb des S-Bahnrings verlagern würden“, sagte die Verkehrssenatorin.

Innenverwaltung legt Gesetzentwurf den Verfassungsrichtern vor

Die Mobilitätswende, die der Senat verfolge, habe einen gesamtstädtischen Ansatz. Dazu müssten auch außerhalb des Zentrums neue Tramstrecken, Radwege und Carsharing-Angebote geschaffen werden. „Alles das müssen wir erst an den Stadtrand bringen, da wollen wir die Priorität drauflegen“, sagte Jarasch. Der Gesetzentwurf mache genau das Gegenteil, in dem er „Innenstadt gegen Außenstadt ausspielt“.

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Jarasch erklärte, die Verkehrswende aus den Kiezen heraus entwickeln zu wollen, denn Berlin sei eine dezentrale Stadt. „Wir brauchen autofreie Kieze aber nicht eine autofreie Innenstadt.“ Würde hingegen der komplette S-Bahn-Ring weitgehend autofrei gemacht, entstünden derart große Probleme, sodass sie die Akzeptanz für die Mobilitätswende „eher konterkarieren“, befürchtete die Verkehrssenatorin.

Formal geht der Gesetzentwurf zwar nun direkt auch an das Abgeordnetenhaus. Jarasch rechnete jedoch damit, dass die Parlamentarier vor einer möglichen Bewertung zunächst abwarten, wie das Verfassungsgericht in der Sache urteilt. Innerhalb der kommenden zwei Wochen werde die Innenverwaltung den Gesetzentwurf den Verfassungsrichtern vorlegen. Wann mit einer solchen Entscheidung zu rechnen ist, ist derzeit offen.

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„Die ‚Verhältnismäßigkeit‘ ist nur ein Vorwand, um der politischen Debatte aus dem Weg zu gehen. Unsere Forderungen nach einer gerechteren Platzverteilung, mehr Sicherheit auf unseren Straßen und einem gesünderen Leben sind nicht nur verhältnismäßig, sondern absolut notwendig“, sagte die Sprecherin Volksentscheids Marie Wagner.

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Das Gesetz werde vor Gericht standhalten, gab sie sich überzeugt. „Keine rechtliche Einschätzung stellte bisher grundsätzliche Einwände fest.“ Dass nun die höchstrichterliche Überprüfung erfolge, sei damit eine „Chance für die Verkehrswende“.

Dass der Senat nun vorzeitig vor Gericht ziehe passe ins Bild der „mutlosen Verkehrspolitik letzten Jahre", ergänzte Co-Sprecher Benni Wasmer. „Zumindest von der grünen Mobilitätssenatorin haben wir ein klares Bekenntnis für die Verkehrswende erwartet. Dieser fehlende Gestaltungswille der Politik steht jetzt mit auf dem Prüfstand.“

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