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Die Fallzahlen beim Kindesmissbrauch sind unverändert hoch.

© dpa/picture alliance

Rörig stellt Positionspapier vor: Missbrauchsbeauftragter fordert Schutzkonzepte für Schulen und Kitas

Der Beauftragte für Fragen von Kindesmissbrauch möchte den Kampf gegen sexualisierte Gewalt nicht auf das Strafrecht verengen. Nun stellt er Forderungen vor.

Johannes-Wilhelm Rörig kennt diese Forderungen, sie kommen immer nach einem spektakulären Missbrauchsfall, aber für den „Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs“ haben sie auch auch „etwas leicht Populistisches“: höhere Strafen für die Täter.

Natürlich, sagt Rörig, seien harte Strafen entsprechend der Schwere der Tat angemessen. „Aber die Androhung härterer Strafen reicht nicht aus, um sexuelle Gewalt nachhaltig zu bekämpfen.“ Der Blick der Politik dürfe sich nicht „bloß auf diesen Punkt verengen.“

Damit sich der Blick nachhaltig verbreitert, hat Rörig ein Positionspapier mit seinen Forderungen verfasst. Das Dokument haben alle politischen Entscheidungsträger erhalten, die in irgendeiner Weise mit dem Thema befasst sind. Am Freitag hat Rörig sein Positionspapier vorgestellt.

Ein Punkt ist ein Masterplan, den jedes Bundesland ausarbeiten sollte. In diesem Plan sollte klar festgelegt werden, dass die unterschiedlichen Ressorts zusammenarbeiten und den Kampf gegen Missbrauch wirksam koordinieren. Dazu sei aber erstmal nötig, die bisherigen Schwachpunkte bei der Missbrauchsbekämpfung aufzulisten und abzustellen. Zu diesem Masterplan gehören nach Rörigs Vorstellung auch ein Schutzkonzept für Kitas, Schulen und Einrichtungen, die mit Kindern und Jugendarbeit befasst sind.

Auch sollte jedes Bundesland einen Missbrauchsbeauftragen installieren. In Thüringen hat immerhin eine Staatssekretärin den Verantwortungsbereich „Kindesmissbrauch“ übernommen. In anderen Bundesländern ist noch gar nichts passiert.

Eine Kampagne soll die Bevölkerung sensibilisieren

Rörig fordert auch eine breit angelegte Aufklärungs- und Sensibilisierungskampagne, mit der gesamten Gesellschaft als Zielgruppe. Jeder solle die Signale erkennen, die von Missbrauch betroffene Kinder und Jugendliche aussenden. Für diese Kampagne sollte genügend Geld zur Verfügung gestellt werden.

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Rörig begrüßt grundsätzlich die Strafrechtsreform zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche, über die am 14. Oktober im Kabinett abgestimmt wird. Von Familienrichtern wird dabei eine höhere Qualifikation für diesen Bereich verlangt als bisher, ein Punkt, auf den Rörig nachhaltig gedrängt hat. Allerdings sagt er auch, „dass differenzierte Regelungen, die dem unterschiedlichen Unrechtsgehalt der einzelnen Taten gerecht werden, nicht aus den Augen verloren werden dürfen“.

So müsse die „die wesentliche Entscheidungshoheit über das konkrete Strafmaß weiterhin bei den Gerichten bleiben“. Die Politik könne nur den Rahmen vorgeben, „der es den Strafgerichten ermöglicht, über jeden Einzelfall differenziert und in angemessener Form entscheiden zu können“.

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Ermutigende Rückmeldungen aus der Politik

Der Unabhängige Beauftragte hat „schon einige ermutigende Rückmeldungen aus der Politik auf das Positionspapier erhalten“. Was das konkret bedeutet, wollte Rörig allerdings nicht sagen. Er wolle erst die Diskussionen der Politik abwarten.

Sehr viel deutlicher wurde er bei einem anderen Punkt: Es bestehe hoher Handlungsbedarf. „Die Fallzahlen von Missbrauch sind ungebrochen hoch.“ Experten gehen davon aus, dass in Deutschland rund eine Million Opfer leben. Statistisch gesehen sitzt in jeder Schulklasse mindestens ein Kind oder ein Jugendlicher, der Missbrauch erlebt hat oder unverändert erlebt.

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