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Walter Potts will mit dem Clubrestaurant nach Kreuzberg ziehen. Dort plant er auch eine Kochschule mit Starköchen.

© David von Becker

Rock’n’Go: White Trash will nach Kreuzberg

Seit fünf Jahren wird im Rock-Restaurant in der Schönhauser Allee gefeiert. Doch nun will der Chef raus aus Prenzlauer Berg, weil er Ärger mit dem Vermieter hat und ihm die Gegend zu spießig geworden ist.

Auf die goldenen Löwen vorm Eingang fällt kaum jemand rein. Und selbst ältere, zufällig im White Trash Fast Food gelandete Besucher merken schnell, dass sie nicht in einem China-Restaurant sind. Statt gebratener Ente und Frühlingsrollen gibt es Steaks und Burger, jede Menge Partys und Konzerte, eine 70 Sorten umfassende Weinkarte und sogar ein hauseigenes Tattoo-Studio. In dem Laden in der Schönhauser Allee 6 in Prenzlauer Berg feierten schon Madonna, Mick Jagger und Kid Rock, Touristen aus aller Welt kommen her. Bald müssen die Reiseführer sie vermutlich woanders hinschicken: Denn der Chef des White Trash, Walter Potts, sucht neue Räume in Kreuzberg. Weil er Ärger mit dem Vermieter hat und ihm die Gegend zu spießig geworden sei.

„Wir sind kein Teil von der langfristigen Planung von Prenzlauer Berg und Mitte“, sagt Potts mit breitem amerikanischen Akzent. Er meint die rasante Entwicklung der Gegend, die Lofts, die neben dem White Trash entstehen sollen. Das passe nicht mehr zum Laden. Und dann hat Potts noch Ärger mit dem Vermieter. Der wolle mehr Geld sehen und habe die Kaution hochgesetzt, und da will Potts nicht mitmachen. Weil man sich bisher nicht einigen konnte, sieht alles nach Umzug aus. „Leider“, sagt Potts, 47, den alle nur „Wally“ nennen. „Berlin braucht uns doch hier in der Ecke für den Tourismus.“

Die meisten gehen wegen der Hamburger ins White Trash. Dabei sollte der Laden nie ein Burgerbrater sein, in den ersten Jahren gab es die auch gar nicht im Angebot. „Ich will das Beste aus Hausfrauenkost und Straßenessen weltweit bieten“, sagt Potts. Auf der Speisekarte stehen auch Sauerbraten, Bouillabaisse und Oktopus-Burger. Drinnen sieht es aus wie im Restaurant eines Freizeitparks, wie ein moderner Western-Saloon mit einem Hauch China-Restaurant. An der Wand hängen Büffelkopf und bunte Bilder, auf Fernsehern laufen alte Filme, in der Vitrine steht ein Modellschiff.

Lesen Sie auf Seite 2, was Potts künftig noch alles vorhat.

„Ich fühle mich als Galerist und sammle Dinge, Musik und Menschen“, sagt Potts, der kurz nach dem Mauerfall als Kunststudent aus der Nähe von Los Angeles nach Berlin kam. Bald habe er gemerkt, dass er selbst kein Künstler sei, sich aber gerne mit welchen umgebe. Also gründete er 1998 im Haus Schwarzenberg in der Torstraße das „Soup Kitchen“, wo sich Künstler, Musiker und Tätowierer trafen. „Da war kein Plan dahinter, das war einfach trinken und Party und homecooked food“, sagt Potts. Zwei Jahre später bekam es den heutigen Namen. 2003 dann der Umzug in ein ehemaliges Asia-Restaurant in der Torstraße, woher ein Großteil der heutigen Deko stammt. Seit mehr als fünf Jahren ist das White Trash nun in der Schönhauser Allee und beschäftigt 60 Angestellte. 400 Bands treten dort im Jahr auf, aus der Küche kommen täglich bis zu 600 Essen. „Reserviert“-Schildchen und Papier-Speisekarte sind beliebte Souvenirs.

Nun also die Standortfrage. Die Pläne des Amerikaners wären vermutlich sowieso zu groß für die Räume in der Schönhauser Allee. Die bewährte Mischung aus Restaurant, Club, Konzertraum, Galerie und Tattoostudio soll ergänzt, das Interieur mitgenommen werden. Potts plant eine „Rock’n’Roll“-Kochschule mit den Starköchen Wolfgang Müller und Stefan Marquard. In einem Laden sollen Wurst, Fleisch und hausgemachte Soßen verkauft, in einer Galerie Kunst ausgestellt werden, es soll Catering geben. Und die Küche soll offen sein, damit die Gäste sehen, wie das Essen verarbeitet wird. Das anvisierte Zielgebiet sei nun Friedrichshain-Kreuzberg, am liebsten Kreuzberg 36, aber nicht zu sehr im Süden am Kanal, sagt Potts. Die meisten jungen Künstler, Studenten und selbst Touristen sind bereits aus den gleichen Gründen aus Prenzlauer Berg und Mitte geflohen. Auch ihnen ist es zu teuer geworden.

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