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Eine Demenzkranke hält einen Roboter mit Robbenfell in der Hand und streichelt ihn.

© picture alliance / dpa

Roboter in der Pflege: Draht zum Patienten

Assistenzroboter in der Pflege? Das gibt es schon. Diplom-Ingenieurin Birgit Graf hat mit ihrem Team den "Care-O-bot" gebaut. Hier spricht sie über den Nutzen der Maschinen - und ihre Grenzen.

Frau Graf, werden ältere Menschen schon bald von Pflegerobotern umsorgt?

Nein, das sehe ich nicht. Die Technik ist für komplexe Vorgänge in der Pflege noch lange nicht ausgereift und viel zu teuer. Außerdem ist Pflege sehr viel mehr als waschen, umlagern und Medikamente bereitstellen. Sie ist eine emotionale Sache: Die menschliche Interaktion ist enorm wichtig. Eine Maschine kann einen Menschen nicht ersetzen, sie kann Menschlichkeit nicht ersetzen. Daher sprechen wir beim „Care-O-bot“ auch ganz bewusst nicht von Pflegerobotern, sondern von Haushalts- oder Assistenzrobotern.

Können die gegen Einsamkeit im Alter helfen? Vielleicht sogar ein Freund werden?

Prinzipiell könnte das möglich sein. Allerdings sollte es nicht Ziel sein, dass ein Roboter einziger Ansprechpartner oder Kontakt eines alten Menschen ist. Aber mit seiner Hilfe können sich ältere Menschen vernetzen und in Kontakt bleiben. Das ist vor allem für die wichtig, die nicht mehr so mobil sind oder auf dem Dorf leben.

In der Altenpflege werden schon emotionale Roboter eingesetzt. „Paro“ ist einer jungen Robbe nachempfunden, hat weiches Fell, reagiert auf Berührungen. Wie läuft eine Therapie mit ihm ab?

Vor allem Menschen mit Demenz haben zu einem emotionalen Roboter einen anderen Zugang: Sie streicheln das Tier, reagieren auf Laute und Bewegungen, sind besser ansprechbar. Auch mit Schmerzpatienten wurde „Paro“ bereits erfolgreich getestet. Wichtig: Solche Roboter sind ein zusätzliches Instrument für das Pflegepersonal. Es geht nicht darum, dass man einen Bewohner damit alleine lässt, sondern, dass man es gezielt für therapeutische Maßnahmen nutzt.

Für intensive Beschäftigung mit den Bewohnern bleibt jedoch immer weniger Zeit.

Deswegen sehe ich hier auch einen großen Einsatzbereich für Roboter, die dem Pflegepersonal die Arbeit erleichtern. Das kann etwa ein Roboter sein, der Getränke verteilt. Oder ein automatisierter Pflegewagen, der dahin kommt, wo er gebraucht wird. Dann müssen sich die Pfleger nicht auch noch um diese zeitintensiven Dinge kümmern.

Was können Roboter noch erleichtern?

Sie können das Personal körperlich entlasten. Intelligente Lifter mit Assistenzfunktionen könnten ähnlich wie Einparkassistenten im Auto die Positionierung am Patientenbett unterstützen. Es ist ja leider so, dass sehr viele Pflegepersonen ihren Beruf, den sie eigentlich gern und mit viel Freude ausüben, frühzeitig aufgeben müssen, weil ihr Körper nicht mehr mitmacht. Menschen aufrichten, umlagern, hochheben, das geht ja auf die Knochen. Durch mechanische Unterstützungssysteme könnten wir dazu beitragen, dass der Beruf des Pflegers wieder attraktiver wird.

Sie haben „Care-O-bot“ in Pflegeheimen getestet. Wie kommen Roboter dort an?

Sie treffen da auf große Akzeptanz, wo sie den Alltag erleichtern und längere Selbstständigkeit ermöglichen. Auch Sicherheit ist ein Thema: Mithilfe von Robotern kann nach einem Sturz schnell Hilfe geholt werden. Auch das Aussehen spielt eine Rolle. Wir haben beim „Care-O-bot“ bewusst darauf verzichtet, ihn zu menschlich erscheinen zu lassen. Denn es muss klar sein: Ein Roboter hat schlicht nicht die Fähigkeiten eines Menschen. Das ist technisch noch gar nicht möglich. Wir sehen Roboter als nächste Generation der Haushaltsgeräte. Als Waschmaschinen aufkamen, wurden sie kritisch beäugt, mittlerweile sind sie mehr als Standard. Der Benutzer sollte aber immer die Kontrolle haben. Roboter können nicht selbstständig Entscheidungen treffen. Sie brauchen einen Menschen, der ihnen sagt, was sie tun sollen.

Das Interview führte Magdalene Weber. Birgit Graf, Diplomingenieurin, leitet den Bereich Haushalts- und Assistenzrobotik am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA in Stuttgart, wo der „Care-O-bot“ entwickelt wird.

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