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Musiker demonstrierten vor dem Rockhaus in Lichtenberg.

© Robert Klages

Update

Rettung für über 1000 Musiker?: Senat und Rockhaus-Eigentümer schließen Mietvertrag

Die Musiker müssen eine Mieterhöhung hinnehmen, um weiterhin im Rockhaus in Lichtenberg zu bleiben. Der Senat trägt einen Teil der Miete des Proberaumareals.

Die Freude bei den Musikern ist groß: Sie dürfen bleiben. In ihrem Rockhaus in der Buchberger Straße in Lichtenberg. Hier proben insgesamt mehr als 1000 Personen, die sich 180 Räume auf rund 3800 Quadratmeter Nutzfläche teilen. In den letzten Jahren drohte ihnen der Rauswurf. Betreiber Dirk Kümmele stand mit der Eigentümerin des Gebäudes, der Scharfstein Group, in einem langen Gerichtstreit. Kultursenator Klaus Lederer (Linke) schaltete sich ein und verhandelte.

Die „Gesellschaft für StadtEntwicklung gemeinnützige GmbH“ (GSE) wird im Auftrag des Landes Berlin und mit Unterstützung des Musicboard Berlin das Haus anmieten und die Proberäume untervermieten. „Die Anstrengungen haben sich offenbar gelohnt“, teilte Lederer mit, die Musiker und Musikerinnen bleiben in der Stadt. Er dankte allen Künstlern, „die sich in kürzester Zeit gut organisiert und nicht aufgegeben haben. Nun sollte der Vogel fliegen.“

Am Montag, den 1. Juli 2019 wurde der Vertrag zwischen der GSE und der Scharfstein-Group unterschrieben. Die Laufzeit beträgt 20 Jahre. Der Senat wird sich mit 2,50 Euro pro Quadratmeter an den Mietkosten beteiligen indem er die Kosten für die Bewirtschaftung der Immobilie übernimmt. Die GSE ist per Senatsbeschluss beauftragt, unter gemeinnützigen Bedingungen Wohnraum für „besondere Bedarfsgruppen“ zu sichern, heißt es auf der Website. Dazu gehören demnach unter anderem Mietergenossenschaften, Alleinstehende Personen in schwierigen Lebenslagen, kinderreiche Familien oder von Obdachlosigkeit bedrohte Personen.

Wie stark die Mieten für die Musiker insgesamt steigen werden, wurde nicht mitgeteilt. Sie dürften nun bei rund 15 Euro pro Quadratmeter liegen und damit erheblich über dem, was die Musiker dort bisher gezahlt haben – rund 10 Euro, teilweise weniger. Nun soll die Miete einheitlich werden. Einige der Musiker werden die Räume nun noch weiter teilen müssen, also eine dritte oder vierte Band zusätzlich aufnehmen.

"Wir sind happy, weil es keine Alternativen für uns gegeben hätte in Berlin"

Die Kündigung ist damit vom Tisch, die Musiker dürfen im Haus bleiben, wenn sie sich den neuen Mietkonditionen anpassen. Zuletzt hatte es unter den Rockhaus-Mietern eine interne Umfrage gegeben, wie viel mehr Miete sie zahlen würden. Dass es nicht ohne eine Erhöhung gehen würde, war ihnen bewusst. „Wir sind happy, weil es keine Alternativen für uns gegeben hätte in Berlin“, sagt Julia Schell von der Band Spritti Belinda. Sie hofft, dass sich der Senat auch für die Erhaltung weiterer bedrohter Proberäume einsetzen wird.

Der bisherige Betreiber Kümmele ist damit raus, er war nicht zu erreichen. Der Gerichtsstreit ist beigelegt. Seiner Verpflichtung, das Gebäude besenrein zu hinterlassen, muss Kümmele nun nach den neuesten Entwicklungen nicht mehr nachkommen. In dem Streit vor Gericht ging es auch um das Entfernen von Altlasten und um angeblich nicht eingehaltenen Brandschutz.

Bereits 2016 hatte Scharfstein dem Rockhaus fristlos gekündigt, samt Räumungsklage. In den vergangenen Jahren haben bereits einige Musiker das Haus verlassen. Nun sei das Gebäude laut Senat genehmigt, „so, wie es da steht“.

"Ein guter Tag für Berlin und für den Rock ‘n‘ Roll."

Die Scharfstein Group bleibt auch weiterhin Eigentümerin des Gebäudes. Laut Sebastian Schlüsselburg von den Linken habe der Senat auch über einen Kauf des Gebäudes nachgedacht, aber Scharfstein habe nicht verkaufen wollen und zudem wäre der Preis wohl zu hoch gewesen.

Wie viele der Bands nach der Mieterhöhung auch weiterhin dort bleiben werden, ist noch offen. Auch Lichtenbergs Bürgermeister Michael Grunst (Linke) ist „glücklich über die frohe Botschaft“. Das Rockhaus sei ein Gewinn für die Kulturszene in Lichtenberg und weit darüber hinaus. „Ein guter Tag für Berlin und für den Rock ‘n‘ Roll.“

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