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Antisemit, Rechtsextremer und neuerdings auch Corona-Gegner: Nikolai Nerling.

© Georg Wendt/dpa

Rechter Videoblogger in Berlin-Wedding: Strandbad Plötzensee bekommt Shitstorm nach Rauswurf des „Volkslehrers“

Der Rechtsextreme Nikolai Nerling hetzte im Strandbad gegen Türken und Juden. Seit er des Platzes verwiesen wurde, werden die Mitarbeiter bedroht.

Die Betreiber des Strandbads Plötzensee in Wedding erleben im Netz und telefonisch einen Shitstorm, nachdem sie den rechtsextremen und antisemitischen Videoblogger Nikolai Nerling vom anliegenden Wohnmobilstellplatz verwiesen haben. "Das Telefon steht schon den ganzen Tag nicht mehr still", sagte der Betreiber des Strandbads, Florian Menke dem Tagesspiegel. Zudem habe es zahlreiche ein Stern-Bewertungen bei Google gegeben.

Nerling, der sich selbst "Volkslehrer" nennt und 2018 fristlos aus dem Dienst einer Grundschule entlassen wurde, sei am Mittwoch auf den Wohnmobilparkplatz angereist.

Am späten Abend habe er sich in der Strandbar neben Menkes Mitarbeiter gesetzt. "Da hat er dann von seiner Gesinnung erzählt", sagt der Strandbadbetreiber, der selbst nicht anwesend war.

Laut einer Mitarbeiterin habe Nerling gegen Türken, Juden und die Kanzlerin gehetzt, das Coronavirus geleugnet und den Holocaust in Frage gestellt. Menke sagt, seine Mitarbeiter hätten sich davon direkt distanziert und ihn gebeten, den Tisch zu verlassen.

Am Donnerstagmorgen habe Menke von dem Vorfall erfahren, im Team habe man dann entschieden, vom Hausrecht Gebrauch zu machen und Nerling des Platzes zu verweisen.

Obwohl er sein Geld zurückbekam, habe Nerling das nicht akzeptiert und deswegen die Polizei kontaktiert - erfolglos. "Wir sind ein multikulturelles Team und akzeptieren keinen Rassismus oder Antisemitismus", sagt Menke.

Nerling rief seine Fans zum Mailschreiben auf

Nerling schildert den Vorfall in einem Video anders. Er habe sich nach den Anti-Corona-Demonstrationen - Nerling gehörte zu einer Gruppe, die auf die Stufen des Reichstagsgebäude stürmten - erholen wollen und sei zur Entspannung auf den Platz gekommen. Als er den Mitarbeitern von seiner kritischen Haltung zu den Corona-Regeln berichtet habe, hätte man ihn "verjagt" und "bedroht". Am Ende des Videos ruft er seine Zuschauer dazu auf, dem Strandbad Mails zu schicken, um sie "in ihrer toleranten Haltung" zu unterstützen. Außerdem blendete er die Telefonnummer des Strandbads ein.

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Menke widerspricht der Darstellung. "Wir haben ihn nicht wegen seiner Haltung zu Corona vom Platz geworfen, sondern weil er ein Antisemit und Nazi ist." Vor dem Vorfall habe er Nerling überhaupt nicht gekannt, sagt Menke.

Das Strandbad lege aber Wert auf seine tolerante Haltung, bis auf ihn hätten alle Mitarbeiter einen Migrationshintergrund, der Pächter ist ein Holländer.

Der Betreiber bekam Morddrohungen

Doch der Vorfall hat Konsequenzen für Menke und sein Team. "Ich habe bereits eine Morddrohung erhalten", sagt Menke. Unter dem Video von Nerling werden die Mitarbeiter beleidigt, auch telefonisch und in Mails werden sie von Unbekannten bedroht. Menke hat deswegen inzwischen die Polizei informiert.

Allerdings bekommen die Mitarbeiter des Strandbads auch viel Zuspruch. Nach Bekanntwerden des Verfalls wurden hunderte fünf Sterne-Bewertungen bei Google abgegeben, auf der Facebook-Seite des Strandbads lobten Nutzer die konsequente Entscheidung. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken im Abgeordnetenhaus, Tobias Schulze, dessen Wahlkreis im Wedding liegt, twitterte: "Volle Solidarität mit den Betreibern des Strandbads Plötzensee."

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