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Eine Demonstration gegen rechte Anschläge am Neuköllner Hermannplatz.

© imago images/Future Image

Update

Rechter Terror in Berlin-Neukölln: Initiativen wollen an Untersuchungsausschuss zu Anschlagsserie beteiligt werden

Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss soll die Ermittlungen zur rechtsextremen Anschlagsserie durchleuchten. Neuköllner Initiativen wollen miteinbezogen werden.

15 Neuköllner Initiativen haben einen offenen Brief an die Fraktionen der SPD, Grünen und Linken im Berliner Abgeordnetenhaus gerichtet, in dem sie eine Beteiligung am geplanten Untersuchungsausschuss zur rechten Anschlagsserie fordern. 

SPD, Grüne und Linke hatten sich in den Koalitionsverhandlungen darauf verständigt, einen entsprechenden Ausschuss „zeitnah“ einzurichten. Dieser soll sich noch einmal mit den Ermittlungen zu der Serie von mindestens 72 rechten Straftaten – darunter auch 23 Brandstiftungen – seit 2013 beschäftigen und Pannen, auch auf politischer Ebene, analysieren.

Die Neuköllner Initiativen fordern in dem Brief, dass auch die Zivilgesellschaft und die Betroffenen der Anschlagsserie am parlamentarischen Untersuchungsausschuss beteiligt werden sollen.

„Die Abgeordneten sind zur Aufklärung auf das Wissen der Initiativen angewiesen. Und die Initiativen können ohne unmittelbaren Zugang nur sehr begrenzt kritische Begleitung und Nachforschungen leisten, die auch für die Glaubwürdigkeit der Aufarbeitung Voraussetzung sind“, heißt es in dem Brief. 

Dazu sei auch notwendig, dass alle Sitzungen und Befragungen des Untersuchungsausschusses öffentlich stattfinden. Zudem fordern die Initiativen, dass der Untersuchungszeitraum zur Anschlagsserie offen bleiben solle, auch um frühere Vorfälle miteinzubeziehen.

Zudem sollten auch Aktivitäten und Straftaten der hauptverdächtigen Neonazis Sebastian T. und Tilo P. außerhalb Neuköllns miteinbezogen werden. Auch solle der grundsätzliche Umgang der Behörden mit rechten Straftaten durchleuchtet werden, etwa Vorkommnisse in den eigenen Reihen und vermeintliche, bislang nicht untersuchte Verstrickungen der Behörden in den NSU-Komplex. 

[Dieser Text stammt aus dem Neukölln-Newsletter vom Tagesspiegel. Den kompletten Newsletter gibt es kostenlos unter leute.tagesspiegel.de]

Speziell nennt der Brief den Verfassungsschutz und die Staatsanwaltschaft, deren Arbeit zuletzt auch von der vom Vorgänger-Senat eingesetzten Expertenkommission kritisiert wurde

„Unser Bedürfnis nach Aufklärung ist dringend. Durch unsere Mitwirkung wollen wir zum Erfolg des Untersuchungsausschusses beitragen. Und uns ist wichtig, dass einem möglichen Scheitern des Untersuchungsausschusses bereits jetzt entgegengewirkt wird“, heißt es in dem Brief. 

Zu den Unterzeichner:innen zählen unter anderem die Initiative Basta, die Autonome Neuköllner Antifa, das Bündnis Neukölln, die Inis Hufeisern gegen Rechts und Rudow empört sich sowie die Recherchegruppe Neukölln Watch.

Schrader: Gespräch mit Betroffenen suchen

Im Abgeordnetenhaus stieß der Brief durchaus auf Zustimmung. „Die Betroffenen und Initiativen haben dankenswerter Weise sehr lange Druck gemacht, damit dieser Untersuchungsausschuss nun endlich kommen kann“, sagte Niklas Schrader, Innenpolitikexperte der Linksfraktion, dem Tagesspiegel. Die Initiativen würden zu Recht Transparenz und Beteiligung fordern, sagte er. 

„Wir werden noch in der Vorbereitungsphase das Gespräch mit ihnen suchen und streben eine regelmäßige Beteiligung an.“ Dabei müssten auch die Möglichkeiten und Grenzen des Untersuchungsausschusses ausgelotet werden. Schrader fügte hinzu: „Zu den inhaltlichen Forderungen kann ich aus linker Sicht sagen: Die decken sich in weiten Teilen mit unseren Vorstellungen.“ 

FDP zeigt sich skeptisch

Björn Matthias Jotzo, innenpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, zeigte sich hingegen skeptisch. Er warnte davor, den Untersuchungsausschuss zum Neukölln-Komplex zu überfrachten. Natürlich können man offen sein für Hinweise der Initiativen etwa zum Untersuchungsauftrag. Jedoch handle es sich bei dem Untersuchungsschutz um ein eigenes und besonderes Recht des Parlaments. 

Bei allem Verständnis für die Betroffenen diene ein solcher Ausschuss aber nicht „Interessen Dritter“. Zudem seien einige Forderungen der Initiative nicht mit dem Gesetz vereinbar. „Der Untersuchungsauftrag muss bestimmt sein, das lässt sich nicht auf die gesamte Bundesrepublik ausweiten“, sagte Jotzo. Zudem müsse der Ausschuss in der Lage sein, den Untersuchungsauftrag binnen einer Legislatur auch abschließen zu können. 

Ferner sehe das Gesetz vor, dass Beratungssitzungen nichtöffentlich abgehalten werden müssen. Auch wenn andere Interessen geschützt werden müssten, etwa von Zeug:innen, könnte die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden.

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