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Besucher der Sehitlik-Moschee hören sich am Tag der offenen Moschee in Berlin einen Vortrag an.

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Update

Reaktionen auf Terroranschlag: Müller: "Unsere Solidarität gehört den Muslimen in Berlin"

In Neuseeland wurden zahlreiche Menschen muslimischen Glaubens gezielt getötet. Wie reagiert Berlin?

Von Laura Hofmann

Mehr als 18.000 Kilometer trennen Berlin von Christchurch in Neuseeland, wo am Freitag bei einem vermutlich rechtsextrem motivierten Terroranschlag auf zwei Moscheen mindestens 49 Menschen getötet wurden. Doch das Entsetzen über die Tat kennt keine geografische Distanz.

Nicht nur, aber auch, weil in der deutschen Hauptstadt sehr viele Muslime leben: schätzungsweise 250.000 bis 300.000, es gibt knapp 100 Moscheen. Werden diese jetzt polizeilich besonders geschützt? "Wir werden die Geschehnisse in Neuseeland auch für Berlin auswerten", sagt Martin Halweg, Sprecher der Berliner Polizei.

Zu konkreten Einsatzstrategien äußere man sich nicht. Generell gelte: "Es gibt immer eine abstrakt hohe Gefährdung, auf die wir entsprechend vorbereitet sind."

"Berlin ist und bleibt die Stadt der Freiheit"

Der Regierende Bürgermeister Michael Müller sagte am Mittag: „Ich bin mit den Berlinerinnen und Berlinern schockiert von diesem monströsen terroristischen Massaker, das anscheinend mit eiskaltem Zynismus geplant und durchgeführt worden ist und offenbar aus einer menschenverachtenden rechtsradikalen Ideologie heraus verübt worden ist."

Besondere Solidarität gehöre vor dem Hintergrund dieses menschenverachtenden Angriffs auf muslimische Gotteshäuser der islamischen Gemeinschaft und den Muslimen in der Stadt. "Berlin ist und bleibt die ‚Stadt der Freiheit‘ - in diesen Stunden erst recht auch und gerade für unsere muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürger", sagte Müller.

Das Brandenburger Tor werde am Abend aber nicht leuchten, teilte der Regierende Bürgermeister auf Twitter mit und verwies darauf, dass Christchurch keine Partnerstadt von Berlin sei. An dieser Haltung gab es auf Twitter auch Kritik.

"Wir sind zu tiefst erschüttert", teilte die liberale Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Moabit mit. Nach dem Freitagsgebet um 14 Uhr werde in der Moschee eine Schweigeminute abgehalten werden. Die sei offen für jeden, egal ob Muslim oder nicht, und gelte den Opfern aus Neuseeland, sagte Pressesprecherin Marlene Löhr, "aber auch den Menschen, die im Namen von Religion getötet werden, oder Menschen, die Opfer von Mord werden, weil sie ihre Religion ausüben". Das "unheimliche Morden auf dieser Welt" sei "nicht im Sinne von Religion".

Auch Geistliche und Mitarbeiter des Berliner "House of One" hielten am Freitag gemeinsam mit den Partnern und Gästen Kardinal Dieudonné Nzapalainga und Imam Layama Kobiné aus der Zentralafrikanischen Republik eine Schweigeminute ab, um der Opfer in Neuseeland zu gedenken. Das "House of One" ist ein interreligiöses Projekt. Unter einem Dach sollen am Petriplatz in Berlin-Mitte eine Synagoge, eine Kirche und eine Moschee entstehen.

"Der Terror hat verschiedene Gesichter und alle sind grausam", sagte der Imam Kadir Sanci vom House of One. "Wir brauchen in jedem Land, in jeder Stadt Orte wie das House of One, wo Menschen jeder Religion, jeder Weltanschauung zusammenkommen, sich begegnen, sich austauschen." Nur so könne man gegen jeglichen Terror zusammenhalten, "gleich aus welcher Richtung er kommen mag".

Schweigeminute in der Ibn-Rushd-Goethe-Moschee

Auf ihrem privaten Twitteraccount äußerte sich am Morgen die Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli, selbst gläubige Muslima: "Diese Menschen sind nicht Opfer eines einzelnen Mörders." Stattdessen seien sie "Opfer der weltweiten Stimmungsmache gegen den Islam und Muslime".

Die Deutsche Islam Akademie, eine von Musliminnen und Muslimen initiierte Diskursplattform, auf der sowohl Muslime als auch Nicht-Muslime miteinander in den Austausch treten können, trifft sich am Freitagabend um 18 Uhr vor dem Brandenburger Tor zu einer Gedenkveranstaltung mit Gebet.

Eine der Organisatorinnen, die Juristin und Bloggerin Betül Ulusoy, schrieb auf Facebook, in die Bilder des Anschlags in Neuseeland mischten sich "Bilder aus meinem Unterbewusstsein aus Berlin: Ruß bedeckte Moscheewände aus Brandanschlägen auf Berliner Moscheen. Das junge muslimische Mädchen, dem mit ihrer Freundin von einem Berliner mit der Faust ins Gesicht geschlagen wird und das für ein paar Tage im Rollstuhl sitzen muss."

Von Januar bis September 2018 zählten die Behörden in Deutschland 578 islamfeindliche Straftaten. In den ersten neun Monaten des Jahres 2017 waren noch rund 780 Übergriffe auf Muslime, Moscheen und andere Einrichtungen registriert worden.

Die Zahl der Verletzten nahm allerdings zu: 40 Menschen wurden in den ersten neun Monaten von 2018 bei islamfeindlichen Angriffen verletzt. 2017 waren es im gleichen Zeitraum 27, im gesamten Jahr 32.

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