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Eingangsbereich des Kaufhaus des Westens

© imago stock&people

Rassismus-Streit im Berliner KaDeWe: Beleidigung als „Ming-Vase“ – Betriebsrat macht sich für gefeuerte Verkäuferin stark

Der Konflikt geht in die nächste Instanz. Arbeitnehmervertreter haben Beschwerde gegen einen Gerichtsbeschluss eingelegt, der die Kündigung gutheißt.

Der Streit um Rassismus-Vorwürfe im KaDeWe geht in die nächste Runde. Der Betriebsrat des Unternehmens hat Beschwerde gegen einen Beschluss des Berliner Arbeitsgerichts eingelegt, wonach die Kündigung einer Verkäuferin gerechtfertigt sein soll. Dies bestätigt jetzt ein Sprecher des Landesarbeitsgerichts. Die Frau hatte eine Vorgesetzte gegenüber Dritten als „Ming-Vase“ bezeichnet und anschließend erklärt, sie könne nichts Rassistisches daran finden. Das KaDeWe wird seit einigen Jahren mehrheitlich von der thailändischen Central Group geführt. Den Schilderungen des Gerichtsbeschlusses zufolge soll die Vorgesetzte „asiatisch“ aussehen.

Nun muss das Landesarbeitsgericht als nächste Instanz über den Fall entscheiden (Az.: 8 TaBV 799/21). Juristisch liegt er etwas kompliziert, da die Frau als Betriebsrätin tätig war. Damit muss der KaDeWe-Betriebsrat dem Rausschmiss grundsätzlich zustimmen. Dies lehnte er aber ab, da der Mitarbeiterin angeblich „nichts ferner stehe als rassistisches Gedankengut.“ Die KaDeWe-Geschäftsführung beantragte daraufhin beim Arbeitsgericht, die Zustimmung des Betriebsrats durch einen Gerichtsbeschluss ersetzen lassen. Das Arbeitsgericht ist dem im Mai gefolgt (Az.: 55 BV 2053/21). Parallel hat die frühere Verkäuferin noch eine Kündigungsschutzklage erhoben (Az.: 20 Ca 2765/21), über die noch nicht entschieden ist.

Die Frau arbeitete 31 Jahre in dem Luxuswarenhaus

Weder das KaDeWe noch sein Betriebsrat wollen sich zu dem Streit öffentlich äußern. Aus dem Gerichtsbeschluss geht hervor, dass die Frau 31 Jahre in dem Luxuskaufhaus beschäftigt gewesen sein soll. Der Betriebsrat betonte im Verfahren, die Äußerung sei „nicht akzeptabel“, sie sei aber „nicht herabsetzend“ und rechtfertige keine außerordentliche Kündigung.

Ausgelöst hatte den Streit ein Vorfall Anfang Februar. Die Mitarbeiterin sagte zu einer Kollegin: „Heute muss ich darauf achten, dass ich die ausgesuchten Artikel richtig abhake, sonst gibt es wieder Ärger mit der Ming-Vase.“ Das bekam ein Abteilungsleiter mit und stellte die Frau zur Rede. Die wiederholte die Bezeichnung „Ming-Vase“ und zog die Augen mit den Fingern nach hinten, „um eine asiatische Augenform zu imitieren“, wie es im Gerichtsbeschluss heißt.

„Ausdruck eines Alltagsrassismus“, sagt das Gericht

In einer Anhörung durch ihren Arbeitgeber erklärte die Verkäuferin, eine Ming-Vase stehe für einen schönen und wertvollen Gegenstand. Ihre Augen habe sie zurückgezogen, um nicht „Schlitzauge“ zu sagen. Bei „schwarzen Menschen/Kunden“ verwende sie den Begriff „Herr Boateng“, weil sie den Fußballer toll finde. Gleichwohl entschuldigte sich die Frau schriftlich bei der „Führungskraft“.

Die 55. Kammer des Arbeitsgerichts wertet das Verhalten der Mitarbeiterin als „Ausdruck eines Alltagsrassismus“, der „Ausgangspunkt für offenen und gewollten Rassismus“ sei, wie er sich „derzeit immer mehr in der Gesellschaft ausbreitet.“ In Deutschland würden Menschen zunehmend diskriminiert, während es zugleich eine gegenläufige „erfreuliche“ und „zu unterstützende Sensibilisierung der Gesellschaft“ gebe. Dies sei an der Mitarbeiterin „vollständig vorbeigegangen“.

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