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Anis Mohamed Youssef Ferchichi, bekannt als Rapper Bushido, beim Prozess gegen Clanchef Arafat Abou-Chaker.

© dpa

Update

Rapper vor Gericht: Wie die Prozesse von Bushido und Fler miteinander zusammenhängen

Während Fler die Anklagebank drückt, ist Bushido Zeuge und Nebenkläger in einem anderen Prozess. Er soll nun doch nicht in Flers Prozess befragt werden.

Rapper Bushido zog sich seine Daunenjacke in aller Ruhe aus. Es sei ja mal recht warm im Gerichtssaal, sagte er schmunzelnd. Was unter der Jacke zum Vorschein kam, war eine klare Botschaft. „Demon to some – angel to others“, auf Deutsch „Dämon für manche – Engel für andere“, war auf seiner Sportjacke darunter zu lesen.

Zum 14. Mal stand Bushido, bürgerlich Anis Ferchichi, am Mittwoch im Prozess gegen seinen einstigen Geschäftspartner Arafat Abou-Chaker im Zeugenstand. Während er wortreich berichtete, saß mit Fler in einer anderen Etage im Kriminalgericht sein Ex-Freund im Musikgeschäft auf der Anklagebank. Die Rapper auf der Bühne der Justiz.

Fler und Bushido waren einst gute Freunde. Zwei Berliner, die sich während ihrer Ausbildung zum Maler und Lackierer kennengelernt hatten. Sie wollten Musik machen und wurden erfolgreich. Ende 2004 aber begannen Auseinandersetzungen. Streitereien, wie sie unter Rappern üblich sind, man nennt es auch „Beef haben“. Sie tragen ihren Streit vor allem über Songtexte aus. „Pussido rappte Fler vor Jahren. Bushido konterte und bezeichnete ihn als „Troll“ und „Idiot“, der keinen Respekt mehr zeige.

Jetzt geht es in einer der acht Anklagen gegen Fler, bürgerlich Patrick Losensky, auch um angebliche Beleidigungen gegen Bushido und dessen Ehefrau Anna-Maria Ferchichi. Auf einem Videoportal im Internet habe er im März 2020 den 42-jährigen Bushido als „Bastard“ und „ekligen Hund“ bezeichnet, so die Anklage. Im Fall von Anna-Maria Ferchichi geht es unter anderem um Bilder im Internet, die weit unter die Gürtellinie gehen. Ursprünglich sollte das Ehepaar Ferchichi am 27. Januar im Prozess gegen Fler befragt werden. Dazu wird es nach jetzigem Stand wohl nicht kommen. Das Gericht kündigte am Ende des zweiten Verhandlungstages an, dass es diese Zeugen ausladen wolle. Wie in diesem Anklagepunkt weiter verfahren werden soll, blieb zunächst offen.

Der 38-Jährige hatte zu Beginn der Verhandlung am vergangenen Freitag zu den Vorwürfen geschwiegen. Doch Fler ist spontan – und konnte sich am zweiten Tag vor dem Amtsgericht Tiergarten so manche Bemerkung nicht verkneifen. „Die lügen alle krass“, stöhnte er nach der Aussage eines 43-jährigen Polizeibeamten. Er fiel der Staatsanwältin ins Wort, als sie den Zeugen befragen wollte. „Ich habe eine Frage“, so der Rapper. Er sei jetzt aber nicht an der Reihe, musste er sich anhören. Fler setzte erneut an. Die Staatsanwältin hielt ihm vor: „Sie wollen sich wohl nicht an Regeln halten!“

Vergehen, nicht Verbrechen

Es geht – juristisch – im Prozess gegen Fler um Vergehen, nicht um Verbrechen. Vergehen im Bagatellbereich, so einer der Anwälte. Fler soll immer wieder mit derben Verbal-Attacken aufgefallen sein. Eine Nachbarin habe er im Juli 2018 wiederholt tief gekränkt.

Bei verschiedenen Gelegenheiten habe er minutenlang Polizeibeamte beschimpft. Einem Tagesspiegel-Reporter soll er gedroht haben, weil ihm dessen Beitrag zur Dauerfehde zwischen ihm und Bushido missfallen habe. Mehrmals sei er ohne Führerschein in seinem Mercedes der S-Klasse unterwegs gewesen. Zudem soll er eine gegen ihn gerichtete Anklageschrift im Internet vor der Verhandlung hochgeladen und damit öffentlich gemacht haben.

Rapper Fler, bürgerlich Patrick Losensky, auf dem Weg zum Gerichtssaal.
Rapper Fler, bürgerlich Patrick Losensky, auf dem Weg zum Gerichtssaal.

© Paul Zinken/dpa-Zentralbild/dpa

Und es gibt noch eine Verknüpfung der Prozesse: Es geht um ein Gespräch, das Clan-Boss Arafat Abou-Chaker im März 2018 aufgezeichnet haben soll. Bei einem Treffen mit Bushido habe der Ex-Partner des Rappers das Handy mitlaufen lassen. Damals war Bushido dabei, sich vom Clan-Chef geschäftlich und privat zu trennen.

Bis zu 2,4 Millionen Euro habe er Arafat Abou-Chaker geboten, sagte Bushido im laufenden Prozess gegen den Boss einer arabischstämmigen Großfamilie. Der Mitschnitt landete schließlich auf einer Musikplattform. Fler soll einen Link zu der Datei bei Instagram gepostet haben. Ihm wird deshalb auch „Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes“ vorgeworfen.

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Der vorbestrafte Fler geht von Schikane aus. Sein Verteidiger erklärte, nachdem sich Rapper Bushido den Ermittlungsbehörden zur Verfügung gestellt und im Zusammenhang mit einer arabischen Großfamilie ausgesagt habe, sei auch versucht worden, seinen Mandanten für Aussagen zu gewinnen. Fler sei dazu aber nicht bereit gewesen. „Das hat man ihm verübelt.“ Und man habe Vorwürfe „zusammengekratzt“.

Bushido hatte im Streit um die Trennung und die mutmaßlichen Straftaten zu seinem Nachteil bei der Polizei ausgesagt. Immer wieder und zu verschiedenen Themen. Er plauderte über Millionensummen und auch über Schwarzgeld, das vor allem sein damaliger Geschäftspartner eingestrichen habe. Bushido, seine Frau und seine Kinder stehen seitdem unter Polizeischutz.

Der Clan-Boss soll die Trennung nicht akzeptiert haben

Arafat Abou-Chaker und drei seiner Brüder stehen seit August vor Gericht. Es geht um mutmaßliche Taten vor rund drei Jahren. Der Clan-Boss soll die Trennung nicht akzeptiert, den Rapper zu sich bestellt, ihn eingesperrt, ein Millionen-Vermögen verlangt haben. Einmal sei der Musiker mit einem Stuhl und einer Wasserflasche attackiert worden. Die Anklage lautet unter anderem auf versuchte schwere räuberische Erpressung, Freiheitsberaubung und gefährliche Körperverletzung. Die Brüder haben zu den Vorwürfen geschwiegen. 

Clanchef Arafat Abou-Chaker steht vor Gericht.
Clanchef Arafat Abou-Chaker steht vor Gericht.

© Hannes Heine

Bushido sprach bei seinem 14. Auftritt vor dem Landgericht unter anderem über Steuererklärungen, die er blind unterschrieben habe. Das Musikgeschäft sei so lukrativ gewesen. Er sei davon ausgegangen, dass der Steuerberater schon das Richtige mache. „Mich hat nur interessiert, wieviel ich zahlen muss.“ Und ob es so viel sei, dass er ins Koma fallen müsse. Und er beklagte, dass er keine Baugenehmigung für einen Swimmingpool auf seinem Villen-Grundstück erhalten habe.

Als „Zwangsehe“ hatte Bushido in seinen bisherigen Aussagen die Verbindung zu Arafat Abou-Chaker bezeichnet. Er habe ihm am Ende viel Geld zahlen wollen, damit er und seine Familie in Ruhe gelassen werden. Die vier Angeklagten haben zu den Vorwürfen bislang geschwiegen. Der Clan-Chef schüttelte immer wieder den Kopf und gab sich amüsiert. „Der spinnt“, rief er einmal in Richtung des Zeugen.

Im Saal 105 hatte Fler im Prozess vor dem Amtsgericht Tiergarten unter anderem eine Begegnung mit einer Nachbarin. Er soll die 67-jährige Zeugin übel beschimpft haben – im Streit um Hundekot vor ihrem Fenster. Zu Vorwürfen im Zusammenhang mit Fahren ohne Führerschein erklärte sein Verteidiger, man habe seinen Mandanten „richtig gelinkt“.

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