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Die AfD-Abgeordnete Jessica Bießmann – im Hintergrund Flaschen mit Hitler-Etikett.

© privat

Update

Räkelei vor Hitlerwein: Berliner AfD-Abgeordneter droht Parteiausschluss

Auf alten Fotos posiert Jessica Bießmann vor Flaschen mit Hitler-Konterfei. Das geht der AfD zu weit. Ihre aktuellen Äußerungen stören dagegen niemanden.

Myspace – ein Portal aus den Anfangsjahren der sozialen Netzwerke im Internet – kann Politikerkarrieren beschädigen: Womöglich stolpert die in Marzahn direkt gewählte AfD-Abgeordnete Jessica Bießmann über Fotos, die sie vor Jahren in dem längst veralteten Netzwerk hochgeladen hatte. Darauf ist Bießmann zu sehen, wie sie sich in wechselnden Outfits und in verschiedenen Posen auf einem Küchentresen räkelt – im Hintergrund stehen Weinflaschen mit Hitler-Etikett. Der Wein darf in der Bundesrepublik nicht öffentlich gezeigt werden, der gewerbliche Handel mit den Flaschen sei verboten, hieß es. Doch im heimischen Regal dürfen die Flaschen durchaus stehen.

Bießmann: „Ich bedaure, dass es diese Fotos gibt“

Ein Twitter-Nutzer hatte in der vergangenen Woche auf die intimen Fotos hingewiesen. In der „B.Z.“ versuchte sich Bießmann an einer Erklärung: Die Fotos seien zehn Jahre alt und in der Wohnung eines Freundes in Chemnitz entstanden. Zu diesem habe sie auch keinen Kontakt mehr. Die Flaschen im Hintergrund mit Hitler-Konterfei habe sie gar nicht bemerkt. „Ich bedaure, dass es diese Fotos gibt“, sagte Bießmann.

Dafür hat sie auch allen Grund, denn der Berliner AfD-Vorstand beschloss am Montagabend einstimmig, ein Parteiausschlussverfahren gegen Bießmann einzuleiten, wie Sprecher Ronald Gläser am Dienstag mitteilte. Ob der Hitler-Wein indes der tatsächliche Ausschlussgrund ist, bleibt unklar. Die Partei vereinbarte darüber Stillschweigen.

Auch die Fraktion im Abgeordnetenhaus, wo Bießmann für Familienpolitik zuständig ist, wollte sich am Dienstagabend damit befassen. Nach Tagesspiegel-Informationen wurde ein eventueller Fraktionsausschluss aber vertagt. Eine Entscheidung soll es nun in der Fraktionssitzung nach den Herbstferien am 6. November geben. Ohne Diskussionen wird die Causa dort vermutlich nicht abgeschlossen. "Das ist eine harte Entscheidung", sagte ein AfD-Abgeordneter, der nicht genannt werden wollte.

Bei Hitler ist für die AfD also eine Grenze überschritten

Bei Hitler ist für die Partei also eine Grenze überschritten – dass Bießmann auch sonst zu den Radikalen in der Landespartei gehört, hat bisher niemanden gestört. Nicht zehn Jahre, sondern nur wenige Tage alt sind Facebook-Botschaften wie: „Das Abschlachten muss endlich ein Ende haben!“, Warnungen vor „Islamisierung“ und die antisemitisch konnotierte Forderung „Soros raus aus Deutschland!“ Die 37-jährige Bießmann gehört zum völkischen Flügel der Partei, sehnt sich nach einer „echten Nationalmannschaft“ und teilt bevorzugt Posts von Björn Höcke, etwa zum „Tabu-Thema Aids-Import“.

Neben Ausflugsfotos vom Burschenschaftsdenkmal bei Eisenach zeigt sie Bilder von ihrer Teilnahme an einer Pegida-Demonstration im Mai. Die Bundespartei wünscht das offiziell nicht, auch der Landesverband ist mit seinem moderaten „Berliner Kurs“ dagegen. Konsequenzen hatte es keine für Bießmann.

Sie versuche die Bilder bei Myspace entfernen zu lassen, teilte Bießmann mit. Am Dienstag waren sie immer noch zu sehen. Der Account ist offenbar ihr eigener. Er heißt: „escape4yourlife“.

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