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Nichts geht am 17. Juni auf der Straße des 17. Juni: Busunternehmer demonstrierten für staatliche Hilfen.

© Christoph Soeder/dpa

Update

Radler und Busfahrer demonstrieren: Scheuer verspricht Busbetrieben 170 Millionen Euro – Sperrungen in ganz Berlin

Radler fordern besseres Klima, Busfahrer mehr Geld vom Staat. Letztere mit Erfolg: Der Verkehrsminister sicherte noch auf der Demo eine dicke Finanzspritze zu.

Am Mittwoch sollten Berliner auf das Auto verzichten: Im gesamten Stadtgebiet kommt es wegen Demonstrationen zu erheblichen Einschränkungen. Die Verkehrsinformationszentrale (VIZ) empfiehlt, auf Rad und öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen, es komme stadtweit immer wieder zu kurzzeitigen Sperrungen.

Bus-Unternehmer hatten zu einer Sternfahrt zum Brandenburger Tor aufgerufen, mehr als 1000 Reisebusse nehmen daran teil. Die Bus-Unternehmer fordern mehr staatliche Hilfe in der Coronakrise. Jeder zweiter Anbieter fürchtet nach einer Umfrage das Aus.

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sicherte der Branche noch auf der Demo 170 Millionen Euro ab Juli zu, die noch in den geplanten Nachtragshaushalt eingestellt würden.

„In den letzten Wochen ist ihr Werkzeug, der Bus, stillgestanden“, sagte der Minister am Brandenburger Tor. Die Kosten für die Neuanschaffungen der letzten Jahre seien aber weitergelaufen. Die Vorhaltekosten müssten abgegolten werden.

„Deswegen haben ich heute früh das Go bekommen von der Kanzlerin und dem Vizekanzler“, teilte der CSU-Politiker mit. Nach Ministeriumsangaben erhalten die Betriebe auf Antrag einen Zuschuss.

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Der VIZ zufolge ist von 10 bis 16 Uhr mit erheblichen Beeinträchtigungen im gesamten Stadtgebiet zu rechnen. Die Busse sollten auf vier Routen zum Brandenburger Tor fahren. Sowohl auf dem Pariser Platz als auch am Platz der Republik sollten Kundgebungen stattfinden.

„Extinction Rebellion“ radelte fürs Klima über die Avus

Am Vormittag wurde zunächst die Avus kurzzeitig zum Fahrradweg. Klimaaktivisten radelten von Potsdam kommend über die Stadtautobahn, die Polizei sperrte beide Spuren. Danach zog der Korso weiter über die Straße des 17. Juni zur Siegessäule. Die stadtweiten Sperrungen sollten bis zum Mittag bestehen.

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Die Forderung der Aktivisten: Die Einrichtung von Fahrradschnellstraßen zwischen Berlin und Brandenburg. Hinter der Aktion steht die Potsdamer Ortsgruppe der Bewegung „Extinction Rebellion“, die in dieser Woche eine bundesweite Aktionswoche durchführt. Die Veranstalter rechneten mit mindestens 200 Teilnehmern. Am Morgen um 8:30 Uhr sollte der Zug an der Glienicker Brücke starten.

Radfahrer bei einer Demo des ADFC auf der Avus, die am 7. Juni 2020 stattfand.
Radfahrer bei einer Demo des ADFC auf der Avus, die am 7. Juni 2020 stattfand.

© imago images/Martin Müller

Um 9.45 Uhr wollten die Aktivisten den S-Bahnhof Wannsee passieren, dann über das Kreuz Zehlendorf auf die A 115 in Richtung Innenstadt fahren und über die Straße des 17. Juni bis zur Siegessäule zu gelangen. Dort wollten sie um 11 Uhr ankommen. Zeitgleich sollten dort zwei weitere Fahrraddemos eintreffen, die von Lichtenberg und Tegel kommen.

Die Polizei begleitet jeden Korso mit Autos und Motorrädern, aber auch die Fahrradstaffel ist im Einsatz.

Dritte Avus-Sperrung wegen Fahrraddemo in diesem Monat

Dass die Avus bereits zum dritten Mal in diesem Monat für eine relativ kleine Fahrraddemo aus Potsdam komplett gesperrt wird, ist kein Zufall. „Als ehemalige Rennstrecke hat die Avus auch einen Symbolwert“, sagt Mitorganisator Johannes Kopp.

„Ein Raum, der normalerweise motorisiertem Verkehr vorbehalten ist, wird für eine Weile von Fahrradfahrern eingenommen.“ Seiner Ansicht nach steht das berühmte Autobahnteilstück für eine vergangene Welt, in der das Auto das Fortbewegungsmittel und Statussymbol Nummer eins war.

Als sie 1921 eröffnet wurde, war die Avus die erste ausschließliche Autostraße der Welt. Zuerst diente sie ausschließlich als Renn- und Teststrecke. Hier jagten die legendären Silberpfeile über den Asphalt.

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Ab 1940 wurde die Avus zwischen den Rennen für den öffentlichen Verkehr geöffnet. Mehrere tödliche Unfälle bei Grand-Prix-Rennen in den 1950er Jahren schockierten Berliner in West und Ost. Seit 1998 gibt es keine Autorennen auf der Avus mehr.

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Demo-Mitorganisatorin Jana Schelte sagt: „Die Autobahnen haben es vorgemacht. Je mehr Platz man für ein Verkehrsmittel bereitstellt, desto mehr wird es auch genutzt.“

Hier müsse ein „Umdenken“ stattfinden, findet sie. Mehr Raum für nicht-motorisierten Verkehr würde auch dessen Nutzung stärken, und damit den CO2-Ausstoß verringern. „Die Bundesländer sollten besser zusammenarbeiten beim Ausbau der Radschnellwege in der Hauptstadtregion.“

„Die Demo soll unsere Vision der Zukunft bereits in der Gegenwart erlebbar machen“

In den Innenstädten müsse für den Radverkehr „sicherer Raum in ausreichender Menge“ bereitgestellt werden. „In Deutschland gilt immer noch das Leitbild der autogerechten Stadt, das überhaupt nicht mehr zeitgemäß ist.“ Die Folge sei eine „groteske Ungleichverteilung des öffentlichen Straßenraums.“ Aus Parkflächen für Autos sollten Fahrradspuren werden, fordert Schelte.

„Die Demo soll unsere Vision der Zukunft bereits in der Gegenwart erlebbar machen“, sagt Johannes Kopp. Für den Transport von Boxen und Tontechnik würden zum Beispiel ausschließlich Lastenräder eingesetzt.

Normalerweise sehen die polizeilichen Auflagen einen sogenannten Besenwagen vor, der notfalls liegengebliebene Räder einsammeln kann. Auch diese Aufgabe übernehmen bei der Fahrraddemo Lastenräder. „Das Lastenrad wird als Verkehrs- und Transportmittel vollkommen unterschätzt“, sagt Kopp.

In der brandenburgischen Landeshauptstadt machen Fahrradaktivisten verschiedener Gruppen regelmäßig mit kreativen Aktionen auf ihre Anliegen aufmerksam. Die Initiative „Potsdam autofrei“, die auch an der Avus-Demo teilnimmt, fordert zum Beispiel, die barocke Innenstadt komplett für den Autoverkehr zu sperren.

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Bei Gewerbetreibenden und Anwohnern gehen die Meinungen dazu zwar auseinander. Doch inzwischen wissen die Fahrradfreunde die Stadtpolitik auf ihrer Seite. SPD, Grüne und Linke haben sich im vergangenen Sommer auf ein gemeinsames Programm geeinigt, das die Potsdamer Innenstadt bis 2024 teilweise autofrei machen soll.

„Am Mittwoch wollen wir auch für die 'Volksinitiative Verkehrswende Brandenburg jetzt!' werben“, sagt Schelte. Diese Initiative aus verschiedenen Umwelt- und Klimaschutzorganisationen fordert das Land Brandenburg auf, den Verkehr im dünn besiedelten Flächenland bis 2050 klimaneutral zu gestalten.

Dazu soll laut Website der Gruppe ein „Mobilitätsgesetz mit konkreten Maßnahmen, Zeitplänen, Budgets und Verantwortlichkeiten“ erlassen werden. Ausgebaut werden sollen neben Radschnellwegen auch unter anderem das Schienennetz und der öffentliche Nahverkehr. (mit dpa)

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