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Drag-Queen Gloria Viagra.

© Gregor Fischer/dpa

Styling-Tipps zum Christopher Street Day: Auf den CSD mit Federn, Sekt und Muttis Kittelschürze

Bei der Parade zum Christopher Street Day geht es neben Politik natürlich auch um Spaß – und die spektakulärsten Outfits. Drei Berliner Drag Queens und ein Drag King geben Tipps fürs Styling.

Gloria Viagra: Sei Du selbst!

Stylingtipps für den CSD? Ernsthaft? Die beste Empfehlung kann dann einfach nur sein: Sei du selbst!!! Wenn du dich aufbrezeln willst, tue das – wenn du nicht genug Mut dazu hast, lass es, aber sei du selbst. Ich bewundere immer noch Menschen, die abseits vom Mainstream ihre Schönheit definieren und präsentieren. Ja, die Homo-Bewegung ist schon lange im Mainstream angekommen, aber das hat auch immer Konsequenzen: Sie wird unpolitischer, langweiliger, ignoranter gegen Andersartige. Deshalb ist es so wichtig, dass wir die schätzen, die den Mut haben, anders zu sein, nicht im Mainstream mitzuschwimmen.

Wir gehen auf die Straße und fordern Toleranz, doch gerade auch in unserer Szene ist so viel Ausgrenzung und wenig Respekt gegenüber anderen. Statt übereinander zu lästern, sollten wir unsere Vielfältigkeit schätzen und respektieren, das ist das Wichtigste. Insofern mein Rat: Zieht euch bunt an, zieht euch anders an, es ist unser Tag und wir sollen ihn feiern, laut und bunt. Aber der Christopher Street Day ist auch immer noch politisch, also habt eure Forderung dabei – auf einem Schild, auf dem Körper, auf dem Wagen, wo auch immer. Denn es ist noch ein weiter Weg für eine gerechte Gesellschaft, und die kann man nur erkämpfen, wenn man alle Minderheiten im Blick hat und nicht nur sich selber. In diesem Sinne seid bunt, laut, schrill und nicht normal. In Liebe, eure Gloria Viagra.

Toni Transit: In Drag - das geht ganz einfach

Drag Kings sind ja in den letzten zehn Jahren zu einer kleinen Minderheit geworden. Auf dem CSD sieht man aber immer welche. Wer noch nicht in Drag dort war, kann es jetzt versuchen: Es geht ganz einfach. Als Erstes kann man sich die Brüste abbinden, am besten mit einer elastischen, möglichst breiten Binde, damit sie nicht so einschneidet. In die Hose steckt man sich praktischerweise ein Paar Socken – je nachdem, was passt, ein Paar dicke Wandersocken oder bloß Söckchen. Wer lange Haare hat, kann sie unter einem Hut verstecken oder nach hinten gelen. Für den Bart reicht am Anfang ein mit Kajal aufgemaltes Oberlippenbärtchen. Oder man kauft Bartteile, da gibt es auch billige. Richtig echt wirken handgeknüpfte, wie sie beim Film oder beim Theater verwendet werden. Sie werden mit Mastix angeklebt, dass ist ein wasserfester Kleber. Von Uhu rate ich ab.

Meistens hat man Angst, es könne alles nicht echt genug aussehen. Auf jeden Fall sollte man einen Freund oder eine Freundin dabei haben, die einen beruhigt. Meistens wirkt es nämlich gerade dann natürlich, wenn es nicht perfekt ist – man studiere die Männer in der U-Bahn! Natürlich lässt ein Bart sich auch mit falschen Wimpern kombinieren oder die Socken unterm Hosenschlitz mit übergroßen Fake-Brüsten. Es geht ja nicht darum, den Supermann zu geben, sondern darum, Spaß zu haben! Sollte es auf dem Christopher Street Day regnen, darf also nicht nur der Gentleman Drag King seinen Schirm rausholen, sondern auch der harte Rockertyp – vor allem, wenn der Schirm regenbogenfarben ist! Toni Transit

Biggy van Blond: Zwei Feinde beim Pride: das Wetter und der Weg

Auch wenn der Christopher Street Day kein offizieller Feiertag ist: Für uns ist er einer! Und an Feiertagen gelten andere Regeln – siehe Weihnachten, wo man sich auch für eine hässliche Krawatte überschwänglich bedankt. Im Fall des CSDs ist es so, dass für die nette Drag Queen von nebenan ausnahmsweise mal nicht konservative Spießer, religiöse Eiferer oder Rechtsradikale die Feinde sind. Wir gehen zwar genau gegen dieser Klientel auf die Straße, werden von ihr beim CSD selbst heutzutage eher nicht behelligt. Nein, beim Pride haben wir nur zwei Feinde: das Wetter und den Weg! Entweder schwitzen wir unsere tollen Outfits nass und das Make-Up runter, oder der Regen ruiniert unsere Frisuren. Und egal ob Gucci oder Deichmann: Ab zehn Zentimeter Absatz ist der Umzug schon nach 300 Metern zu lang. Aber man will ja gut aussehen, also: Eine opulente, dennoch leichte und wasserresistente Kopfbedeckung spendet Schatten und schützt vor Regen oder Sektfontänen, egal ob Hut oder Plastikobst.

Lächelmuskulatur trainieren! Man muss bei vielen Selfies mitmachen, seeehr vielen ... Stopps einplanen und sich Sekt ausgeben lassen – so kann man kurz pausieren und gleichzeitig Hof halten.

Und beim Schuhwerk empfehle ich meinen alten Trick: Ein Schuh mit einer leichten Plateausohle lässt den Absatz schwindelerregend aussehen, obwohl er effektiv gar nicht so hoch ist. Biggy van Blond

Margot Schlönzke: So geht das Express-Make-Up

Vorsicht bei der Schuhwahl! Mit ihnen musst du die ganze Parade (circa fünf Kilometer) laufen. Mit jedem Zentimeter Höhe multipliziert sich die gefühlte Strecke. Bei neun Zentimeter läufst du bereits einen Marathon. Übermütige übernehmen sich gerne, sitzen ab Kilometer zwei neben der Parade und kühlen ihre Füße in der Sektpfütze am Rinnstein.

Von kostengünstigen Hausschlappen bis hin zu Marken-Pumps ist alles möglich. Rasierte Beine sind großartig, wenn du es ohne Fleischwunden hinbekommst. Für alle anderen: Strumpfhosen, mindestens 40 DEN in den Farben „Make-Up“ oder „Champagner“. Unrasiert kann reizvoll sein, wenn es zum Outfit passt.

Ein Klassiker – kostengünstig, luftig, zeitlos – ist Muttis Kittelschürze. Glamouröser hingegen ist das maßgeschneiderte Paillettenkleid mit Federboa. Wunderschön anzusehen, eignet sich ausschließlich bei frühwinterlichen Temperaturen.

Da nicht viele Männer von Natur aus ein C-Körbchen haben, hilft das wassergefüllte Kondom – mit spontaner Ganzkörpererfrischung bei Kilometer vier. Ab einem E-Körbchen empfehle ich Luftballons, deren Knoten als Brustwarzen genutzt werden können, die in die gleiche Himmelsrichtung zeigen sollten.

Sofern kein Visagist zur Hand ist, mach’ ein Express-Make-Up: Mit Lippenstift und Glitzer lassen sich Wangen und Lider hervorheben. Echthaarperücken sind ein Traum, doch Omas geerbte AOK- Mütze reicht aus! Kräftig ausschütteln, verdreht aufsetzen und mit KiK-Motivspangen highlighten. Die farblich passende Handtasche beinhaltet Lippenstift, Spiegel, Sekt, Gläser, Snacks, Telefon, Visitenkarten, Kondome, Gleitgel, Ersatzschuhe. Die tätowierte Adresse auf dem Unterarm erleichtert dem Taxifahrer das Abliefern. Margot Schlönzke

Mehr LGBTI-Themen finden Sie auf dem Queerspiegel, dem queeren Blog des Tagesspiegels. Sie finden den Queerspiegel auch in den sozialen Netzwerken:

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