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Der Regenbogen zeigt's allen.

© Kham/Reuters

Queer weiß das (48): Warum braucht ihr Regenbogen-Sticker an Geschäften?

Neue Folge unserer Kolumne Heteros fragen, Homos antworten: Diesmal geht's um den Sinn von Aufklebern mit Regenbogenflaggen an Geschäften.

Immer wieder fällt mir der Regenbogen-Sticker an Läden und Restaurants auf. Die Botschaft kann ich mir ungefähr denken: Dies hier ist ein homofreundlicher Ort. Ich frage mich aber, was Homos wohl sonst so erdulden müssen, das so eine Kennzeichnung notwendig macht. Johannes, Britz

Das homosexuelle Leben ist manchmal so hart, dass es nicht einmal für eine Torte reicht. Vor ein paar Jahren gab es Aufregung um zwei Bäckereien in Nordirland und den USA. Sie hatten sich – unabhängig voneinander – geweigert, Schwule und Lesben zu beliefern. Es gab Proteste, Prozesse und am Ende Urteile gegen die Tortenverweigerer. Krasse Beispiele, die hierzulande schwer vorstellbar sind. Allerdings haben auch in Schöneberg schon zwei knutschende Lesben Ärger mit dem Besitzer einer Eisdiele bekommen.

Pikierte Fragen im Laden

Es ist denn auch vielmehr der ganz normale Alltag, der Homosexuellen das Leben schwer macht: blöde Bemerkungen im Büro, pikierte Fragen im Lokal oder respektloses Duzen im Laden. Selbst auf Ämtern ist es nicht selbstverständlich, dass sich Schwule und Lesben selbstverständlich fühlen dürfen. Bis vor gar nicht allzu langer Zeit war es sogar üblich, dass sich Lebenspartner beim Ausfüllen der Steuererklärung entscheiden mussten, wer Mann und wer Frau ist.

Das mag auf den ersten Blick verwundern, weil gerade eine Umfrage im Auftrag des Bundes ergeben hat, dass es um die Akzeptanz von Homosexuellen gar nicht so schlecht bestellt ist: Nur eine Minderheit vertritt homofeindliche Auffassungen, gar 83 Prozent sind für die gleichgeschlechtliche Ehe. Aber sobald es ums persönliche Erleben geht, sieht das Bild schon anders aus: 40 Prozent der Befragten ist es unangenehm, wenn zwei Männer in der Öffentlichkeit Händchen halten oder sich küssen, 27,5 Prozent geht es bei zwei Frauen ebenso.

Anmache auf der Oranienstraße

Wer selbst auf der Kreuzberger Oranienstraße aus Parallelgesellschaften heraus angemacht wird, der freut sich nicht nur in solchen Situationen über kleine Willkommenszeichen wie den Regenbogensticker an der Ladentür. Am ehesten dürften das Familien nachempfinden können, die sich in einem demonstrativ kinderfreundlichen Umfeld ja auch wohler fühlen, weil sie mit ihren lieben Kleinen einfach akzeptiert werden.

Kommerz spielt auch eine Rolle

Sicherlich ist mit dem Regenbogen an der Tür auch ein kommerzielles Interesse verbunden – aber mal ehrlich: Wer will es Geschäftsleuten verdenken, dass sie Geschäfte machen wollen? Zumal der Sticker in jedem Fall zeigt, dass sich hinter dem Ladentresen jemand Gedanken über das Thema Homosexualität gemacht hat. Und das ist auch heute noch bemerkenswert.

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Haben Sie auch eine Frage an die Tagesspiegel-Homos? Dann schreiben Sie an: queer@tagesspiegel.de!

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