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Eine Demo für die Rechte von LGBTI-Flüchtlingen in Brandenburg/Havel.

© Paul Fischer-Schröter

Asylverfahren in Berlin: Besserer Schutz für queere Flüchtlinge gefordert

Die Praxis im Ankunftszentrum Berlin ist für homosexuelle und transsexuelle Flüchtlinge nicht tragbar - das kritisiert die Schwulenberatung. Volker Beck von den Grünen fordert Verbesserungen.

Eigentlich soll es Asylverfahren beschleunigen und anerkannte Flüchtlinge schneller in Berlin integrieren helfen: Das gemeinsam von Bund und Land betriebene Ankunftszentrum mit Standorten in der Bundesallee und auf dem Tempelhofer Feld. Doch für lesbische, schwule und transsexuelle Flüchtlinge ist die aktuelle Praxis in den Ankunftszentren nicht tragbar - das zumindest kritisiert die Schwulenberatung, die sich seit langem für queere Flüchtlinge engagiert. Diese würden im Ankunftszentrum nicht adäquat als besonders schutzbedürftig erkannt: Sei es, weil die angehörten LGBTI-Personen nicht als solche vom Personal der Zentren erkannt werden, sei es, weil sich die Geflüchteten aus Unkenntnis oder Furcht nicht als homosexuell oder transsexuell zu erkennen geben wollen, heißt es in einer Stellungnahme der Schwulenberatung.

Aus Sicht der Schwulenberatung sollte daher auf die Schnellverfahren in den Ankunftszentren komplett verzichtet werden, da sie "aus menschenrechtlicher Perspektive nicht tragbar" seien. Zumindest müsste aber jeder Verfahrensschritt individuell und vertraulich durchlaufen werden: "Es muss unbedingt verhindert werden, dass LGBTI-Geflüchtete in die Verlegenheit kommen, sich vor anderen Geflüchteten outen zu müssen."

Immer wieder sollen homosexuelle Flüchtlinge abgeschoben werden

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Behörde müssten entsprechend geschult, Flüchtlinge explizit darauf hingewiesen werden, dass bei Homo- oder Transsexualität eine besondere Schutzbedürftigkeit greift. Bei denjenigen, die sich als LGBTI-Flüchtlinge zu erkennen geben, sei das Asylverfahren im Ankunftszentrum sofort abzubrechen und wie früher individuell fortzuführen, fordert die Schwulenberatung.

Tatsächlich hat es in der Vergangenheit immer wieder Fälle gegeben, in denen Flüchtlinge abgeschoben werden sollten, obwohl ihnen wegen ihrer Homosexualität in ihrem Herkunftsstaat Verfolgung droht. So wurde unlängst in Brandenburg der Asylgesuch eines schwulen Kenianers abgelehnt, obwohl er in seiner Heimat attackiert worden war. Ebenso erging es einem schwulen Syrer, dessen Ablehnungsbescheid dann später wieder aufgehoben wurde. Der Bundestagsabgeordnete Volker Beck (Grüne) hat daher beim Bundesamt für Migration nachgefragt, inwieweit die Rechte besonders schutzbedürftiger Flüchtlinge im Ankunftszentrum gewährleistet sind.

Das Bundesamt weist in einer Reaktion die Kritik zurück. Die Beschäftigten des Ankunftszentrums seien "durch entsprechende Schulungen und Herkunftsländer-Seminare sensibilisiert", die Entscheidungspraxis "differenziert", heißt es in einem Schreiben an Beck, das dem Tagesspiegel vorliegt. Liege eine "glaubhafte Verfolgung wegen Homosexualität" vor, werde Flüchtlingsschutz auch bei Antragsstellenden aus Herkunftsländern gewährt, die ansonsten eine niedrige Schutzquote aufweisen. Der Vorwurf, LGBTI-Geflüchtete würden flächendeckend nicht erkannt, sei daher "nicht gerechtfertigt".

Das Bundesamt weist die Kritik zurück

Antragsteller müssten sich auch gar nicht in der Gegenwart von anderen Antragstellern äußern, Anhörung seien prinzipiell nicht-öffentlich. Die von der Schwulenberatung kritisierte Verfahrensdauer von wenigen Tagen werde nur bei bei sicheren Herkunftsländern und einfachen "Fallkonstellationen" erreicht. Die Entscheider hätten jederzeit die Möglichkeit, die individuellen Hintergründe von Verfolgung zu klären. Die Abläufe im Ankunftszentrum würden fortlaufend optimiert.

Für Beck reicht die Auskunft der Behörde nicht aus. Es sei kein Erfolg an sich, wenn bei homosexuellen Flüchtlingen die Schutzquote höher sei - das ergebe sich einfach zwingend aus dem geltenden Recht. "Das BAMF muss trotz aller Fortschritte mehr leisten", fordert Beck. Dass schwule Schutzsuchende - wie in der Vergangenheit passiert - mit der Begründung abgelehnt werden, sie könnten sich in ihren Herkunftsstaaten "diskret" verhalten, sei schlicht rechtswidrig.

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