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Immer Ärger mit dem Bordpersonal. Biggy van Blond, Ades Zabel, Roman Shamov und Bob Schneider (v. l.).

© Jörn Hartmann/Promo

Ades Zabel Company im BKA-Theater: Die Schröder auf Himmelfahrtskommando

Mal Tuntenkrawall, mal Berlin-Satire: Das tolle Neuköllnical „Fly, Edith, Fly“ im BKA beackert die deutschen Desaster BER und Ballermann.

Das musste ja so kommen: Edith Schröder als Saftschubse, äh, also Stewardess. Dem satirischen Potenzial dieses zweifellos verantwortungsvollen, aber mit reichlich stereotypen Handreichungen gespickten Jobs hat schon die australische Comedienne Caroline Reid eine ganze Showkarriere gewidmet. Die Berliner Gastspiele von „Pam Ann“ im Admiralspalast sind noch bestens in Erinnerung. Doch Ades Zabel, genauer: seine seit 30 Jahren in Comedyshows, Filmen und Bustouren perfektionierte Kunstfigur, die schrille Neuköllnerin Edith, kann mit Pam Anns Camp-Faktor spielend mithalten. Auch Uniform und Perücke sitzen prall.

Der jüngste Streich der aus Bob Schneider, Biggy van Blond und dem Gast Roman Shamov bestehenden Travestie- Company ist hochprofessionell angerichteter Trash und puppenlustig noch dazu. Und das, obwohl „Fly, Edith, Fly“ zwei eigentlich bis zum Überdruss bekannte deutsche Dauerdesaster beackert – den Flughafen BER und den berüchtigten Ballermann auf Mallorca.

Dort hat Kneipenwirtin Jutta Hartmann (Schneider) nach 30 fruchtlosen Jahren in der Berliner Nogatstraße, die – wie in den Shows „Die wilden Weiber von Neukölln“ und „Hostel Hermannstraße“ dokumentiert – zusehends von Verdrängungskämpfen gezeichnet waren, nun einen „Stadl“ in El Arenal aufgemacht. Ihre beste Freundin Edith bekommt das erst mit, als in Juttas für 2000 Euro auf Airbnb untervermieteter Wohnung die Touris Party feiern. Ihre alte Kneipe, wo sich Edith jeden Abend für lau mit Futschi besoffen hat, wird nun von einer hippen „Influencerin“ geführt. „Ich habe einen Kanal und der ist randvoll“, erläutert die Modebloggerin der verdatterten Hartzerin, die vor ihrer einstigen Stammkneipe Schlange stehen und um einen Gästelistenplatz betteln soll. Alarmstufe Rot also im ollen Neukölln! Unterstützt vom schmerbäuchigen Piloten Heiko, den Edith an einer Losbude auf den Neuköllner Maientagen kennenlernt, fliegt sie nach Malle, um die abtrünnige Jutta heimzuholen.

Fummel, Einspieler, Lokalkolorit, Halbplayback - fertig ist die Gaga-Revue

Toll und erstaunlich, wie die einmal mehr von Musiktheaterregisseur Bernd Mottl inszenierte Zabel-Truppe aus den bewährten Zutaten Einspielfilmchen, Fummel, Lokalkolorit, Halbplayback und Zoten über Heteros, Schwule, Lesben eine mitreißende Gaga-Revue zusammenrührt. Die funktioniert nicht nur als durchgeknallter Tuntenkrawall, sondern auch als satirischer Kommentar auf Berliner Realitäten. Etwa als Jutta erfahren muss, dass die Influencerin vorzeitig aus dem Pachtvertrag der Kneipe raus will. „Weißte was stattdessen rein soll?“, teilt sie Edith mit, „eine vegane Fleischerei.“ Die schüttelt sich angewidert ob der Verirrungen des urbanen, nur noch aus Realitätssurrogaten bestehenden Lifestyles und schimpft. „Igitt, da machen sie doch aus Altpapier Schinken!“

Filmisch trumpft Zabel diesmal gar mit den fürs Fliegen unerlässlichen Spezialeffekten auf. Sie erinnern allerdings an die erste Staffel von „Star Trek“. Erheblichen Retro-Charme hat auch die im Wochenschau-Stil produzierte Flughafenbaustellenchronik und der zum entfesselten Mitklatschen einladende Schlagerappeal der Show. Das teils szenige, teils offensichtlich aus Britz/Buckow angereiste Fanpublikum legt sich bei „Stadl“-Knallern wie „Eviva, España“ und „Schöne Maid“ entsprechend ins Zeug.

BKA-Theater, Mehringdamm 34, Kreuzberg, 7./8.7., 12.–15.7., auch im August und September

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