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Streit am Bau. Frühestens 2021 kann die Berliner Volksbank ihre neue Zentrale an der Bundesallee / Ecke Nachodstraße beziehen.

© Cay Dobberke

Quartier Bundesallee in Berlin-Wilmersdorf: Neue Volksbank-Zentrale wird nach Streit mit Baufirma später fertig

Am neuen Hauptquartier der Berliner Volksbank gab es Streit mit dem Bauunternehmen, nun verzögert sich alles. Mit schlechten Folgen auch für Schulkinder im Kiez.

Nur ein Bauarbeiter war in den vorigen zwei Tagen am Rohbau der künftigen Zentrale der Berliner Volksbank in Wilmersdorf zu sehen, der Mann mit gelber Warnweste lief über die Gerüste an der zehnstöckigen Fassade und inspizierte etwas. Schon seit Längerem wirkte die Baustelle an der Bundesallee / Ecke Nachodstraße verwaist. Jetzt kommt heraus: Die Bank wird ihr neues großes Hauptquartier frühestens 2021 beziehen können. „Die Fertigstellung des Quartiers Bundesallee verzögert sich“, bestätigte das Geldinstitut auf Anfrage des Tagesspiegels.

Als wir Ende 2016 erstmals über das Vorzeigeprojekt berichtet hatten, strebte der damalige Bauherr SSN Group die Fertigstellung für das Jahr 2018 an. Bei der Grundsteinlegung, die im November 2017 im Beisein des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD) gefeiert wurde, war von einer voraussichtlichen Eröffnung zum Jahresende 2019 die Rede. Als im Mai des vorigen Jahres das Richtfest folgte (erneut mit Müller), wurde „die erste Jahreshälfte“ 2020 als Einzugstermin genannt. Nun aber muss die Volksbank noch länger in ihrem Ausweichquartier im Reinickendorfer Gewerbezentrum Top Tegel bleiben.

Auf einmal waren die Bauarbeiter weg

Wie aus dem Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf zu hören ist, sollen sich der Bauherr SSN Group und der Generalunternehmer Hochtief Infrastructure GmbH (HTI) wegen finanzieller Nachforderungen der Baufirma zerstritten haben. Daraufhin hätten die Bauarbeiter plötzlich alles stehen und liegen gelassen. Die Beteiligten äußern sich nicht zu den Hintergründen. Allerdings bestätigt die Bank, sie sei im vorigen August von der SSN darüber unterrichtet worden, dass der Generalunternehmervertrag „beendet wurde“. Hochtief-Sprecher Bernd Pütter betont, sein Unternehmen habe die Zusammenarbeit von sich aus gekündigt.

An der Fassade geht es angeblich wieder weiter

Inzwischen wurde die SSN Group von der Consus Real Estate AG übernommen. Mitte November habe diese die Verantwortung für den Baufortschritt übernommen, heißt es. „Mit Beginn des Jahres 2020“ seien die von der Consus beauftragten „Arbeiten an der Natursteinfassade und den Fenstern wieder aufgenommen worden“. Noch ist davon allerdings wenig zu sehen.

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Welche Nachteile der Volksbank durch die Verspätungen entstehen, ist nicht im Detail zu erfahren. Klar ist, dass die Privat- und Geschäftskunden erst später den versprochenen „erhöhten Service“ mit mehr Beratungsräumen und einer „Coffee Lounge“ erleben können. Für die Mitarbeiter soll ein neues Flächenkonzept die „Kommunikation, Konzentration und Regeneration“ fördern. Der Neubau bietet rund 15 000 Quadratmeter Nutzfläche. Manche Büros sollen als „Open Space“ auch externen Mietern angeboten werden. Angekündigt sind außerdem „nachhaltige“ und „zukunftsweisende“ Technologien“ – darunter zehn Elektro-Ladestationen für Autos in einer Tiefgarage mit 50 Plätzen sowie ein Fahrradparkhaus mit 110 Stellplätzen und Ladestationen für E-Bikes.

Die Vision. Eine Computersimulation zeigt, wie das Hauptquartier der Volksbank einmal aussehen soll.
Die Vision. Eine Computersimulation zeigt, wie das Hauptquartier der Volksbank einmal aussehen soll.

© Modellbild: KSV Krüger Schuberth Vandreike

Das frühere Haus am Zoo wurde der Bank zu klein

Die Rückkehr in das „Herz der City West“ habe für die Volksbank einen „hohen symbolischen Wert“, hatte der Vorstandsvorsitzende Carsten Jung beim Richtfest gesagt. Michael Müller lobte damals, mit ihren mehr als 200 000 Genossenschaftsmitgliedern und einer Bilanzsumme von rund 14 Milliarden Euro im Jahr 2018 gehöre die Bank zu den „großen Traditionsunternehmen unserer Stadt und der Region“. Die Volksbank bezeichnet sich sogar als die „größte regionale Genossenschaftsbank in Deutschland“.

Ihre frühere Zentrale an der Budapester Straße hat sie vor gut fünf Jahren an eine Investorengruppe verkauft, weil die Räume zu klein geworden seien. Jenes markante Gebäude mit einer halbrunden, rotbraunen Fassade und neun Etagen war 1985 neben dem Zoo-Aquarium für die Grundkreditbank entstanden, die später in der Volksbank aufging. Inzwischen errichten die neuen Eigentümer dort einen 15-stöckigen Büroturm.

Auf dem Grundstück werden auch Wohnungen gebaut

In Wilmersdorf entsteht die neue Zentrale an der Stelle eines abgerissenen Betonriegels aus den 1970er Jahren, welcher der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) und dem Jobcenter gedient hatte. Zum unvollendeten „Quartier Bundesallee“ gehören ein weiteres Bürohaus für andere Nutzer sowie bis zu 70 Eigentumswohnungen in den „Prager Hofgärten“, die nach dem benachbarten Prager Platz benannt sind und im ruhigeren hinteren Grundstücksteil liegen. Mehr als 75 Prozent der Wohnungen seien bereits verkauft, steht auf einem Schild an den Rohbauten. Die Architektur hat das Berliner Büro KSV Krüger Schuberth Vandreike entworfen.

Der Ku'damm ist nicht weit entfernt

In ihrem Bauteil wird die Volksbank selbst zum Eigentümer. Bereits im Dezember 2016 hatte sie mit dem Bauherrn SSN einen Kaufvertrag für die "schlüsselfertige Übergabe" geschlossen. In der Nachbarschaft steht das Hochhaus der Investitionsbank Berlin (IBB). Als Standortvorteile gelten die kurzen Wege zum Kurfürstendamm und der Tauentzienstraße und der direkt benachbarte U-Bahnhof Spichernstraße, der ebenfalls eine Großbaustelle ist, weil die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) dort Aufzüge einbauen lassen.

Vor ein paar Jahren hatte die Volksbank zuerst einen Umzug aus der Budapester Straße neben den Berliner Hauptbahnhof in Mitte erwogen, doch 2015 scheiterten Gespräche mit einem dortigen Grundstückseigentümer.

Auch Schulkinder sind Leidtragende der Verzögerung

Die Verzögerung hat übrigens auch Auswirkungen auf die Verkehrslage an der Großbaustelle. Weil eine Spur der Bundesallee Richtung Kurfürstendamm für die Arbeiten gesperrt wurde, gibt es immer wieder Rückstaus bis hin zur Kreuzung Trautenaustraße / Bundesallee. Rücksichtslose Autofahrer blockieren dabei regelmäßig die Fußgängerfurt bei Grün für die Fußgänger und gefährden damit allmorgendlich Kinder auf dem Schulweg. Obwohl diese Gefährdung bei der Polizei, in der Bezirkspolitik und in der Senatsverwaltung für Verkehr lange bekannt ist, hat sich über Jahre an dieser Situation nichts geändert. Nun wird sie sich noch mehr in die Länge ziehen. (Mitarbeit: mah)

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